Impressionistische Naturfotografie – Teil 1

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Tipps & Tricks

Routine ist einfach nicht mein Ding. War sie noch nie. Selbst meine geliebte Naturfotografie hätte ihren Reiz wohl längst verloren, wenn ich nicht von Zeit zu Zeit etwas Neues ausprobieren könnte. Kaum etwas macht mir nämlich mehr Spaß, als sämtliche klassischen Regeln der Fotografie vorübergehend zur Seite zu schieben und stattdessen nach Herzenslust zu experimentieren. Und heute ist es mal wieder so weit: Aufnahmen, die ein wenig an impressionistische Gemälde erinnern, sollen es dieses Mal werden. Böswillige Zeitgenossen könnten sie wohl auch einfach als Wackelbilder bezeichnen.

Vor längerer Zeit habe ich hier schon einmal einen Blogbeitrag über das Thema ICM geschrieben. Dieses Kürzel leitet sich vom englischen Ausdruck „Intentional Camera Movement“ ab, den man vielleicht am besten als „absichtlich bewegte Kamera“ ins Deutsche übersetzt. Kurz gesagt ging es darum, wie sich recht ungewöhnliche Bilder erzeugen lassen, indem man im Moment der Belichtung die Kamera bewegt. Wer das gerne noch einmal nachlesen möchte:


Heute werde ich diese Technik noch ein wenig weitertreiben. Dieses Mal möchte ich die Aufnahmezeit unterteilen in eine unbewegte und eine bewegte Phase. Das sollte dann mit etwas Glück – nun ja, vielleicht doch eher mit viel Glück – die gewünschte impressionistische Anmutung ergeben. Im Detail sieht meine Vorgehensweise so aus:

  1. Ich stelle an meiner Kamera eine Belichtungszeit von etwa 2 Sekunden ein. Das funktioniert am helllichten Tag meistens nur unter Verwendung eines passenden Neutralgraufilters.
  2. Da ein Stativ für diese Art der Fotografie eher hinderlich wäre, nehme ich die Kamera in der Hand und wähle eine geeignete Bildkomposition.
  3. Jetzt betätige ich den Auslöser und halte die Kamera ca. 1 Sekunde (also etwa die Hälfte der vorgesehenen Belichtungszeit) so ruhig wie möglich.
  4. Dann richte ich die Kamera mit einem sehr schnellen Schwenk auf ein anderes (vorher ausgewähltes) Element in der Landschaft.
  5. Für den Rest der Belichtungszeit nehme ich nun dieses zweite Motiv auf, wobei ich die Kamera leicht (z.B. kreisend) bewege.
  6. Anschließend überprüfe ich das Ergebnis auf dem Monitor und überlege mir, was ich bei den nächsten Versuchen anders machen könnte oder sollte.
  7. Mit diesen geplanten Änderungen im Kopf geht es dann wieder von vorne los.

In aller Regel muss ich eine ganze Reihe von Varianten durchspielen, bis ich mit dem Ergebnis einigermaßen zufrieden bin. Allerdings gibt es auch bei noch so hartnäckigem Bemühen keine Erfolgsgarantie.

Einen langen Atem und eine gewisse Frusttoleranz braucht man also schon; zumindest geht es bei mir nicht ohne. Aber ich denke, das liegt bei dieser Art der experimentellen Fotografie nun einmal in der Natur der Sache. Die Ergebnisse sind eben niemals exakt vorhersehbar. Mir bleibt also kaum etwas anderes übrig, als an allen Schräubchen zu drehen und zu hoffen, dass dabei am Ende die eine oder andere vorzeigbare Aufnahme herauskommt. Insofern sind die oben gemachten Angaben auch nicht viel mehr als erste Richtwerte. In der Regel starte ich mit genau diesen Einstellungen. Alles Weitere muss sich dann per Versuch und Irrtum ergeben.

Für mich macht gerade die Unplanbarkeit den Reiz solcher Fotoexperimente aus. Ihr werdet euch also denken können, dass ziemlich viele dieser Aufnahmen den direkten Weg in meinen digitalen Papierkorb antreten. Aber was soll’s? Dafür bin ich dann auch immer wieder überrascht, welche fotografischen Möglichkeiten sich plötzlich vor mir auftun, wenn ich nur bereit bin, die gewohnten Pfade einmal zu verlassen und etwas Neues auszuprobieren.

Sehr gerne verwende ich für solche Fotos mein mittleres Telezoom. Eine etwas längere Brennweite macht es mir nämlich leichter, einen gut geeigneten Bildausschnitt für den zweiten Teil der Belichtung (Schritt 4 und 5) auszuwählen. In der Regel bevorzuge ich dafür ein Motiv mit deutlich ausgeprägten Strukturen. Mit ihnen versuche ich dann, mein in der ersten Phase der Belichtung aufgenommenes Hauptmotiv per bewegter Kamera so zu überlagern, dass die gewünschte impressionistische Anmutung entsteht.

Selbstverständlich ist diese Art der Fotografie weiter ausbaufähig. So könnte ich z.B. noch einen dritten Bildausschnitt einbeziehen, die Belichtungszeit für das Hauptmotiv verändern, die Geschwindigkeit meiner Kamerabewegungen ebenso wie ihre Richtung variieren… Unendlich viele Möglichkeiten also, um zum gewünschten Bildergebnis zu kommen. Allerdings stehe ich bei dieser Technik noch ziemlich am Anfang, und da ist es wohl besser, die Sache erst einmal nicht allzu kompliziert werden zu lassen. Mit der oben genannten Vorgehensweise habe ich fürs Erste genug zu kämpfen.

Ich hoffe, ihr hattet – ebenso wie ich – ein wenig Freude an den Aufnahmen. Das wäre allein schon deshalb wünschenswert, weil es in vierzehn Tagen einen Teil 2 zu diesem Thema geben wird. Falls diese Art der Naturfotografie aber doch nicht so ganz euer Ding sein sollte: In den dann folgenden Beiträgen, das verspreche ich, erwarten euch hier im Glaslinsenspiel erst einmal wieder ganz traditionelle Naturfotos. Es sollen ja schließlich alle auf ihre Kosten kommen.

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