Naturfotografie am Waldrand

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Schmökern

Heute möchte ich mich einmal mit einem reizvollen Randthema der Fotografie befassen. Wenn ich hier von „Randthema“ spreche, dann meine ich das ganz wörtlich. Es geht nämlich um das Fotografieren am Waldrand. Immer wieder stelle ich fest, dass sich besonders viele lohnende Motive da finden lassen, wo der Wald endet, die Monotonie landwirtschaftlicher Flächen aber noch nicht beginnt. Dieser meist recht schmale Streifen mehr oder weniger natürlicher Vegetation ist nicht selten ein kleines Paradies der Artenvielfalt. Ich bin zwar weder Botaniker noch Zoologe und deshalb oft leider gar nicht in der Lage zu bestimmen, auf welche Pflanzen, Insekten usw. ich dort treffe, aber die reine Vielfalt fasziniert mich. Da kann ich dann gar nicht anders, als zur Kamera zu greifen.

In diesem Artikel soll es dabei einmal nicht um die üblichen Verdächtigen wie z.B. Damwild oder Rehe gehen, die sich gerade in der Dämmerung oft am Waldrand beobachten und fotografieren lassen. Nein, heute möchte ich den Blick auf die kleinen Vertreter unserer Fauna lenken, die man meistens übersieht oder für Fotos gar nicht erst in Betracht zieht, weil sie vielleicht weniger spektakulär erscheinen.

Meine Oma sagte immer: „Wer den Pfennig nicht ehrt, ist des Talers nicht wert.“ In der Naturfotografie könnte man das vielleicht abwandeln zu „Wer den Käfer nicht (mit einem Foto) ehrt, der ist des (hier bitte ein persönliches Wunschmotiv einsetzen) nicht wert“. Warum also nicht hier und da ein Stündchen abzweigen und auf die fotografische Jagd nach den nicht so populären, aber keineswegs weniger lohnenden Motiven gehen? Der Waldrand erweist sich dafür fast immer als ein gutes Revier.

Gehäuseschnecke an einer Blume
Schnecken fotografiere ich gerne. Selbst in meinem Alter überfordert mich ihr Tempo selten.
Gehäuseschnecke zwischen Halmen
Schneckenakrobatik

Da ich nur wenige Hundert Meter vom Teutoburger Wald entfernt wohne, habe ich ein ausgezeichnetes Revier für Waldrandfotos praktischerweise direkt vor der Haustür. Die Fotos in diesem Blogbeitrag sind allerdings im Rahmen eines Besuchs des Nationalparks Hainich in Thüringen entstanden. Allen, die ihn noch nicht kennen, kann ich den Hainich wirklich empfehlen. Seine in Teilen recht unberührte und vielfältige Natur lässt sich auf gut gekennzeichneten Wegen leicht erwandern. Motive für Naturfotografen bieten sich in diesem Waldgebiet mehr als reichlich. Als sehr wohltuend empfinde ich, dass der Hainich in aller Regel abseits des beliebten Baumkronenpfads bei Bad Langensalza nicht überlaufen ist. Wer Lust auf mehr als nur Natur hat, ist zudem in Nullkommanichts in Eisenach mit der berühmten Wartburg. Auch Gotha, Erfurt und Weimar sind schnell erreicht.

Im letzten Jahr habe ich dort wieder einmal ein paar Tage verbracht. Idealerweise lag meine Unterkunft fast unmittelbar am Nationalpark, so dass ich ohne lange An- und Abfahrten die Tage größtenteils für Wanderungen durch den Hainich nutzen und dabei fleißig fotografieren konnte. Die dabei entstandenen Bilder werde ich sicher später einmal in einem eigenen Blogbeitrag zeigen.

Heute möchte ich, wie gesagt, auf etwas anderes hinaus: Unweit meines Feriendomizils gab es einen hübschen, wenig begangenen Weg am Waldrand. Wenn ich vom Wandern nicht allzu müde war, bot es sich an, abends die Zeit vor Einbruch der Dunkelheit für ein paar weitere Fotos zu nutzen. So habe ich dort an zwei Abenden noch jeweils für etwa ein Stündchen fotografiert. Nur um diese „Waldrandbilder“, also quasi um den Beifang meiner Fototage im Hainich, soll es hier gehen.

Beerenwanze an Halm
Eine Wanze, so viel ist klar. Vielleicht eine Beerenwanze? Ich bin mir nicht sicher.
Streifenwanzen paaren sich
antagonistische Paarung bei den Streifenwanzen

Alle Bilder dieses Beitrags habe ich auf einer Weglänge von wenigen Hundert Metern gemacht. In solchen Fällen stelle ich immer wieder fest, welch immensen Einfluss mein eigenes Tempo darauf hat, was ich links und rechts von mir überhaupt wahrnehme. Gerade die kleinen, bei flüchtigem Blick eher unscheinbaren Motive übersehe ich oft schon bei normaler Wandergeschwindigkeit. Erst wenn ich mir Zeit lasse, häufig stehenbleibe, mal ein paar Schritte zurückgehe, mich bücke oder hinknie finde ich sie. Dann springen sie mir oft sogar förmlich ins Auge und verblüffen mich nicht selten mit vorher nie wahrgenommenen Details.

Schwarzspanner in einer Wiese
Schwarzspanner inmitten einer Wiese
Schwarzspanner auf einer Blüte
Eifriger Teilnehmer des Kurses „Grimmig Schauen für Fortgeschrittene“

Zur Technik, die bei den Bildern zum Einsatz kam, ist nicht allzu viel zu sagen. Alle Fotos habe ich entweder mit meinem 60 mm Makroobjektiv oder dem 300er Tele gemacht. Zur Erinnerung: Ich fotografiere mit einer Olympus-Kamera im MFT-Format. Das heißt, diese Brennweiten sind in ihrer Telewirkung mit 120 bzw. 600mm im Kleinbildformat zu vergleichen.

Mit diesen beiden Objektiven bin ich bestens ausgestattet: Entweder kann ich ganz nah an die meist recht kleinen Motive herangehen (Makro) oder sie mir quasi heranholen (Tele) und so jederzeit zu formatfüllenden Bildern von Käfern & Co. gelangen. Allerdings ist das oft gar nicht meine Absicht. Nicht selten ziehe ich es vor, meine tierischen Motive in ihrem natürlichen Umfeld abzulichten. Zugegeben, solche Bilder sehen manchmal ein wenig unaufgeräumt aus. Sie entsprechen dann nicht unbedingt der klassischen Vorstellungen einer vor unscharfem Hintergrund freigestellten Tieraufnahme. Das stört mich aber gar nicht. Im Gegenteil. Schließlich ist es doch auch und gerade diese Unaufgeräumtheit, durch die sich die wenigen naturnahen Refugien, die uns noch geblieben sind, von den ansonsten meist alles beherrschenden Agrar- oder auch Betonwüsten unterscheiden.

Bachstelze im Gras
neugierige Bachstelze
Teichfrosch im Wasser
aufmerksamer Teichfrosch in seinem Element

Ein Stativ habe ich für die Fotos in diesem Beitrag nicht benutzt. Beim Fotografieren aus der Hand bin ich auf der Suche nach geeigneten Motiven einfach wesentlich flexibler. Die effektive Bildstabilisierung meiner Kamera, beim Tele sogar kombiniert mit jener des Objektivs, macht dies problemlos möglich.

wunderschöne rosa Blüte
Wenn sich mal kein tierisches Model blicken lässt, dann bleibt immer noch die Blümchen-Fotografie.

Meine Fotomotive sitzen häufig an Grashalmen oder Blumen, die im Wind schwanken. Es ist dann alles andere als einfach, sie überhaupt in der Schärfeebene zu halten. Reihenaufnahmen sind in solchen Fällen mein Mittel der Wahl. Da sind dann meistens inmitten von recht vielen unscharfen auch einige scharfe Aufnahmen dabei. Sinnvoll ist es zudem, kurze windstille Phasen, die sich immer wieder einmal zwischendurch ergeben, schnell für ein paar Fotos zu nutzen. Oftmals legt sich der Wind auch in den letzten Stunden des Abends. Das macht dann alles deutlich einfacher: Viele Insekten beruhigen sich und fliegen und krabbeln nicht mehr so hektisch umher. Das Licht wird stimmungsvoller. Neugierige Spaziergänger haben sich zurückgezogen zu Abendbrot und Fernsehkrimi. Die letzten noch hinreichend hellen Stunden des Tages sind deshalb meine bevorzugte Zeit für diese Art der Fotografie.

weißbindiges Wiesenvögelchen auf Blüte
Weißbindiges Wiesenvögelchen im Abendlicht
Bläuling in einer Wiese
Bläuling im Grünen
Bläuling an Stängel sitzend
Exemplar einer besonders hübschen Bläuling-Art

Das soll’s für heute gewesen sein. Vielleicht versteht der eine oder andere Naturfotograf unter euch diesen Blogbeitrag ja als kleinen Anstoß, selbst einmal bewusst sein Tempo zu drosseln und auf die vielen, nur im ersten Moment unscheinbaren Motive am Weg zu achten. Ich finde, es lohnt sich fast immer. Ganz besonders gilt das aber für jene kleinen Refugien der Artenvielfalt, wie man sie häufig am Waldrand vorfindet. Da trifft es sich doch ausgezeichnet, dass wohl nahezu jeder Naturfotograf ein solches Habitat in seiner näheren Umgebung vorfindet. Dem Fotovergnügen steht somit absolut nichts entgegen.

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