Alte Fotos neu bearbeitet

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Kürzlich habe ich mich zu einem kleinen Experiment entschlossen: Nach so vielen Jahren eifriger Bildbearbeitung mit Lightroom müsste ich doch ein bisschen was dazugelernt haben und sollte deshalb in der Lage sein, aus meinen alten Aufnahmen jetzt noch ein Quäntchen mehr herauszukitzeln als damals. Einen Versuch wäre es wohl allemal wert.

Schneescheitelrötel – alte Version
Schneescheitelrötel – neue Version

Gedacht, getan. Also habe ich mir ein paar alte Fotos noch einmal vorgenommen, die ich bereits vor Jahren bearbeitet hatte. Das war übrigens alles andere als öde oder langweilig. Im Gegenteil, es hat mir wirklich Spaß gemacht, mit dem Blick von heute noch einmal an meine Bilder von gestern heranzugehen. Vermutlich liegt es daran, dass ich nicht nur das Fotografieren, sondern eben auch die Bildbearbeitung als einen ausgesprochen kreativen Prozess wahrnehme.

Übrigens habe ich, um ein möglichst unverfälschtes Ergebnis zu bekommen, die neu zu bearbeitenden Bilder zwar selbst ausgesucht, dann aber eine Weile unangetastet gelassen. Erst als ich mehr oder weniger vergessen hatte (das geht in meinem Alter ja zum Glück recht flott), was damals bei meiner ersten Bearbeitung herausgekommen war, machte ich mich an die neue Version. Verglichen habe ich beide erst ganz zum Schluss.

Juister Dünenlandschaft am Abend – alte Version
Juister Dünenlandschaft am Abend – neue Version

Um das Ergebnis gleich vorwegzunehmen: Mir kommt es schon so vor, als hätten die meisten der Bilder durch die erneute Bearbeitung profitiert, auch wenn das nicht für alle Beispiele zutreffen und es sich oft nur in Nuancen ausdrücken mag. Allerdings ist damit noch keineswegs gesagt, dass eventuelle Verbesserungen an meiner über die Jahre hinzugewonnenen Erfahrung liegen. Als Erklärung kommen ja durchaus mehrere mögliche Ursachen infrage:

  • Die vielen neuen Werkzeuge, um die Lightroom seit damals erweitert wurde, könnten eine entscheidende Rolle spielen.
  • Es wäre auch möglich, dass sich lediglich mein Geschmack geändert hat, so dass ich – aber vielleicht auch eben nur ich – die Neubearbeitungen der Bilder bevorzuge.
  • Zu guter Letzt könnten sich meine Fähigkeiten der Bildbearbeitung tatsächlich gesteigert haben.
Speicherstadt Hamburg – alte Version
Speicherstadt Hamburg – neue Version (Verzerrung entfernt, deshalb nicht deckungsgleich mit alter Version)

Selbstverständlich würde ich schon recht gerne glauben, dass meine im Laufe der Zeit hinzugewonnenen Fertigkeiten die Hauptrolle spielen. Aber klar ist ja auch: Lightroom bietet – vor allem durch die neuen, nahezu beliebig anpassbaren Masken – heutzutage mehr kreative Möglichkeiten denn je. Früher ließ sich vieles in Lightroom entweder gar nicht oder nur mit sehr viel mehr Aufwand realisieren, so dass in der Praxis kein Weg an Photoshop vorbei führte.

Extremadura – alte Version
Extremadura – neue Version

Allerdings habe ich mich in Photoshop nie so ganz zu Hause gefühlt und deshalb nur dann darauf zurückgegriffen, wenn es mir absolut unvermeidlich erschien. Bis zur Einführung der neuen Lightroom-Masken war das leider häufiger der Fall. Inzwischen fühlt es sich jedoch beinahe so an, als ob die Entwickler meines Lieblingsprogramms es sich zum Ziel gesetzt hätten, alle meine Wünsche bis ins Detail zu erfüllen.

Isle of Skye – alte Version
Isle of Skye – neue Version

Sehr viel fehlt dazu jedenfalls nicht mehr. Heutzutage muss ich nur noch in seltenen Fällen auf Photoshop zurückgreifen. In erster Linie ist das beim Focus Stacking der Fall, also dann, wenn ich vom sehr nahen Vordergrund bis weit in den Hintergrund hinein alles scharf abbilden möchte. Manchmal lässt sich das nicht oder zumindest nicht sinnvoll mit einer einzigen Aufnahme bewerkstelligen. Also mache ich dann vielleicht drei (ganz selten auch mal mehr) Fotos, wobei ich den Fokus nacheinander auf Vorder-, Mittel- und Hintergrund lege. Photoshop übernimmt anschließend die Aufgabe, aus den unterschiedlich fokussierten, ansonsten aber (nahezu) identischen Aufnahmen ein durchgängig scharfes Bild zusammenzubasteln.

Isle of Skye – alte Version
Isle of Skye – neue Version

Es gibt für das Focus Stacking auch das eine oder andere Spezialprogramm, aber für die kleinen Stacks, wie sie in der Landschaftsfotografie anfallen, benötige ich so etwas nicht. Den Job erfüllt Photoshop problemlos. Das könnte sich aber ändern, wenn ich mich demnächst intensiver mit der Makrofotografie beschäftigen möchte. Vermutlich werde ich dann doch auf eine spezielle Software wie z.B. Helicon Focus zurückgreifen müssen, da Photoshop bei sehr großen Stacks derzeit noch an seine Grenzen stößt.

Isle of Skye – alte Version
Isle of Skye – neue Version

Bisher nutze ich lediglich zwei Spezialprogramme: DXO Pure Raw und Topaz Sharpen AI. Ersteres kommt immer dann zum Einsatz, wenn ich eine große Anzahl von Bildern entrauschen möchte. Inzwischen beherrscht Lightroom diesen Trick zwar ebenso gut, benötigt dafür aber noch seeeeeehr viel länger. Bei ein oder zwei Fotos stört mich das nicht; wenn ich hingegen ganze Bilderserien mit hoher ISO-Einstellung und dem damit verbundenen Rauschen aufgenommen habe, greife ich aus Zeitgründen lieber zu DXO Pure Raw.

Isle of Skye – alte Version
Isle of Skye – neue Version

Topaz Sharpen AI benötige ich ehrlich gesagt eigentlich immer nur dann, wenn ich mal wieder beim Fotografieren geschlampt habe. Auf Basis künstlicher Intelligenz (darum auch AI für „artificial intelligence“ im Namen) ist dieses Programm erstaunlich gut in der Lage, leicht unscharfe Bilder zu retten. Was also früher wegen echter Dummheit (meiner eigenen) sofort im digitalen Papierkorn landete, kann heute dank künstlicher Intelligenz in neuem Glanz erstrahlen. Das funktioniert überraschend gut, sofern die Unschärfe nicht allzu ausgeprägt ist. Das Foto des Schneescheitelrötels weiter oben ist ein ganz gutes Beispiel dafür.

Berberaffe – alte Version
Berberaffe – neue Version

Gerade fällt mir auf, dass ich jetzt möglicherweise so rüberkommen mag wie ein auf seine Erfolgsprämien erpichter Software-Verkäufer. Es bleibt aber selbstverständlich dabei: Das Glaslinsenspiel ist ein lupenreiner Hobby-Blog. Hier geht es nicht ums liebe Geld, hier dreht sich alles ausschließlich um die pure Freude an der Fotografie. Also komme ich wohl besser auf die Ausgangsfrage zurück. Ist es mir denn nun gelungen, bei der erneuten Bearbeitung einiger meiner alten Fotos noch ein wenig mehr aus ihnen herauszuholen? Oder ähnele ich doch eher jenem sprichwörtlichen alten Hund, dem man keine neuen Tricks mehr beibringen kann? Am besten entscheidet ihr selbst anhand der Vergleichsfotos.

Rotkehlchen – alte Version
Rotkehlchen – neue Version

Eines lässt sich aber auf jeden Fall sagen: Es hat mir viel Freude gemacht, mal wieder einige der alten Aufnahmen hervorzukramen und an ihnen etwas „herumzuschrauben“. Vielleicht liegt ja auch auf euren Festplatten noch so manches alte Schätzchen, das es wert wäre, zurück ans Tageslicht geholt und entstaubt zu werden. Daraus könnte doch womöglich ein nettes kleines Projekt für die vor uns liegenden langen Winterabende werden.

schlafender Luchs – alte Version
schlafender Luchs – neue Version

Es wäre mir wirklich eine große Hilfe, eure Meinung zu erfahren. Findet ihr, dass sich meine Neubearbeitungen gelohnt haben? Oder gefallen euch die alten Bilder besser? Lasst es mich gerne in den Kommentaren wissen.

2 Kommentare

  1. Ich finde, dass sich die Neubearbeitung auf jeden Fall gelohnt hat. Mir gefiel bei allen Bildern die neuere Version besser als die Alte. Die Landschaftsbilder wirken auf mich teilweise deutlich klarer und nuancierter in ihrer Farbabstimmung. Insbesondere bei den Bildern der Isle of Skye habe ich diesen Eindruck. Auch die vermutlich intensivere Nachbearbeitung einzelner Bildteile (anstatt der Bearbeitung des Gesamtbildes) finde ich klasse. So hat der Vordergrund des zweiten Bildes der Isle of Skye eine ganz andere Wirkung und verstärkt durch seine Rottönung den Sonnenuntergang in der Bildstimmung.
    Bei den Tierfotos mag ich, dass das Hauptmotiv in seiner Farbe etwas kräftiger hervorsticht und sich durch einen tendenziell deutlich dunkleren Hintergrund abhebt wie beispielsweise beim Berberaffen.
    Spannend finde ich aber auch, dass sich dein Stil in der Nachbearbeitung (so gut man das bei ein paar Bildern beurteilen kann) ein wenig verändert zu haben scheint. So gehen ja fast alle Landschaftsbilder etwas stärker ins Rötliche und wirken wärmer.
    Insgesamt sind es aber wie gesagt, auch wenn mir jeweils die alte Version ebenfalls gefällt, aus meiner Sicht nochmal deutlich schönere Bilder.

    • Hallo Pascal,
      zuerst einmal vielen Dank für deinen ausführlichen und aussagekräftigen Kommentar. Ich find’s einfach klasse, wie genau du dir die Fotos angeschaut und analysiert hast. Es freut mich natürlich auch, dass du ganz offenbar einen beträchtlichen Vorteil in meiner neuen lokalen gegenüber der früheren in erster Linie globalen Bearbeitung erkennst. Diese zusätzliche Mühe scheint sich also tatsächlich auszuzahlen.

      Die etwas wärmere Farbstimmung mag auch daran liegen, dass ich vor Kurzem meinen alten durch einen neuen Monitor ersetzt habe. Trotz Kalibrierung zeigte der nun aussortierte Bildschirm zum Schluss offenbar etwas zu warme Farben an, die ich dann logischerweise in der Bearbeitung in Richtung „kühler“ korrigiert habe. Der Austausch des Monitors war also offenbar richtig, auch wenn ich ihn vermutlich ein wenig zu spät vorgenommen habe. Es dürfte aber wohl schon so sein, dass ich inzwischen zu einer generell etwas „wärmeren“ Bearbeitung neige. Aufgefallen ist mir das selbst aber auch erst dadurch, dass ich jetzt meine neuen mit den alten Bearbeitungen verglichen habe.

      Nochmals ganz herzlichen Dank für die Mühe, die du dir mit deinem fundierten Kommentar gemacht hast.

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