Tierische Porträts

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Schmökern

Wenigstens einmal würde ich in meinem Hobby ja schon gerne mal so richtig cool rüberkommen. Blöd nur, dass die gefühlte Coolness eines Fotografen weitgehend von dem Genre abhängt, in dem er sich tummelt. Und da ist die Naturfotografie definitiv gaaaaanz weit hinten. Werbefotos müsste ich machen, dürre Models mit möglichst gelangweilten Gesichtern an angesagten Locations shooten. Vielleicht auch Street Photography, immer hart am Rand der Legalität. Das wäre cool. Oder Action einfangen, so was wie Fallschirmsprünge von Hochhäusern oder wenigstens S-Bahn-Surfen.

Dummerweise würde mir nichts davon auch nur für zwei Cent Spaß machen. Also bleibe ich eben doch bei meinen Blümchenfotos, meinen Landschaften und Tieren. Aber halt… Wie steht es eigentlich um das Image der Porträtfotografie? Was sagt ihr, nicht ganz so hip wie die oben erwähnten Beispiele, aber vom Coolness-Faktor her immer noch weit vor der Naturfotografie?

Walross
Orang-Utan

Na dann los. Wäre doch gelacht, wenn ich mit meinen absolut fantastischen Models keine vorzeigbaren Porträts hinbekäme. Bliebe nur noch die Frage zu klären, wo das Ganze stattfinden soll.

Auch wenn viele Porträts ja sonst im Studio entstehen, habe ich mich aus recht naheliegenden Gründen doch lieber gegen mein Kellerstudio und stattdessen für ein On-Location-Shooting entschieden. Meine Models bevorzugen das ansprechendere Ambiente dort ebenso wie das bessere Catering. So entstanden die meisten der heutigen Bilder, natürlich alles Porträts oder doch zumindest sehr nah dran, wieder einmal im Naturzoo Rheine.

Kronenkranich
Jungfernkranich

Jetzt mal im Ernst: Gerade in Zoos, wo die Tiere an Menschen gewöhnt sind, bietet es sich doch förmlich an, die dadurch mögliche Nähe für Porträtaufnahmen zu nutzen. Auf diese Weise komme ich zu ausdrucksstarken Fotos und blende störende Elemente wie Gitter, Gehegezäune, Unterstände, Futtertröge und derlei Dinge mehr einfach aus. Zwei Fliegen mit einer Klappe also.

Humboldt-Pinguin
Chapman-Zebra

Draußen in der freien Natur reizt es mich eher, Fotos zu machen, die nicht nur die jeweils abgelichteten Tiere selbst zeigen, sondern auch ihren Lebensraum erkennen lassen. Aber bei Aufnahmen in Zoos, Wildparks usw. sehe ich die Sache ein wenig anders. Es handelt sich dort ja ohnehin nicht um ihren natürlichen Lebensraum, bestenfalls um einen möglichst ansprechend (für die Tiere und die Besucher) nachempfundenen. Da ist die Beschränkung auf den engeren Bildausschnitt einer Porträtaufnahme häufig von Vorteil.

Ein wichtiger Grund, warum ich Porträtaufnahmen von Tieren z.B. in Zoos mache, ist die Tatsache, dass ich auf diese Weise garantiert keine scheuen Wildtiere beunruhige. Denen müsste ich für vergleichbare Aufnahmen in der freien Natur vielleicht doch dichter auf die Pelle rücken, als ihnen lieb wäre. Natürlich würde ich das nicht mit Absicht tun. Aber ich bin nun einmal kein Biologe mit Spezialgebiet Verhaltenslehre oder so ähnlich. Also könnte es mir vielleicht versehentlich doch passieren.

Berberaffe

Aus meiner Sicht sind es zwei völlig verschiedene Paar Stiefel, ob ich im Zoo fotografiere oder in der freien Natur. Die eine Möglichkeit ersetzt mir dabei keinesfalls die andere. Zoos und Wildgehege bieten mir die Chance, sehr nah an die Tiere heranzukommen, darüber hinaus auch an solche, die ich zumindest in Europa sonst niemals zu Gesicht bekäme. Andererseits kann mir auch der attraktivste Zoo kein echtes Naturerlebnis ersetzen.

Schwarzweißer Vari
Liszt-Äffchen
Wanderu, Bartaffe

Die meisten Fotos dieses Blogbeitrags habe ich mit dem 40-150mm Tele (80-300 mm kleinbildäquivalent) gemacht. Manchmal kam auch eine kleinere (12-40mm), selten eine größere (300mm) Brennweite zum Einsatz. Aufs Stativ habe ich verzichtet, da ich aus der Hand gerade bei sehr engen Bildausschnitten schneller und flexibler reagieren kann. Ich verlasse mich in solchen Fällen auf den exzellenten Bildstabilisator meiner Olympus.

Beide Bilder oben und unten zeigen Trampeltiere. Ist es nicht erstaunlich, welchen Unterschied eine schicke, typgerechte Frisur ausmachen kann?

In der Fotografie von Menschen gelten Porträts in der Regel dann als besonders gelungen, wenn sie etwas vom Charakter der abgelichteten Person einfangen. Auch wenn die Frage des Charakters bei Tieren natürlich noch einmal deutlich schwieriger zu deuten ist, bin ich doch davon überzeugt, dass auch sie so etwas wie individuelle Eigenschaften haben. Darüber hinaus unterscheiden sich selbstverständlich auch die verschiedenen Tierarten stark darin, wie sie jeweils auf ihre Umwelt reagieren.

Insofern glaube ich schon, dass man prinzipiell auch Tierporträts zustande bringen kann, die zumindest etwas Ähnliches wie den Charakter des Individuum oder wenigstens seiner Art erkennen lassen. Ich suche meine tierischen Wunschmotive deshalb oft immer wieder auf und beobachte sie meist sehr lange. Was tun sie? Wie interagieren sie mit ihren Artgenossen. Worauf reagieren sie? Irgendwann verdichten sich diese Beobachtungen dann zu einer Vorstellung vom Wesen dieses Tieres, von seinem Charakter.

Bartkauz

Wissen kann ich natürlich nie, ob ich die richtigen Schlüsse gezogen habe. Dennoch versuche ich dann, das Tier so abzubilden, dass dieses vermutete Wesen in dem Foto sichtbar oder – vielleicht besser – spürbar wird. Wenn ich Glück habe, gelingt mir dann manchmal ein Porträt, dass meine Vorstellung, die ich mir vom Charakter des Tieres gemacht habe, ein klein wenig widerspiegelt. Oder bilde ich mir das alles nur ein?

Ihr könnt ja vielleicht beim Betrachten der Bilder einmal darauf achten. Habt ihr das Gefühl, dass bei dem einen oder anderen Foto so etwas wie das Wesen des abgebildeten Tieres durchschimmert? Oder ist da nur mein Wunsch der Vater des Gedanken? Eure Meinung dazu würde mich wirklich sehr interessieren, einfach weil ich mir meiner Sache alles andere als sicher bin.

Schmetterling (Art leider unbekannt)
Netzpython

Ach übrigens: Das mit der Coolness wird bei mir wohl doch nichts mehr, da hilft vermutlich selbst mein kleiner Ausflug in die Porträtfotografie nicht. Ich werde also auch in Zukunft Blümchen, Landschaften und Tiere ablichten. Sie gehören vielleicht nicht zu den coolsten, aber in meinen Augen ganz sicher zu den attraktivsten Motiven, die man nur finden kann.

Alles gut also.

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