Als man statt Foto noch Photo schrieb

Kommentare 0
Schmökern

Vielleicht liegt es ja an meinem Alter, vielleicht auch an einer heimlichen Freude an allem, das sich dem allzu aufdringlichen Zeitgeschmack entgegenstemmt. So genau weiß ich es selbst nicht, aber auf jeden Fall bin ich ein begeisterter Freund der Schwarzweiß-Fotografie – zumindest dann, wenn es um Bilder von anderen Fotografen geht. Selbst bin ich hingegen noch nicht wirklich weit in diese wunderbare Welt der Graustufen vorgedrungen. Immerhin entwickle ich recht regelmäßig einen Teil meiner Fotos zusätzlich zur farbigen auch in einer schwarz-weißen Variante. Zu selten aber mache ich Aufnahmen, bei denen ich von vornherein „in Schwarz-Weiß denke“. Ich müsste mir wohl einfach mal die Zeit dafür nehmen, mich etwas intensiver damit zu beschäftigen.

Detail in der Wikingersiedlung Haitabu

Früher habe ich mich immer darüber amüsiert, heute geht es mir genauso: Seit ich im Ruhestand bin, mangelt es mir einfach an Zeit. Wie soll ich bloß alle meine Pläne, zu denen auch noch ständig neue hinzukommen, in die Tat umzusetzen? Keine Ahnung, mit welchen Zaubertricks ich da bis vor Kurzem auch noch meinen Geschäftsalltag untergebracht habe. Heutzutage sähe ich dafür schlicht und einfach keine Chance mehr. Es ist mir geradezu ein Rätsel, wie die jüngeren Leute das – und oft auch eine ganze Menge mehr – auf die Reihe bekommen. Dabei verplempern sie ja meist noch jede Menge Zeit in den sozialen Medien und bei Netflix.

Hüvener Doppelmühle

Viel zu kurze Tage mit gerade einmal lächerlichen 24 Stunden engen auch momentan meinen Aktionsradius wieder allzu sehr ein. So habe ich derzeit noch kein einziges Foto für meinen neuen Blogbeitrag geschossen. O Mann, das wird echt eng. Aber es ist ja nun einmal ehernes Gesetz: An jedem zweiten Freitag erscheint ein neuer Artikel. Punkt. Da zählen keine Ausflüchte. Und nun?

Schloss Glücksburg

Not mache erfinderisch, heißt es. Das scheint wohl tatsächlich so zu sein, denn schon kommt mir eine Idee: Könnte ich euch nicht einfach ein paar der hier bereits kürzlich vorgestellten Bilder noch einmal unterjubeln? Natürlich darf die ganze Sache bei einem so intelligenten Publikum, wie ihr es seid (rutscht jetzt bitte nicht auf der Schleimspur aus), nicht allzu plump rüberkommen. Aber wenn ich die Aufnahmen dieses Mal nicht in Farbe, sondern in einer Schwarzweiß-Bearbeitung zeigte… Das ergäbe im Grunde dann doch etwas völlig Neues und Eigenständiges, nicht wahr?

Taubenkropf-Leimkraut

Wenn ihr nett zu mir sein wollt, dann antwortet bitte unbedingt mit „ja“. Damit würdet ihr mir nämlich das schlechte Gewissen nehmen, euch hier vielleicht doch nur alten Wein in neuen Schläuchen vorzusetzen. Aber für neuen Wein (also neue Fotos) hatte ich nun einmal – siehe oben – keine Zeit. Ihr wisst schon: wegen Ruhestand und so.

Wollgras

Zeitdruck hin oder her, Tatsache ist, dass ich schon ein riesiger Fan der Schwarzweiß-Fotografie war, als man noch Photo statt Foto schrieb und sich in meiner Kamera kein Sensor, sondern ein echter Film um die Speicherung der Bilder kümmerte. Meistens übernahm zwar ein Farbfilm diese Aufgabe, aber immer mal wieder habe ich auch zur schwarz-weißen Variante gegriffen. Eine ganz besondere Vorliebe hatte ich dabei für die damals noch als außerordentlich lichtstark geltende und dementsprechend körnige 1000-ISO-Ausführung. Ich mochte einfach diesen auch zu jener Zeit schon nostalgisch anmutenden Look.

Lachmöwen
Küstenseeschwalbe
Wiesenpieper

Daran hat sich bis heute nicht viel geändert – also an meinem Geschmack. Technisch liegen natürlich Welten dazwischen. Die Körnigkeit jener Filme wurde in der digitalen Fotowelt durch ein bei vielen Fotografen verhasstes Sensorrauschen abgelöst. Aber auch das gehört inzwischen der Vergangenheit an. Heute sind nahezu rauschfreie Bilder selbst bei noch sehr viel höheren – eigentlich unfassbar hohen – ISO-Werten zum beinahe selbstverständlichen Standard geworden.

Blüte mit Wassertropfen

Das ist einerseits zwar super, denn erst dadurch wurden all die großartigen Aufnahmen von dämmerungs-, ja sogar nachtaktiven Tieren ermöglicht, an die früher nicht einmal zu denken war. Andererseits kann man modernen Kameras den Vorwurf leider kaum ersparen, zwar technisch brillante, aber gerade deshalb auch irgendwie … nun ja … seelenlose Bilder zu erzeugen. Es ist sicher kein Zufall, dass inzwischen immer mehr Objektive auf den Markt kommen, die versprechen, den ach so herrlich unperfekten Bildlook aus analogen Zeiten perfekt nachzuahmen (Wortspiel beabsichtigt).

Gartenkreuzspinne

Bisher besitze ich keine solchen „Nostalgie-Effekt-Objektive“ und werde mir wohl auch keine anschaffen. Aber ich kann nun einmal nicht leugnen, dass ich dem Charme alter, alles andere als makeloser Aufnahmen kaum zu widerstehen vermag. Vermutlich geht es mir dabei so ähnlich wie etlichen Musikliebhabern, die ihre verkratzten Vinylplatten den – aus ihrer Sicht – viel zu steril klingenden digitalen Aufzeichnungen bei Weitem vorziehen.

Gebirge im Nebel
Birken

Ich bin ja ohnehin nicht gerade dafür bekannt, die technischen Aspekte der Fotografie überaus wichtig zu nehmen. In meinen Augen sind gute Fotos solche, bei denen es mir gelungen ist, jenes Gefühl einzufangen, das mich dazu verleitet hat, überhaupt auf den Auslöser zu drücken. Das gelingt mir selten genug. Wenn aber doch einmal, dann ist es mir ziemlich egal, ob da eine Spur von Bildrauschen zu erkennen ist. Auch über eine minimale Randunschärfe oder eine mögliche Vignettierung mache ich mir absolut keine Gedanken.

Nebelschwaden über dem…
…Schlossbergsee bei Kitzbühel

In meinen Schwarzweiß-Bildern gehe ich oft sogar noch einen Schritt weiter: Ganz gezielt erzeuge oder verstärke ich solche „Fehler“ dann bei der Bildbearbeitung. So versuche ich manchmal, das grobe Korn meiner früher bevorzugten Filme zu imitieren, indem ich kräftig am Regler „Körnung“ drehe. Auch eine künstliche Vignette kommt nicht selten zum Einsatz.

Klar, das ist letztlich alles eine reine Sache des Geschmacks. Man muss so etwas nicht unbedingt mögen. Mir aber gefällt’s. Und das nicht nur, weil es mich an meine Anfänge in der Fotografie erinnert.

Mittlerer Sonnentau
eingesponnenes Gras

Falls auch ihr ein wenig Gefallen an diesen „altmodischen“ Bildern finden solltet und gerne etwas genauer wissen möchtet, wie ich an die Sache herangehe, dann klickt einfach mal auf den Button unten. Er führt euch zu einem älteren Blogbeitrag, in dem ich meine Vorgehensweise Schritt für Schritt erklärt habe.

Ich finde es überaus lohnend, sich mit dem Thema „Schwarz-Weiß“ zu beschäftigen. Es geht dabei um weit mehr, als lediglich um den Verzicht auf Farben. Das zumindest habe ich inzwischen begriffen. Am Rest arbeite ich noch. Vielleicht probiert ihr es ja einfach selbst mal aus. Jede Menge Spaß kann ich garantieren. Außerdem ist es wohl nie verkehrt, seinen kreativen Werkzeugkoffer ein wenig zu ergänzen.

Graugans

Schreibe einen Kommentar