Muss man Naturfotos nachbearbeiten?

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Tipps & Tricks

Die Frage im Titel des heutigen Blogbeitrags ist natürlich ein wenig provokant. Es heißt ja immer, es brächte mehr Klicks, wenn schon die Überschrift ein wenig zum Widerspruch reizt. Na, ich werde mal sehen, ob das stimmt. Nun aber im Ernst: Selbstverständlich muss man Naturfotos nicht nachbearbeiten. Mit den eigenen Fotos darf schließlich jeder machen was immer er will. Von müssen kann da natürlich gar keine Rede sein. Die eigentliche Frage lautet eher: Lohnt es sich, seine Naturfotos selbst zu bearbeiten oder kann man sich diese Mühe getrost sparen? Meine Gedanken dazu habe ich im Folgenden einmal zusammengefasst und das Ganze dann mit ein paar Bildbeispielen illustriert.

Bild 1a – JPEG aus der Kamera
Bild 1b – eigene Nachbearbeitung

Geht es auch ganz ohne Nachbearbeitung?

Grundsätzlich gibt es keine unbearbeiteten Fotos. Alle digitalen Aufzeichnungen sind ja erst einmal nichts weiter als eine ziemlich große Menge kryptisch anmutender Daten. Unsereins kann damit erst dann etwas anfangen, wenn sie in ein Bild umgewandelt, also quasi übersetzt wurden. Entweder übernimmt unsere Kamera diese Aufgabe oder wir erledigen die Bearbeitung nachträglich selbst.

Bild 2a – JPEG aus der Kamera
Bild 2b – eigene Nachbearbeitung

Option 1 – Ich überlasse der Kamera die Nachbearbeitung

Ich kann es mir also durchaus bequem machen und alle Bearbeitungsschritte bis zum fertigen Bild der Kamera überlassen. In dem Fall liefert sie mir ein Foto im JPEG-Format, das ich dann sofort am Bildschirm betrachten, an Freunde weiterleiten und bei Bedarf jederzeit ausdrucken kann. Einfacher geht’s nicht, und deshalb nutzen wohl auch die allermeisten Hobbyfotografen diese unkomplizierte Möglichkeit.

Der Nachteil dabei: Obwohl es zum Glück für uns Fotografen unendlich viele Motive gibt, von denen praktisch keines dem anderen gleicht, arbeitet die kamerainterne Bildentwicklung immer ein wenig nach Schema F. Es ist somit vielleicht keine große Überraschung, dass die Ergebnisse zwar oft wirklich gut oder sogar sehr gut ausfallen, aber eben manchmal auch eher der Qualitätsstufe „geht so“ zuzuordnen sind. Die Entwicklung schreitet hier allerdings flott voran, so dass wir für die Zukunft wohl mit immer besseren JPEGs direkt aus der Kamera rechnen können.

Bild 3a – JPEG aus der Kamera
Bild 3b – eigene Nachbearbeitung

kleine Ergänzung, der Vollständigkeit halber

Tatsächlich lässt sich auch die interne Bildbearbeitung vieler Kameras über unzählige Menüpunkte und Untermenüpunkte individualisieren und extrem fein abstimmen. Allerdings habe ich den Eindruck, dass diese ganzen Optionen kaum jemand nutzt. Ich selbst habe auch keine Lust, mich vor jeder Aufnahme zusätzlich noch mit diesen ganzen Einstellmöglichkeiten zu befassen. Draußen in der Natur konzentriere ich mich lieber auf die Motive als auf meine Kamera.

Bild 4a – JPEG aus der Kamera
Bild 4b – eigene Nachbearbeitung

Option 2 – Ich übernehme die Nachbearbeitung selbst

Für diese Vorgehensweise habe ich mich entschieden. Meine Kamera ist also stets so eingestellt, dass sie meine Fotos als Raw-Dateien weitgehend unbearbeitet (eben raw = roh) abspeichert. Folglich komme ich um die Verwendung eines sogenannten Raw-Konverters nicht herum. So nennt man ein Programm, das die Ausgangsdaten in betrachtbare Bilder umwandelt und außerdem eine ganze Menge Werkzeuge zur Verfügung stellt, um diese Fotos dann in praktisch jeder erdenklichen Weise nach meinen Vorstellungen zu bearbeiten. Heller, dunkler, stärkerer Kontrast, anderer Weißabgleich und, und und – alles kein Problem.

Wirklich kein Problem? Nun ja, eine Weile einarbeiten musste ich mich in meinen Raw-Konverter schon. Ich arbeite seit Jahren mit Lightroom (wurde vor einiger Zeit in Lightroom Classic umbenannt). Früher gab es kaum eine Alternative, und inzwischen habe ich mich so sehr an dieses Programm gewöhnt, dass ich nur ungern wechseln würde. Dann ginge ja die ganze Einarbeiterei von vorne los.

Bild 5a – JPEG aus der Kamera
Bild 5b – eigene Nachbearbeitung

Die Funktionsweise eines Raw-Konverters erlernen, stundenlange Bildbearbeitung am Rechner, das klingt nicht nur nach recht viel Arbeit, das ist auch eine Menge Arbeit. Wenn man sich dazu entschließt, dann sollte man schon recht gute Gründe dafür haben. Meine habe ich nachfolgend mal aufgelistet:

Warum ich meine Fotos selbst bearbeite

  • Vielleicht ist es reines Wunschdenken, aber ich bilde mir gerne ein, doch noch ein wenig mehr aus den Bildern herausholen zu können als ein seelenloser Algorithmus.
  • Meine Kamera kann nicht wissen, welche Aussagen oder welche Emotionen ich mit einem Foto vermitteln möchte. Wie also sollte sie meine Bilder in einer Weise bearbeiten, dass genau diese Aussagen oder Emotionen unterstützt werden.
  • Die Nachbearbeitung ist für mich tatsächlich ein wesentlicher Teil meiner Freude an der Fotografie. Ich empfinde es einfach als sehr befriedigend, ein Foto selbst zu entwickeln und zu erleben, wie ich dabei meinem Wunschergebnis Schritt für Schritt immer näher komme.
Bild 6a – JPEG aus der Kamera
Bild 6b – eigene Nachbearbeitung

Lohnt sich die Mühe der Nachbearbeitung wirklich?

Auch wenn ich finde, dass die genannten Argumente schon dafür sprechen, meine Fotos selbst zu bearbeiten, stellt sich natürlich dennoch die Frage, ob ich dadurch andere, im Idealfall erkennbar bessere Bilder erhalte. Man kann sich in solchen Fällen ja auch leicht einmal etwas einreden. Meine Mutter sagte immer: „Einbildung ist auch eine Bildung.“

Da ich wohl mit Recht davon ausgehe, dass viele Besucher des Glaslinsenspiels selbst fotografieren, habe ich mir gedacht, es wäre vielleicht ganz interessant, mal einige meiner Bilder sowohl als JPEG aus der Kamera wie auch in meiner selbst bearbeiteten Version zu zeigen. Ich habe bei der Auswahl der Fotos versucht, die typischen Fälle abzudecken. Es sind also Bilder dabei, wo sich die beiden Versionen fast gar nicht unterscheiden, aber auch solche mit deutlich bis sehr deutlich ins Auge fallenden Abweichungen. Welche Version euch dann jeweils besser gefällt, könnt ihr ja dann selbst entscheiden.

Bild 7a – JPEG aus der Kamera
Bild 7b – eigene Nachbearbeitung

Und wie lautet das Fazit? Lohnt sich die Mühe der eigenen Bearbeitung oder kann man sich die Zeit getrost sparen? Nun, ich kann hier keine allgemeingültige Antwort geben. Ich denke, wir können uns darauf verständigen, dass man meistens – aber längst nicht immer – in der eigenen Nachbearbeitung ein wenig mehr aus den Fotos herauskitzeln kann. Aber ich sollte hier vielleicht ein wenig vorsichtiger sein mit meiner Einschätzung. Alles hängt ja nicht zuletzt auch davon ab, wie virtuos man mit Lightroom und Co. umzugehen in der Lage ist. Da mag manch einer vielleicht deutlich bessere oder während der Einarbeitung auch erst einmal weniger gute Ergebnisse erzielen. Ein weiterer Einflussfaktor sind auf jeden Fall die Aufnahmebedingungen. Generell gilt wohl: Je schwieriger und je ungewöhnlicher die sind, desto mehr lohnt es sich, Raw-Bilder zu machen und diese dann selbst zu bearbeiten.

Bild 8a – JPEG aus der Kamera
Bild 8b – eigene Nachbearbeitung

Ein paar Worte zur Durchführung des Vergleichs

Leider blieb mir wegen akuter Rückenprobleme nur wenig Zeit für diesen Vergleich, und ich konnte letztlich bei Weitem nicht so viele Fotos machen, wie ich ursprünglich geplant hatte. Für ein paar Bilder „rund um den Schornstein“ hat es dann zum Glück aber doch noch gereicht. Vielleicht nicht gerade meine besten Fotos, aber unter den genannten Umständen war einfach nicht mehr drin. Ich denke dennoch, dass sie ihren (Vergleichs-)Zweck durchaus erfüllen.

Ausnahmsweise hatte ich dafür die Kamera so eingestellt, dass sie meine Fotos sowohl im JPEG- wie auch im Raw-Format abgespeichert hat. Die Raw-Bilder habe ich dann selbst bearbeitet, die JPEGs hingegen genau so belassen, wie sie aus der Kamera kamen. Um eine vernünftige Vergleichbarkeit zu gewährleisten, erschien es mir am plausibelsten, hier auf jegliches „Tuning“ der JPEGs (s.o.) zu verzichten. Also habe ich den Bildstil „natürlich“ ausgewählt (einer musste es ja sein) und ganz entgegen meinen sonstigen Gepflogenheiten den automatischen Weißabgleich eingeschaltet. Ich habe mir die JPEGs übrigens vor dem Bearbeiten der Raws nicht angeschaut, um mich da in keiner Weise beeinflussen zu lassen.

Zum Hochladen ins Glaslinsenspiel wurden dann alle Fotos mit ganz genau jenen Einstellungen auf vernünftige Dateigrößen „geschrumpft“, die ich hier immer nutze. Das muss nun einmal sein, denn übergroße Bilddateien führen zu langen Ladezeiten (schlecht für euch) und beanspruchen unnötig viel teuren Speicher bei meinem Webhost (schlecht für mich).

Bild 9a – JPEG aus der Kamera
Bild 9b – eigene Nachbearbeitung

Wie seht ihr die Sache? Lohnt sich der Aufwand, die Bilder selbst zu bearbeiten? Und wie haltet ihr es bei euren Fotos?

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