Enttäuschung beim Wacholderhain

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Schmökern

In den letzten Blogbeiträgen habe ich euch von meiner Fototour zu den Mooren im Emsland berichtet. Tatsächlich war ich auch in erster Linie ihretwegen dort, aber es wäre ja mehr als erstaunlich, wenn ein so großer Landkreis (es ist immerhin der drittgrößte in Deutschland) nicht noch mehr zu bieten hätte – und so manches davon möchte ich euch heute vorstellen.

Das Emsland gehört zu den am dünnsten besiedelten Regionen in Deutschland. Kein Wunder also, dass man wirklich große Städte hier vergeblich suchen wird. Den ersten Platz belegt Lingen mit seinen rund 57.000 Einwohnern; dahinter folgen Papenburg (ca. 38.000) und die Kreisstadt Meppen (ca. 36.000). Mein fotografischer Schwerpunkt lag dieses Mal ganz auf der Natur. Die folgenden beiden Fotos sind deshalb auch nicht brandneu, sondern schon vor einiger Zeit im Rahmen einer Fahrradtour entlang der Ems entstanden.

Papenburg
Haren

Spuren der Vergangenheit

Keine Sorge, trotz der Kapitelüberschrift, die man vielleicht so deuten könnte, wird das hier sicher keine Geschichtsstunde. Allerdings konnte ich auf dem Weg zu den Mooren und Hutelandschaften den einen oder anderen Zeugen sowohl der frühesten wie auch der allerjüngsten emsländischen Vergangenheit gar nicht übersehen. Beginnen wir vor ein paar tausend Jahren:

Es gibt im Emsland eine ganze Reihe von Großsteingräbern, die gewiss einen Besuch wert sind. Ich habe mich aber dagegen entschieden, weil ich meine Zeit lieber nutzen wollte, um die Mansenberge, ein ca. 4.700 Jahre altes Hügelgräberfeld in der Nähe von Sögel zu erkunden. Großsteingräber gibt es nämlich auch in der Nähe meines Wohnorts, aber so etwas wie die Mansenberge eben nicht. Nun, um ehrlich zu sein: Spektakulär sieht dieses Hügelgräberfeld nicht gerade aus. Im Grunde ist es einfach nur eine leicht bucklige Wiese mit ein paar prächtigen Bäumen. Das Besondere liegt eher in dem Wissen, dass es unseren Vorfahren hier bereits zu Beginn der Bronzezeit ein wichtiges Anliegen war, ihre Toten würdevoll zu bestatten.

Mansenberge
Mansenberge

Jetzt machen wir einen großen Zeitsprung über mehrere Tausend Jahre hinweg, um im achtzehnten Jahrhundert zu landen. Der Kölner Fürstbischof Clemens August ließ sich vom damals angesagtesten Architekten Johann Conrad Schlaun ein repräsentatives Jagdschloss nahe der heutigen Samtgemeinde Sögel errichten. Nach seinem Bauherrn bekam es den Namen Schloss Clemenswerth. Vom zentralen Hauptpavillon führen sternförmig acht Alleen durch den Park in alle Himmelsrichtungen. An jeder von ihnen findet sich jeweils ein etwas kleinerer, aber kaum weniger prunkvoller Pavillon. Alle acht zusammen bilden quasi einen Kreis um das zentrale Hauptgebäude.

Bei all dieser Pracht könnte einem der ehemalige Limburger Bischof Tebartz van Elst, der sein Amt wegen ein paar goldener Wasserhähne und ähnlicher Petitessen abgeben musste, ja schon beinahe leidtun.

Jagdschloss Clemenswerth in Sögel

Wiederum gut ein Jahrhundert jünger ist die Hüvener Mühle. Als kombinierte Wind- und Wassermühle ist sie eine der letzten ihrer Art in Europa. Die Wassermühle wurde bereits 1802 in Betrieb genommen, die nachträglich aufgesetzte Windmühle genau fünfzig Jahre später. Nach dem Ende ihrer Nutzung begann der allmähliche Verfall, den erst eine aufwendige Restaurierung vor etwa zwanzig Jahren stoppen konnte.

Hüvener Doppelmühle
Hüvener Doppelmühle – Mühlrad

Ob ein weit größeres und ambitionierteres technisches Projekt vor dem Verfall gerettet, ihm preisgegeben oder sogar endgültig beendet wird, das scheint noch immer nicht so ganz entschieden zu sein. Ich spreche hier von der einst mit immensen Erwartungen gestarteten Magnetschwebebahn Transrapid. Extra für sie wurde zwischen 1980 und 1987 im Emsland eine ca. 32 Kilometer lange Teststrecke gebaut.

Transrapid-Teststrecke

Damit komme ich jetzt zu meinem letzten Beispiel für Spuren der Vergangenheit im Emsland. Es geht um die Erdölförderung. Allerdings ist es leider nicht ganz richtig, wenn ich sie als eine Sache von gestern darstelle. Tatsächlich wird im Emsland, man mag es kaum glauben, auch heute noch Erdöl gefördert. Und so fühlt man sich bei einem Besuch im Rühler Ölfeld zwischen Meppen und Twist ein klein wenig wie in Texas – allerdings um einiges bescheidener und ganz ohne Klapperschlangen.

eine der vielen Pferdekopfpumpen im Rühler Ölfeld

Hutelandschaften

Als Hute- oder auch Hudewirtschaft bezeichnet man das in früheren Zeiten sehr weit verbreitete Beweiden von Heiden, Wäldern oder Auenlandschaften durch verschiedene Weidetiere. Der Begriff „Hute“ leitet sich vom gleichen Wortkern ab, wie er z.B. auch in „hüten“ zu finden ist. Häufig wurde auf solchen Weiden das gesamte Vieh eines Dorfes von einem Hirten gehütet, der dafür mit einem Hutgeld entlohnt wurde. Leider mussten die allermeisten dieser Hutelandschaften im 19. und 20. Jahrhundert einer intensiveren Landnutzung weichen. Nur an wenigen Stellen blieben sie erhalten. Wo das der Fall ist, handelt es sich oft um sehr artenreiche und attraktive Lebensräume.

Mit den Naturschutzgebieten „Borkener Paradies“ und „Haselünner Kuhweide“ (wohl besser bekannt als Haselünner Wacholderhain) standen zwei solcher Hutelandschaften auf meinem Programm.

Das Borkener Paradies schmiegt sich ausgesprochen idyllisch in die Schleife eines Ems-Altarms. Da die Ems mit einer ganz kurzen Ausnahme von der Quelle bis zur Mündung stets über Sandböden fließt, hat sie im Lauf der Zeit jede Menge davon bis hierher transportiert und dann in der Schleife abgelagert. Es bildeten sich nach und nach regelrechte Flugsanddünen, die das Borkener Paradies bis in die Gegenwart hinein prägen.

Ems-Altarm
Emsschleife ums Borkener Paradies

Es gibt einen ausgesprochen lohnenden Rundweg, auf dem man das gesamte Areal durchwandern und dabei in aller Ruhe genießen kann. Allerdings hatte es in diesem Frühjahr so viel geregnet, dass der Weg an manchen Stellen knietief unter Wasser stand. Ich zog es deshalb vor, irgendwann umzukehren und vom Startpunkt aus mein Glück dann noch einmal in Gegenrichtung zu versuchen. Am Ende hatte ich trotz aller Widrigkeiten nahezu die gesamte Runde erleben können. Auf diese Weise kam ich zwar fast auf die doppelte Weglänge, aber mal ehrlich: Wer würde sich schon darüber beschweren, mehr Zeit als erwartet im Paradies verbracht zu haben – und sei es auch nur das Borkener.

Borkener Paradies
Borkener Paradies
Borkener Paradies
Borkener Paradies

Als eine riesengroße Enttäuschung entpuppte sich dann leider einer meiner bisherigen Favoriten im Emsland. Voller Vorfreude hatte ich mich recht früh am Morgen auf den Weg gemacht, um wieder einmal die absolut faszinierende Landschaft des Haselünner Wacholderhains zu durchstreifen. Nur wurde leider nichts daraus. Der wunderschöne Hain ist, von zwei kleinen Ausnahmen abgesehen, für Besucher nicht mehr zugänglich. Begründet wird dies damit, dass ein Zaun um das komplette Areal notwendig sei, um die dort weidenden Schafe und Tarpane vor Wölfen zu schützen.

Haselünner Wacholderhain
Haselünner Wacholderhain

Allerdings ist mir bekannt, dass es auch noch einige andere ernsthafte Probleme gibt: Der Wacholder vermehrt sich auf natürlichem Weg nicht mehr und einige der Tarpan-Pferde sind erkrankt. Hinzu kommt dann wohl noch eine für die Tiere unbekömmliche Fütterung durch unverständige Besucher. Es mag also vielleicht auch sein, dass der Wolf eher ein willkommener Anlass für die bedauerliche Schließung ist.

Haselünner Wacholderhain

Mir bleibt leider nichts anderes übrig, als zumindest ein paar Fotos von den wenigen Stellen aus zu machen, wo man noch einen Blick auf den Wacholderhain erhaschen kann. Wenn ich da an früher denke und welch herrliche Stunden ich dort verbracht habe… Für dieses Mal – vielleicht ja sogar für immer – muss ich mich von diesem mir doch sehr ans Herz gewachsenen Naturschutzgebiet verabschieden. Wie gut, dass ich von früheren Besuchen bereits eine ganze Menge Fotos im Archiv habe. Selbst einen Blogbeitrag gibt es schon:


Als kleine Entschädigung lege ich auf dem Rückweg noch einen Stopp beim Börger Wacholderhain ein. Er ist im Vergleich zu jenem in Haselünne zwar winzig, und das Betreten ist ebenfalls nicht ohne Weiteres erlaubt, aber gerade wegen der geringen Ausdehnung kann man ihn von den Wegen außen herum schon beinahe vollständig überblicken. Auch für das eine oder andere Foto kommt man zum Glück nahe genug heran.

Wacholderhain bei Börger
Wacholderhain bei Börger
Wacholderhain bei Börger
Wacholderhain bei Börger

Wieder einmal hat sich gezeigt, dass ich nicht unbedingt in ferne Länder reisen muss, wenn ich mein Hobby Naturfotografie ausleben möchte. So viele wunderbare Motive liegen (fast) direkt vor meiner Haustür. Ich muss mir nur meine Kamera schnappen und schon kann es losgehen. Herrlich!

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