Naturfotografie im Schmetterlingshaus?

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Schmökern

Im letzten Blogbeitrag habe ich neben anderen auch einige Fotos von Schmetterlingen gezeigt. Ebenso sehr wie diese heimischen Falter faszinieren mich auch ihre exotischen Pendants. Da trifft es sich ganz gut, dass ich im Münsterland wohne. So habe ich es nicht weit bis zu einem Ort, an dem viele wunderschöne exotische Falter leben. Bevor ihr euch jetzt verwundert die Augen reibt und darüber rätselt, was in meinem Erdkundeunterricht wohl schiefgegangen ist: Im Münsterland wird man zwar manches vorfinden, das einem Fremden ein wenig exotisch erscheinen mag. Als Beispiele seien hier der berühmt-berüchtigte Pumpernickel (eine entfernt an Brot erinnernde dunkle Masse), Parkhäuser nur für Fahrräder und kleine sprachliche Extravaganzen wie „das Prospekt“ oder „Ich bin angefangen“ genannt. Das war’s dann aber auch schon weitgehend mit der Exotik in und um Münster. Schmetterlinge gehören eher nicht dazu.

Trotzdem liege ich nicht so ganz falsch. Es kostet mich nämlich nur knapp eine Stunde, und schon bin ich im Maximilianspark in Hamm am nordöstlichen Rand des Ruhrgebiets. In diesem sehr vielfältigen und schönen Park, der alleine schon einen Ausflug lohnt, steht das größte Schmetterlingshaus Nordrhein-Westfalens. Ich kann nur jedem, der einmal in die Gegend kommt, zu einem Besuch raten. Es ist sehr liebevoll angelegt und fasziniert Besucher allein schon durch seine Blütenpracht. Für die wirklich bezaubernde Atmosphäre sorgen aber vor allem die wunderschönen, frei umherfliegenden exotischen Schmetterlinge. Farbenfroh gemustert, unendlich zart und leicht wie ein hauchdünnes Federchen flattern sie von Blüte zu Blüte. Wem da nicht das Herz aufgeht…

Ich stehe bei jedem Besuch erst einmal eine ganze Weile still da, schaue und staune. Manchmal berührt mich eines dieser filigranen Wesen, lässt sich vielleicht, wenn ich Glück habe, sogar für ein Weilchen auf mir nieder. Dann verharre ich fast atemlos, um es nur ja nicht zu verscheuchen. In solchen Momenten, in denen mich diese zarten Wesen umgaukeln, fühle ich mich ganz und gar eins mit der Natur ringsherum – und das, obwohl die hier im Schmetterlingshaus ja alles andere als natürlich ist. Rational erklären lässt sich dieses Gefühl wohl kaum. Aber das ist vermutlich auch ganz gut so, ginge doch sonst dieser einzigartige Zauber verloren.

Zur Kamera greife ich erst später. Zum einen möchte ich die erste Zeit nach meiner Ankunft einfach nur genießen ohne über so prosaische Dinge wie ISO oder Blende nachdenken zu müssen. Zum anderen herrschen hier im Schmetterlingshaus hinsichtlich Temperatur und Luftfeuchtigkeit nahezu tropische Bedingungen. Folglich beschlägt meine Frontlinse erst einmal so heftig, dass für eine ganze Weile an Fotografieren gar nicht zu denken ist. Mich stört das keineswegs – im Gegenteil. Es gibt nicht viele Orte, an denen es mir so leicht wie hier fallen würde, in aller Ruhe zu warten, bis ich mein erstes Foto machen kann. Manche Dinge lassen sich eben nicht beschleunigen. Also plane ich lieber von vornherein genügend Zeit ein.

Wie ich im Schmetterlingshaus fotografiere

Es ist hier zum Wohl der Schmetterlinge verboten, Blitzlicht einzusetzen; ein Stativ hingegen darf verwendet werden. Ich verzichte aber darauf. Zugunsten des herrlich üppigen Pflanzenwuchses sind die Gänge recht eng. Ein Stativ stünde den anderen Besuchern fast unvermeidlich im Weg. Da ich selbst schon erlebt habe, wie sehr Fotografen mit Stativ dort die Geduld strapazieren können, drehe ich lieber die ISO etwas hinauf. Den Rest erledigt die exzellente Bildstabilisierung meiner Kamera. Aus der Hand zu fotografieren hat zudem den Vorteil, dass ich wesentlich schneller bin. Viele der Schmetterlinge sind ja recht flatterhafte Gesellen, die nie lange auf einer Blüte verharren. Bis ich mein Stativ an der passenden Stelle aufgebaut und dann darauf die Kamera ausgerichtet hätte, würden mir die meisten Falter längst von einer anderen Blüte eine lange Nase oder besser gesagt einen langen Saugrüssel drehen.

Alle Fotos in diesem Beitrag habe ich mit meinem 60mm-Makroobjektiv (Bildwirkung entspricht 120mm an Kleinbildkameras) aufgenommen. Die leichte Telebrennweite erlaubt es mir, meine hübschen Models formatfüllend abzubilden, ohne ihre Fluchtdistanz, die im Schmetterlingshaus aber ohnehin recht gering ist, unterschreiten zu müssen. Im Gegensatz zu Aufnahmen im Freien verwende ich keine langen Telebrennweiten. Sie sind hier schlicht und einfach nicht nötig, da ich überall nahe genug an die Falter herankomme. Im Gegenteil, meist wäre es sogar recht schwierig, einen ausreichend großen Abstand für den Einsatz eines langen Teleobjektivs einzuhalten.

Bei klassischen Schmetterlingsfotos wird der Kamerasensor typischerweise parallel zu den Flügeln ausgerichtet. Nur auf diese Weise gelingt es, alle wichtigen Details des Falters in eine Schärfeebene zu legen. Ich nutze diese Gestaltungsmethode durchaus gerne, wie ihr an einigen dieser Fotos sehen könnt. Mir gefällt es aber oft mindestens ebenso gut, wenn nur ein kleines Detail des Schmetterlings scharf abgebildet wird und der Rest allmählich in Unschärfe übergeht. In solchen Fällen stelle ich meistens auf die Augen scharf, bei Fotos schräg von der Seite auf das der Kamera nähere Auge.

»Hol es der Henker« rief Gott,
»jetzt ist meine Geduld zu Ende;
der ganze Planet muß weg,
zerschmissen muß er werden,
sonst verschandelt er mir die Schöpfung.«

Und in furchtbarem Grimm ballte er die Faust
und hielt sie über die kleine braune Kugel,
die da zischend und knisternd und schwelend
durch den Äther zog.
Aber er schlug nicht zu,
sondern steckte die Hand wieder in die Hosentasche,
und seine Miene wurde milder.
»Nein« sprach er vor sich hin,
»man muß sich alles überlegen.
Es wäre schade um die schönen Schmetterlinge.«

Victor Auburtin

Da ich keine dokumentarischen Bilder anstrebe, stört es mich meistens nicht einmal, wenn der Falter sich vielleicht im letzten Moment etwas dreht, so dass zumindest die Flügelspitzen nicht mehr scharf abgebildet werden. Ein solches Foto wäre dann sicher nichts für ein Schmetterling-Bestimmungsbuch. Ich entscheide da einfach nach Gefühl. Mich spricht im direkten Vergleich manchmal das weniger perfekte Foto einfach mehr an. Begründen könnte ich das allerdings nicht.

Wer gerne in Ruhe fotografieren will, der sollte das Schmetterlingshaus am besten in der Woche an einem Nachmittag oder am Samstagvormittag aufsuchen. Sonntags kommen meist deutlich mehr Einzelbesucher und in der Woche sind vormittags häufig Schulklassen dort. Wenn so ein Trupp Kinder durch die Gänge wuselt, fällt das Fotografieren nicht immer ganz leicht. Andererseits ist es aber auch wunderbar zu erleben, wie ein eben noch eifrig herumflitzender kleiner Wildfang plötzlich ganz verzaubert innehält, sobald ein bunter Schmetterling ihn umflattert. Und erst dieses Leuchten in den Augen, wenn einer der hübschen Falter sich auf einem zaghaft ausgestreckten Kinderfinger niederlässt… Momente wie diese sind es, die mir ein wenig Hoffnung geben, dass unsere Kinder und Enkel die Natur vielleicht mit mehr Rücksicht und Klugheit behandeln werden, als wir es getan haben.

Selbstverständlich lässt sich trefflich darüber streiten, ob man Fotos aus einem Schmetterlingshaus überhaupt als Naturfotos bezeichnen kann. Darum steht hinter dem Titel dieses Beitrags auch ein Fragezeichen. Ich habe über die gar nicht immer so einfache Abgrenzung der Naturfotografie bereits einmal einen eigenen Artikel geschrieben und will die Diskussion deshalb hier nicht erneut aufnehmen.

Auf jeden Fall weiß ich mich mit meiner Vorliebe für das Schmetterlingshaus im Hammer Maxipark in außerordentlich guter Gesellschaft: Der große Tierfotograf Fritz Pölking, dessen Bilder und Bücher mich überhaupt erst zur Naturfotografie gebracht haben, ist nach eigenem Bekunden immer wieder zum Fotografieren dort gewesen. Er hat bei diesen Gelegenheiten offenbar gerne neue Objektive usw. getestet. Tatsächlich haben seine Schilderung mich erst auf die Idee gebracht, selbst einmal das Schmetterlingshaus in Hamm aufzusuchen. Es hat sich gelohnt.


Falls ihr ein tolles Schmetterlingshaus oder auch andere besonders sehenswerte und dem Wohlergehen der Tiere verpflichtete ähnliche Einrichtungen wie z.B. Aquarien, Terrarien usw. kennt, dann lasst es mich doch bitte in den Kommentaren wissen. Wichtig wäre natürlich schon, dass dort das Fotografieren und zumindest die nicht-kommerzielle Nutzung der Fotos erlaubt ist.

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