Endlich ist es so weit. Ich kann ihn deutlich spüren, den allerersten und gerade deshalb so überaus verlockenden Hauch des Frühlings. Wie gut das doch tut, besonders nach diesem Winter, der keiner war. Hier bei uns im Münsterland hat es so viel geregnet, wie schon seit vielen Jahren nicht mehr. Auf Schnee mussten wir dafür fast komplett verzichten. Gerade das dürfte wohl so manchen Mitarbeiter der Straßenmeisterei an den Rand einer Depression gebracht haben – wo man doch sonst immer über unser Lokalblättchen mit spürbarem Stolz verkünden ließ, wie viele Tonnen Salz zum Wohl der Allgemeinheit ausgebracht worden waren. Wenn das so weitergeht, dann wird sich die Stadt noch eine Schneekanone anschaffen müssen, um das salzige Soll auch weiterhin erfüllen zu können.
Aktuell würde sich so mancher Besucher wohl darüber wundern, warum wir sturen Münsterländer unsere vielen Teiche so gar nicht zur Fischzucht nutzen. Nur sind es eben keine Teiche. Viele Wiesen und Ackerflächen erwecken allerdings im Moment tatsächlich den Eindruck, man könne den hiesigen touristischen Schwerpunkt, der bisher ganz auf Genussradler setzt, problemlos um Kanufahrer und Segler erweitern.
Auch wenn ich hier zwar immer mal wieder darüber schreibe, dass die Naturfotografie gerade auch bei schlechtem Wetter ihren ganz besonderen Reiz hat: Ein dermaßen verregneter Winter bietet nicht gerade die besten Voraussetzungen dafür, fotografisch aus dem Vollen zu schöpfen. In den letzten Blogartikeln sah ich mich deshalb schon gezwungen, auf mein Archiv zu setzen. Allerdings hat mir die Neubearbeitung älterer Aufnahmen überraschend viel Freude gemacht. So etwas habe ich sicher nicht zum letzten Mal getan.
Damit ist jetzt aber erst einmal Schluss. In wenigen Tagen werde ich sogar schon zu einer kurzen Fototour mit meinem schnuckeligen Wohnanhänger aufbrechen. Heute aber habe ich es noch dabei bewenden lassen, direkt von zu Hause aus mit meiner Kamera eine ausgedehnte Runde zu Fuß durch mein kleines Städtchen zu drehen, stets auf der Suche nach den ersten Frühlingsmotiven. Einen Teil der Ausbeute könnt ihr nun hier betrachten.
Gerade nach diesem wenig anheimelnden Winter bin ich einfach nur froh über alles, was mir jetzt so vor die Kamera kommt. Es muss wirklich gar nichts Besonderes sein. Hier eine Wiese voller Blausternchen, dort das winzige Wäldchen, übersäht mit den hübschen weißen und dunkelroten Blüten des hohlen Lerchensporns; aber auch über frische Knospen oder zarte Weidenkätzchen freue ich mich. Mehr braucht es gar nicht, um mich schon beinahe enthusiastisch zu meiner Kamera greifen zu lassen.
Dabei genieße ich beileibe nicht nur das Fotografieren. Zum ersten Mal in diesem Jahr auf Winter- oder Regenjacke zu verzichten, die lang ersehnten Sonnenstrahlen und vor allem dieser unvergleichliche, typische Duft solcher Vorfrühlingstage, eben der Hauch des Frühlings, dies alles zieht mich mit geradezu magischer Kraft nach draußen. Bald schon werde ich wohl die erste Fototour per Fahrrad unternehmen. Ich kann es kaum erwarten, die brandneue, ganz einfach am Gepäckträger zu montierende Stativtasche auszuprobieren, die zu meinem Geburtstag auf dem Gabentisch lag.
Equipment
An diesen ersten Vorfrühlingstagen soll absolut nichts als das pure Fotovergnügen im Mittelpunkt stehen. Da will ich mich nicht mit einem schweren Fotorucksack belasten. Leichtigkeit ist das Gebot der Stunde. Also bin ich mit nur einem Objektiv unterwegs. Um dennoch möglichst flexibel bei der Wahl der noch spärlichen Fotomotive zu sein, wähle ich mein 40-150 mm Zoom (KB-äquivalent 80-300). Die Vorteile liegen für mich auf der Hand:
- Der große Zoom-Bereich ermöglicht mir eine sehr flexible Wahl meiner Motive.
- Ich kann vieles vom Wegrand aus fotografieren. Die lange Brennweite erspart es mir so, bis zu den Knöcheln im Matsch der aufgeweichten Böden stehen zu müssen.
- Ansammlungen von Frühblühern lassen sich – wiederum durch eine etwas längere Brennweite – optisch wunderbar verdichten.
- Die geringe Naheinstellgrenze dieses Objektivs erlaubt es mir beinahe schon, Makroaufnahmen anzufertigen.
- Kamera und Objektiv zusammen sind noch kompakt und leicht genug, um gänzlich unbeschwert damit loszuziehen.
- Dank der wirklich sehr guten Bildstabilisierung dieser Kombination kann ich auf ein Stativ verzichten.
Einstellungen
Da sich die Lichtverhältnisse von Minute zu Minute wegen der vielen Wolken deutlich verändern, stelle ich bei meiner Kamera die Zeitautomatik ein. Durch die Wahl meiner Blende behalte ich so die volle Kontrolle über die Schärfentiefe, muss mich aber nicht ständig um die Belichtung kümmern. Es ist heute ziemlich windig, so dass ich relativ kurze Verschlusszeiten benötige, um schwankende Knospen scharf abzubilden. Mit einem ISO-Wert von 400 gehe ich deshalb lieber auf Nummer sicher.
Eventuelle Bewegungsunschärfen möchte ich nämlich vermeiden. Allerdings mag ich es ansonsten durchaus, wenn nur Teile meines Motivs scharf abgebildet werden. Also wähle ich für viele der Aufnahmen eine relativ große Blende, um die Schärfentiefe eher gering zu halten. Wie weit ich dabei gehe, das entscheide ich bei jedem einzelnen Foto ganz nach meinem persönlichen Geschmack.
Darüber hinaus gibt es oft auch noch einen weiteren sehr guten Grund für eine geringe Schärfentiefe: Bei vielen meiner Motive kann ich kaum vermeiden, sie vor einem recht unruhigen Hintergrund abzulichten. Das gilt z.B. für die hübschen Knospen an Bäumen oder Sträuchern. Vor allem dann, wenn ich nicht um sie herumgehen kann, habe ich nur wenig Einfluss auf den Hintergrund. Wenn ich dennoch etwas Ruhe und Ordnung in mein Bild bringen will, kommt es mir äußerst gelegen, die oftmals viel zu unruhige Hintergrundstruktur durch die Wahl einer großen Blende ganz einfach in der Unschärfe verschwinden lassen zu können.
Das Motiv im Alltäglichen erkennen
Gerade solche alltäglichen, vollkommen unspektakulären Motive kann ich nicht immer fotografieren. Es gibt Tage, da sehe ich sie einfach nicht. Zwar benötige ich demnächst wohl mal wieder eine neue Brille, aber das ist sicher nicht der Grund. Es muss vielmehr irgendetwas mit meiner Gemütsverfassung zu tun haben, auch wenn ich von mir gerne glaube, eigentlich fast immer gut gelaunt, zumindest aber recht gelassen durchs Leben zu schlendern.
Es kann jedenfalls gut sein, dass ich heute eine wahre Fülle an Motiven finde, und das auf genau jenem Weg, wo ich noch gestern nicht den geringsten Grund gesehen habe, auch nur ein einziges Foto zu machen. Ganz offenbar mag mich die Muse nicht immer küssen – und selbst wenn sie es irgendwann doch tut, dann stets nur zart und flüchtig.