Wie ich Tiere im Zoo fotografiere

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Tipps & Tricks

Ein echter Tierfotograf kämpft sich tagelang allein durch die Wildnis. Die letzten Meter zu seinen scheuen Motiven legt er auf Höhe der Grasnarbe robbend im Tarnanzug zurück, das schwere 600er Tele im Anschlag. Am Ziel angekommen wartet er stundenlang und Myriaden von Mücken tapfer trotzend bewegungslos auf den richtigen Augenblick für das ultimative Foto. In seiner tiefsten Seele ist er ein Jäger mit der Kamera. Darum zieht er den englischen Begriff „Wildlife Photographer“ dem schlichten deutschen „Tierfotograf“ auch vor. Nie, nie, nie wird man ihn in einem Zoo finden. Allein bei dem Wort „Zoofotografie“ schaudert es ihn.

Nun, vermutlich wird aus mir wohl nie so ein beinharter Foto-Großwildjäger werden. Hier und jetzt oute ich mich: Ja, ich fotografiere tatsächlich immer wieder gerne und voller Begeisterung im Zoo. Und es ist mir herzlich egal, was „echte“ Tierfotografen davon halten. Keineswegs gleichgültig ist es mir hingegen zu wissen, dass einige Tierschützer die ethische Vertretbarkeit der Zootierhaltung generell verneinen. Auch wenn ich gerne zugebe, dass ich ziemlich viel Sympathie hege für Menschen, die sich ernsthafte Gedanken um das Wohlergehen von Tieren machen, teile ich diese Auffassung jedoch nicht. Bei Einhaltung der folgenden Punkte sind aus meiner Sicht die Zoohaltung und damit letztlich auch die Zoofotografie akzeptabel:

  • Der Zoo legt größten Wert auf eine artgerechte Tierhaltung.
  • Er verzichtet auf Tiere, die in Gefangenschaft nicht artgerecht gehalten werden können.
  • Den Tieren geht es erkennbar gut.

Zugegeben, ich bin sicher nicht Fachmann genug, um die Qualität der Haltung oder den Zustand der Tiere stets verlässlich beurteilen zu können. Da mir diese Punkte aber ausgesprochen wichtig sind, recherchiere ich stets ausführlich, bevor ich einen Zoo besuche. Fast immer lassen sich dadurch Tierparks mit zweifelhaften Haltungsbedingungen schon von vornherein aussortieren.

Will mich da etwa jemand beim Hausputz stören?

Zum Glück muss ich hier kaum abwägen zwischen meinen Wünschen als Fotograf auf der einen und dem Wohl der Tiere auf der anderen Seite. Nebenbei bemerkt: Müsste ich es doch, wäre die Sache für mich klar. Selbstverständlich ist ein Foto es niemals wert, dafür das Leid von Tieren in Kauf zu nehmen.

In der Praxis decken sich die Bedürfnisse vieler Zoobewohner nach großen, abwechslungsreichen Gehegen mit Rückzugsmöglichkeiten durchaus mit meiner Vorstellung von gelungener Zoofotografie. Nur unter tatsächlich sehr sorgsam auf die Ansprüche der Tiere zugeschnittenen Haltungsbedingungen habe ich die Chance auf Fotos, in denen sie ihre natürlichen Verhaltensweisen zeigen.

Diese Höhle ist schon fertig….
…während man hier noch kräftig mit dem Bau beschäftigt ist.

Die wichtigste Zutat in der Zoofotografie

Man könnte vielleicht glauben, im Zoo käme man mit Leichtigkeit und in kürzester Zeit zu gelungenen Aufnahmen. Anders als in der freien Natur muss man die Tiere hier ja nicht erst mühsam suchen, und fort laufen sie schließlich auch nicht. Man kann also bequem von Gehege zu Gehege spazieren und dabei überall fast im Vorbeigehen ein paar Fotos machen. Auf diese Weise sollte es doch wohl mühelos gelingen, den Großteil der im Zoo lebenden Tierarten innerhalb eines halben Tages auf den Sensor zu bannen. Genügend Zeit für Kaffee und Kuchen im Zoorestaurant dürfte da sicherlich auch noch bleiben.

Habe ich schon einmal erwähnt, dass ich ein ziemlich langsamer Fotograf bin? Ach tatsächlich, das habe ich? Na, dann könnt ihr euch ja sicher denken, dass bei mir die Sache ein wenig anders abläuft. Die mit Abstand wichtigste Zutat meiner Zoofotografie ist schlicht und einfach die Zeit, die ich bereit bin, darauf zu verwenden. Mit einem Besuch ist es da keinesfalls getan. Im Grunde wäre es wohl sogar am besten, wenn ich beim ersten Besuch eines Tierparks meine Kamera zu Hause ließe, um erst einmal den Zoo insgesamt, die einzelnen Gehege und die dort lebenden Tiere ein wenig kennenzulernen. Natürlich nehme ich die Kamera dann vorsichtshalber doch mit. Man weiß ja nie…

Wirklich Freude macht mir die Zoofotografie jedenfalls nur dann, wenn ich mir richtig viel Zeit dafür nehme. Ich spreche hier nicht von einem etwas längeren Besuch, auch nicht von zweien. Die Rede ist von einer Jahreskarte, die ich dann wirklich ausgiebig und so lange nutze, bis mich die Tiere beim Vornamen kennen und freundlich begrüßen. Glaubt ihr nicht? Na, dann schaut euch doch einmal das Foto unten an.

High Five für den Fotografen

Am besten geht das natürlich in einem Zoo in meiner Nähe, den ich ohne großen Aufwand immer wieder besuchen kann. Die Möglichkeit, quasi beliebig viel Zeit bei den verschiedenen Tieren zu verbringen, ihr Verhalten in Ruhe zu beobachten, dabei bestimmte, wiederkehrende Muster zu erkennen, das alles ergibt letztlich fast zwangsläufig Fotos, die bei einem einzigen Zoobesuch kaum möglich wären. Hier unterscheidet sich die Tierfotografie im Zoo gar nicht so sehr von jener in der freien Natur: Je besser man die Tiere und ihre Verhaltensmuster kennt, desto leichter ist es, ordentliche Fotos zu machen. Etwas Glück gehört sicher dazu. Es hilft aber, dem Glück auch eine Chance zu geben. Je öfter ich ein Gehege besuche und je länger ich dort verweile, desto größer ist nun einmal die Wahrscheinlichkeit, einen besonderen Moment einfangen zu können.

Es kann deshalb auch durchaus mal vorkommen, dass ich bei einem meiner Besuche nur eine oder zwei Tierarten aufsuche. Vielleicht, weil ich das Gefühl habe, dass dort bald etwas Spannendes passieren könnte. Nicht immer liege ich damit richtig. Was soll’s, komme ich eben ein andermal wieder. Vielleicht habe ich dann ja mehr Glück. Genau diese ausgesprochen entspannte Herangehensweise ist es, die ich an der Zoofotografie schätzen gelernt habe.

Nun nimm mal die Kamera weg und lass mich in Ruhe mampfen…
…oder muss ich erst grantig werden?

Idealerweise wähle ich für meine Zoobesuche nicht gerade das Wochenende. Weitaus lieber sind mir die ruhigeren Zeiten. Die Tiere haben sich an den großen Andrang zwar gewöhnt und kümmern sich kaum darum, aber mir fällt es inmitten von Besuchermassen meist nicht so ganz leicht, mich auf meine Motive und eine bewusste Bildgestaltung zu konzentrieren. Außerdem finde ich es nur mäßig erstrebenswert, mich den mitleidigen Blicken jener Zoobesucher auszusetzen, die sich fragen, welche Substanzen dieser Typ wohl genommen hat, der sich da vor aller Augen mit seiner Kamera am Boden wälzt. Ich kann ja nicht jedes Mal erklären, wie wichtig eine Perspektive auf Augenhöhe für gute Tieraufnahmen ist.

Es wäre auch ein Fehler, den Zoo ausschließlich an warmen und sonnigen Tagen aufzusuchen. Weniger schönes Wetter verspricht meist sogar die besseren Chancen auf ein weitgehend ungestörtes Fotovergnügen. Nicht nur, dass an bewölkten oder gar regnerischen Tagen viel weniger Besucher kommen. Ein bedeckter Himmel wirkt praktisch wie eine große Softbox, deren kleinere Gegenstücke People-Fotografen gerne verwenden, um hässliche Schlagschatten in ihren Porträts zu vermeiden. Diesen Effekt kann man sich natürlich auch in der Tierfotografie wunderbar zunutze machen. Viele Tiere sind zudem bei etwas kühlerem Wetter spürbar agiler, was wiederum den Fotos meistens recht gut bekommt.

Der Erwerb einer Jahreskarte hat noch einen weiteren Vorteil: Er verleitet mich dazu, den Zoo über volle zwölf Monate immer wieder zu besuchen. So erlebe ich die Tiere zu allen Jahreszeiten. Man glaubt kaum, wie sehr sich das Verhalten vieler Tiere in der eisigen Kälte des Winters von jenem unterscheidet, dass sie bei sommerlichen Temperaturen an den Tag legen. Die drei Fotos unten sind z.B. im Winter entstanden, an einem ebenso frostigen wie sonnigen Tag.

„Bergidyll“ im Winter
Kannst ruhig rauskommen. Die Sonne wird uns den Pelz schon wärmen.
So sieht ein zufriedener Präriehund aus, der sein winterliches Sonnenbad so richtig genießt.

Welche Objektive ich im Zoo einsetze

Da die Tiergehege in ihrer Größe sehr unterschiedlich sind, ist ein Zoomobjektiv hier definitiv die bessere Wahl. Ich verwende für die meisten meiner Fotos im Zoo mein 40-150er-Telezoom (der Bildwinkel entspricht 80-300mm an einer Kleinbildkamera).

Wenn ich keinen Fotorucksack mitnehmen möchte, und das will ich im Zoo fast nie, dann belasse ich es bei dieser Minimalausrüstung, mit der ich aber dennoch für beinahe alle Fälle gerüstet bin. Nur bei sehr neugierigen Tieren oder Übersichtsaufnahmen kann es schon mal vorkommen, dass eine kleinere Brennweite geeigneter wäre. Aber dann müsste ich erst das Objektiv wechseln. Wer weiß, ob die Situation anschließend noch gegeben wäre, die mich zu meinem kürzeren Zoom mit 12-40mm (24-80 KB) hat greifen lassen. Hin und wieder käme mir auch mein 300er Tele (600 KB) gelegen, vor allem für Porträts etwas weiter entfernt stehender Tiere. Auch hier ergäbe sich natürlich wieder das Problem mit der für den Objektivwechsel benötigten Zeit.

Der Präriehund von Welt mümmelt sein Futter höchst manierlich.
Zwei, die sich offenbar mögen

In der Praxis handhabe ich es deshalb eher so, dass ich mich für eines dieser drei Objektive entscheide. Damit mache ich mich dann auf meinen Rundgang und konzentriere mich ganz auf jene Motive, die in das fotografische „Beuteschema“ meiner aktuell gewählten Linse passen. Falls der Zoo über Schließfächer verfügt, parke ich die anderen Objektive dort. So kann ich vor einem eventuellen zweiten Rundgang eine andere Optik ansetzen und mich dann wiederum auf die dafür geeigneten Motive konzentrieren. Gibt es hingegen keine Schließfächer, dann verwende ich eben pro Besuch nur ein Objektiv. Kein Problem, ich komme ja wieder.

Manch einer von euch wird jetzt vermutlich denken: Meine Güte, wie stellt der sich an. Warum schnallt er sich nicht einfach seinen Fotorucksack mit allen Linsen, die er vielleicht brauchen könnte, auf den Rücken? Dann wäre er doch für alle Fälle gerüstet. Hin und wieder das Objektiv zu wechseln, kann ja wohl nicht das große Problem sein. Gerade im Zoo laufen einem die Motive doch meistens nicht davon.

Nun, was soll ich dazu sagen? Habe ich schon einmal erwähnt, dass ich nicht nur ein sehr langsamer Fotograf bin, sondern auch einer, der es sich gerne so bequem wie eben möglich macht?

„Goldiger“ Präriehund dank Abendsonne

Zu meiner Ehrenrettung muss ich aber doch ergänzen, dass ich diese freiwillige Beschränkung auf jeweils nur ein Objektiv (wenn auch meist eines mit recht großem Zoombereich) nicht allein aus Gründen der Bequemlichkeit wähle. Mir hilft das schlicht und einfach dabei, geeignete Motive nicht nur zu sehen, sondern auch wirklich wahrzunehmen. So richtig erklären kann ich das nicht. Es fühlt sich ein wenig so an, als veränderte sich mein Blick in Abhängigkeit von dem Objektiv, dass ich an meine Kamera geschraubt habe. Ich weiß, das klingt irgendwie schräg, aber ich versichere an dieser Stelle noch einmal, dass keine bewusstseinserweiternden Substanzen im Spiel sind.

Bereits für kleine Schwarzschwanz-Präriehunde gilt: Nur echt mit der schwarzen Schwanzspitze.
Fressen ist schon etwas Feines…
…aber nach Herzenslust herumzutollen macht doch den allermeisten Spaß.

Welche Kameraeinstellungen ich im Zoo verwende

Beginnen wir mit der Blende: Im Zoo wird es in den allermeisten Fällen mein Ziel sein, die Tiere vor dem ja nicht immer sehr fotogenen Hintergrund (Gehegezaun, Zoogebäude, Besucherwege etc.) so weit wie möglich freizustellen. Dafür benötige ich eine große Blende. Da alle meine Objektive auch bei der jeweils größten Blende bereits tadellose Aufnahmen liefern, ist die auch meine übliche Wahl im Zoo. Will ich doch einmal etwas mehr Schärfentiefe, dann stelle ich manuell eine entsprechend kleinere Blende ein. Die Wirkung prüfe ich mittels Schärfentiefe-Vorschau.

Kommen wir zur Belichtungszeit. Auf den ersten Blick spricht vielleicht manches dafür, sich im Zoo auf die Zeitautomatik zu verlassen. Schließlich stehen viele Tiere im hellen Sonnenlicht, andere halten sich im Schatten auf und einige finden sich gar in eher dunklen Innenräumen. Das ist ja eigentlich die klassische Situation für Blendenvoreinstellung kombiniert mit der Zeitautomatik. Das Problem dabei ist nur, dass sich viele Tiere bewegen, manche sogar ganz schön schnell. Da kann ich es kaum der Kamera überlassen, die Belichtungszeit festzulegen. Nein, nein, darum muss ich mich schon selbst kümmern. Ich wähle deshalb die Belichtungszeit manuell je nach der Bewegungsintensität der Tiere.

Alles in allem bietet mir im Zoo die manuelle Einstellung „M“ die besten Möglichkeiten, weil nur sie die notwendige Kontrolle ermöglicht. Mit der Blende lege ich die Schärfentiefe fest. Die jeweils passend ausgewählte Belichtungszeit sorgt dafür, Bewegungsunschärfen zu vermeiden, was ich durchaus nicht immer, aber doch meistens anstrebe.

Es geht doch nichts über ein gemütliches Picknick auf der Penthouse-Terrasse.

Ganz ohne Automatik muss ich aber dennoch nicht auskommen. Da ich mich bei der Wahl von Blende und Belichtungszeit vorrangig um das Thema „Schärfe“ gekümmert habe, bleibt ja nur noch die ISO, um letztlich zu einem korrekt belichteten Bild zu kommen. Diese Aufgabe überlasse ich dann in aller Regel der ISO-Automatik. Sie macht das ganz wunderbar. Bis zu einer ISO von 1600 habe ich überhaupt keine Bedenken wegen der Bildqualität und lasse einfach meine Automatik frei schalten und walten. Erst bei ISO-Werten von 3200 oder gar 6400 werde ich vorsichtig. Da besteht bei meiner Kamera die Gefahr von störendem Bildrauschen. Ich stelle deshalb meine ISO-Automatik so ein, dass sie von sich aus nicht über ISO 1600 hinausgeht. Sollte das einmal nicht reichen, dann entscheide ich lieber selbst, wie ich damit umgehe. Vielleicht nehme ich tatsächlich eine höhere ISO in Kauf, vielleicht komme ich aber auch lieber ein andermal bei besseren Lichtbedingungen zurück oder verzichte eben ganz auf das Foto. Einen Blitz verwende ich in der Zoofotografie hingegen nicht. Einerseits bin ich mir unsicher, welche Tiere sich dadurch belästigt fühlen könnten, und andererseits gefallen mir Blitzfotos in der Tierfotografie ohnehin nur sehr selten.

Ansonsten fotografiere ich im Zoo mit genau den Einstellungen, die ich auch in der freien Natur für die Tierfotografie verwende: Speicherung im Raw-Format, kontinuierlicher Autofokus, Serienbildmodus und Weißabgleich auf 5500 Kelvin. Letzteren passe ich dann ggf. in der Nachbearbeitung an.

Nahezu alles über meine typischen Kameraeinstellungen habe ich übrigens in diesem Blogbeitrag schon einmal ausführlich beschrieben.

kleiner Ausblick

Heute wollte ich euch erst einmal meine generelle Herangehensweise an die Zoofotografie vorstellen. Meine ganz speziellen Freunde aus dem Naturzoo Rheine, die Schwarzschwanz-Präriehunde, haben mich dabei unterstützt, diesen vielleicht in Teilen etwas techniklastigen Beitrag hoffentlich ein wenig unterhaltsamer zu gestalten. Ich jedenfalls werde es ganz sicher niemals leid, diese putzigen kleinen Kerlchen bei ihrem geschäftigen Treiben zu beobachten und zu fotografieren. Ihre tierischen Nachbarn in diesem eher kleinen, aber gerade für Fotografen wirklich sehr feinen Zoo werde ich euch hier selbstverständlich demnächst auch einmal ausführlich vorstellen.


Wie ist eure Meinung zur Zoofotografie? Habt ihr vielleicht selbst Freude daran? Oder käme diese Art von Tierfotografie für euch keinesfalls infrage? Lasst mich eure Meinung gerne in den Kommentaren wissen.

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