Mein Flirt mit Schwarz-Weiß

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Schmökern, Tipps & Tricks

Nein, auch wenn dieser Beitrag „Mein Flirt mit Schwarz-Weiß“ überschrieben ist: Mit dem Zebra vom Titelfoto hat das nichts zu tun, obwohl sein hübsch gemustertes Fell natürlich wunderbar zum Thema passt. In Wirklichkeit soll es heute um meine noch ziemlich im Verborgenen schlummernde, aber mehr und mehr aufflammende Liebe zur Schwarz-Weiß-Fotografie gehen.

Falls der fotografische Stil etwas über den Fotografen aussagt, dann ist es sicher kein Zufall, dass meine Fotos sehr oft ziemlich farbenfroh daherkommen. Die momentan so angesagten düsteren oder entsättigten Farben sind einfach nicht mein Ding. Wer mich kennt, der wird vermutlich bestätigen, dass ich ein meist heiterer und zuversichtlicher Mensch bin, einer, bei dem das zur Hälfte gefüllte Glas mit wunderbar aromatischem Whisky, bernsteinfarben, leicht nussige Note… Verzeihung, ich schweife ab, aber das passiert mir beim Thema „Whisky“ fast unvermeidlich. Also, was ich eigentlich sagen wollte: Ich bin jemand, der sein Glas eher als halb voll denn als halb leer betrachtet – und das Leben im Allgemeinen als bunt und lebenswert. Natürlich drückt sich diese Einstellung auch in meinen Fotos aus.

Das ist sicher nicht immer ideal, denn Fotografien in fröhlichen, bunten Farben laufen stets Gefahr, als kitschig, zumindest aber als naiv angesehen zu werden. Das gilt insbesondere für Naturfotos. Kann die Natur kitschig sein? Oder Fotos, nur weil sie die natürliche Farbenvielfalt eingefangen haben? Wo sind die Grenzen? Ist mein fotografischer Blick auf die Natur naiv, weil er die massiven Bedrohungen, der sie ausgesetzt ist, zumeist ausblendet? Fragen über Fragen, auf die ich keine sicheren Antworten habe.

Trotz meiner Liebe zur farbenfrohen Naturfotografie, die meinen Blick auf die Welt nun einmal am besten auszudrücken vermag, flirte ich von Zeit zu Zeit mit ihrer schwarz-weißen Schwester. Ich weiß, monochrome Grautöne verkörpern nahezu das Gegenteil von allem, was ich soeben über mein Verhältnis zu Farben und zum Leben geschrieben habe. Dennoch – oder vielleicht auch gerade deswegen – haben mich gute Schwarz-Weiß-Aufnahmen schon immer fasziniert. Ein Widerspruch? Vermutlich. Aber Menschen sind nun einmal voller Widersprüche.

Mein Zugang zur Schwarz-Weiß-Fotografie ist bisher ein eher spielerischer. Da ich alle Fotos ohnehin im Raw-Format aufnehme, liegt es natürlich nahe, mit den vielfältigen Möglichkeiten der Bildbearbeitung zu experimentieren und die eine oder andere Aufnahme auch einmal in Graustufen zu konvertieren.

Wie ich meine Fotos in Schwarz-Weiß bearbeite

Um es gleich vorweg zu sagen: So ganz habe ich meinen Weg der Umwandlung in Graustufen noch nicht gefunden. Ich bin da in der Phase des Ausprobierens und des Lernens. Die Fotos in diesem Artikel sind also erst einmal nur eine Zwischenstufe. Ich bin längst noch nicht am Ziel, will aber auf jeden Fall an der Schwarz-Weiß-Fotografie dranbleiben. Hier im Blog werde ich zukünftig immer mal wieder darüber berichten, welche Fortschritte ich (hoffentlich) erzielt habe und auf welche Schwierigkeiten ich (vermutlich) gestoßen bin.

Im Moment sieht mein – vorläufiger – Arbeitsablauf in etwa folgendermaßen aus:

  1. komplette Raw-Entwicklung in Farbe wie gewohnt
  2. Auswahl jener Fotos, die sich zur Umwandlung in Graustufen eignen
  3. Wahl und Anwendung eines der monochromen Lightroom-Presets
  4. Kontrastanpassung mittels Gradationskurve
  5. Farbverschiebungen im HSL-Panel
  6. Feintuning
  7. Zugabe eines Hauchs von Blau

Das alles passiert bei mir in Lightroom. Photoshop verwende ich für meine Naturfotos ohnehin nur selten und dann ausschließlich für Aufgaben, die Lightroom nicht beherrscht. Ein Beispiel dafür ist das Focus Stacking. Andere Programme zur Bildbearbeitung habe ich nicht im Einsatz und kann deshalb darüber auch nichts schreiben. Ich bin aber sehr sicher, dass es für jeden der nachfolgend aufgeführten Arbeitsschritte eine passende Entsprechung in den alternativen Programmen zur Bildbearbeitung gibt.

1. Raw-Entwicklung in Farbe

Zuerst kümmere ich mich überhaupt nicht darum, ob ich ein Foto möglicherweise später in Graustufen umwandeln möchte. Um ehrlich zu sein, meistens sehe ich der Raw-Datei noch gar nicht an, ob sie sich auch oder vielleicht gerade als Schwarz-Weiß-Foto gut machen würde. Also arbeite ich erst einmal komplett in Farbe und entwickle das Foto ganz so wie immer. Mein Ziel in diesem Schritt ist ein Farbbild, dass dem so nahe wie möglich kommt, was ich vor Ort gesehen, besser noch, was ich dort empfunden habe.

Lightroom bietet für diesen Zweck eine solche Vielzahl an Funktionen, dass ich hier unmöglich meine typische Vorgehensweise beschreiben kann. Ich gehe einfach mal davon aus, dass jeder, der sich an die Umwandlung in Graustufen herantrauen möchte, ohnehin schon seine eigene Art der „normalen“ Raw-Entwicklung in Farbe gefunden hat. Ansonsten gibt es dazu ja auch reichlich Bücher und Videos.

2. Fotoauswahl für die Umwandlung in Schwarz-Weiß

Wenn dann alle Fotos in ihrer endgültigen farbigen (!) Version fertig sind, schaue ich sie mir nun im Bibliotheks-Modul von Lightroom daraufhin an, ob ich mir eine monochrome Variante vorstellen könnte. Ist das bei einem Bild der Fall, dann lege ich eine virtuelle Kopie an und nehme diese durch Drücken der Taste >B< in die Schnellsammlung auf. Auf diese Weise bleiben die farbigen Fotos erhalten, und ich finde alle zur Umwandlung in Schwarz-Weiß vorgesehenen Bilder in der Schnellsammlung hübsch übersichtlich an einer Stelle.

Natürlich kann dieser zweite Schritt sofort nach dem ersten oder beliebig später erfolgen. Meistens lasse ich mir damit ein wenig Zeit, da ich die Erfahrung gemacht habe, dass mein Blick auf die Fotos etwas objektiver wird, wenn zwischen ihrer Entstehung und einer eventuellen Schwarz-Weiß-Umwandlung ein paar Tage ins Land gehen. Es scheint so zu sein, dass mir eine monochrome Bearbeitung, die ja von Haus aus immer auch etwas spürbar Abstrakteres hat, besser von der Hand geht, wenn ich mich gedanklich und emotional ein wenig von der Aufnahmesituation gelöst habe.

3. Wahl und Anwendung eines der monochromen Lightroom-Presets

Da ich noch ziemlich am Anfang stehe, was die Umwandlung in Graustufen betrifft, kommen mir die Presets, die Lightroom für diese Aufgabe bereithält, ganz gelegen. Ich muss mit der Maus nur eines nach dem anderen ansteuern (ohne Klick) und sehe dann sofort, wie mein Foto in Schwarz-Weiß aussähe, wenn ich dieses Preset wählte. Habe ich mich dann für eines entschieden, kann ich noch per Schieberegler einstellen, wie stark es auf das Bild angewandt werden soll. Falls mir keines der Presets gefällt, dann geht’s gleich weiter mit Schritt 4.

Später werde ich, genau wie ich es bei der Farbentwicklung längst gemacht habe, vermutlich auf die Nutzung der Lightroom-Presets verzichten. Im Moment helfen sie mir aber dabei, ein Gefühl für die verschiedenen Möglichkeiten der Umwandlung zu entwickeln.

Allerdings sind sie bei mir auch heute schon immer nur der Startpunkt für die anschließende weitere Bearbeitung eines Fotos. Einfach nur Preset drauf und fertig, das hieße dann doch etwas zu sehr nach Schema F zu arbeiten. Schließlich sind die Bilder ja alle unterschiedlich, und so wollen sie auch behandelt werden.

4. Kontrastanpassung mittels Gradationskurve

Vielleicht ist ja meine Vorliebe für ziemlich starke Kontraste bei der Umwandlung in Graustufen die schwarz-weiße Entsprechung meiner üblicherweise recht farbenkräftigen Fotos. Meistens gefällt es mir jedoch nicht so gut, einfach nur den Kontrastregler hochzuziehen. Viel lieber nutze ich die Gradationskurve zu diesem Zweck. In der Regel verpasse ich der Kurve den typischen S-förmigen Verlauf, der zu einem deutlich kontrastreicheren Foto führt. Gefällt mir das Ergebnis dann immer noch nicht, verbiege ich die Kurve eben so lange, bis ich zufrieden bin.

Das alles hängt aber selbstverständlich stark von dem jeweiligen Foto ab. So kommt es durchaus auch manchmal vor, dass ich den Kontrast nicht erhöhe oder sogar reduziere. Letztlich ist das alles – wie stets in der Fotografie – im Wesentlichen eine Frage des Geschmacks.

5. Farbverschiebung im HSL-Panel

Vielleicht klingt es merkwürdig, da wir ja inzwischen bei einem reinen Schwarz-Weiß-Bild sind, aber dennoch haben die Farbregler im HSL-Panel (das jetzt nach der Umwandlung in Graustufen allerdings SW-Panel heißt) einen nicht unerheblichen Einfluss auf das Aussehen des Bildes. Wurde in Schritt 3 ein Preset angewandt, dann haben die meisten Regler ihre neutrale Stellung bereits verlassen. Es ist aber selbstverständlich möglich, sie manuell noch zu verschieben und dadurch das Foto dem eigenen Geschmack weiter anzupassen. Es lässt sich hier für jede Farbe einzeln einstellen, ob sie in ein helleres oder ein dunkleres Grau umgewandelt wird. So kann ich zum Beispiel mit Hilfe des Blau-Reglers den Himmel aufhellen oder abdunkeln.

Dabei gehe ich meist recht behutsam vor, vor allem, wenn ich zuvor bereits ein Preset verwendet habe. Ansonsten bietet das HSL/SW-Panel eine ausgesprochen gute Möglichkeit, das fertige Bild in Richtung meiner eigenen ästhetischen Vorstellungen zu beeinflussen. Da ich sofort sehe, welche Auswirkungen das Verschieben eines jeden Farbreglers hat, kann ich hier sehr intuitiv arbeiten.

6. Feintuning

Nun ist mein Schwarz-Weiß-Bild schon weitgehend fertig. Alles, was jetzt noch kommt, ist nicht mehr als Feintuning. Praktisch jeder Regler, den Lightroom bereithält, lässt sich dafür verwenden. Es würde auch an dieser Stelle wieder zu weit führen, hier alle Möglichkeiten aufzulisten. In den meisten Fällen bewirken die Regler ohnehin auch bei einem monochromen Bild genau jene Änderungen, die man von der Entwicklung farbiger Fotos schon kennt. Im Zweifel gilt wie immer: einfach ausprobieren.

7. ein Hauch von Blau

Ganz zum Schluss verpasse ich dem ansonsten fertigen Schwarz-Weiß-Bild noch den Hauch einer Blaufärbung. Das mit dem Hauch meine ich nahezu wörtlich. Die minimale blaue Einfärbung darf keinesfalls sofort erkennbar sein. Dennoch macht es im direkten Vergleich einen nicht unerheblichen Unterschied, ob mein Bild wirklich ausschließlich aus Grautönen besteht, oder ob ich ihm diese winzige Spur Blau mitgegeben habe. Der Effekt ist wirklich verblüffend.

Erzielen lässt er sich ganz einfach im Color Grading Panel. Ich wähle ein mittleres Blau aus, das ich dann global auf das gesamte Bild anwende. Die Sättigung stelle ich dabei extrem niedrig ein und erziele auf diese Weise genau jenen Hauch von Blau, auf den es mir ankommt. Fertig. Alternativ böte sich auch eine leichte Sepia-Färbung an. Sie dürfte die bekanntere Variante sein, da sie häufiger und dann meist ziemlich übertrieben angewandt wird, um Fotos eine altmodische Anmutung zu verleihen. Mir gefällt ein sehr dezentes Blau jedoch um Längen besser.

Wie wird mein Flirt mit Schwarz-Weiß weitergehen?

Da mir die Umwandlung geeigneter Fotos in Graustufen eine Menge Freude macht und ich das eine oder andere Schwarz-Weiß-Foto auch schon ganz gelungen finde, werde ich da sicher dranbleiben. Allerdings möchte ich in Zukunft immer mal wieder auch eine weitere Möglichkeit nutzen:

Ich kann meine Kamera so einstellen, dass sie mir bereits im Sucher bzw. auf dem Monitor das Bild in Graustufen anzeigt. Bisher habe ich in der Praxis noch keinen Gebrauch davon gemacht. Der Vorteil wäre, dass ich schon beim Fotografieren sehen könnte, wie mein Motiv in Schwarz-Weiß wirkt. Da ich meine Bilder als Raw-Dateien abspeichere, blieben alle Farbinformationen ja dennoch enthalten. Ich hätte also die Möglichkeit, quasi in Schwarz-Weiß zu fotografieren und könnte mich hinterher doch noch für die farbige Variante entscheiden.

Meine Hoffnung ist, dass ich durch diese Vorgehensweise nach und nach ein Gespür für solche Motive und Lichtsituationen bekomme, die sich gut oder sogar besser für monochrome Aufnahmen eignen. Ich denke, es könnte meine Freude an Schwarz-Weiß-Fotos noch einmal beträchtlich steigern, wenn ich sie praktisch schon vor Ort plante und nicht erst im Nachhinein und dadurch eher zufällig zustande brächte. Und genau darum geht es doch letztlich – um die Freude an unserem Hobby Fotografie.

Interessiert euch das Thema Schwarz-Weiß-Fotografie? Versucht ihr euch vielleicht sogar selbst darin? Da ich noch in der Experimentierphase stecke, würde mich eure Vorgehensweise natürlich sehr interessieren. Was macht ihr anders als ich – und warum? Lasst es mich bitte gerne in den Kommentaren wissen.

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