Im ersten Teil ging es vor allem um die überaus hübschen Städtchen und Dörfer in Deutschlands nördlichstem Bundesland zwischen Nord- und Ostsee. Wenn man in Rechnung stellt, dass dies ja in erster Linie ein Naturfotoblog sein soll, kamen Flora und Fauna darin vielleicht ein wenig zu kurz. Nun, immerhin hatte ich für diesen zweiten Teil meiner Reiseschilderung Besserung versprochen. Schauen wir also mal, was sich da machen lässt.
Falls ihr den ersten Teil noch gar nicht kennt oder ihn vielleicht noch einmal anschauen mögt: Über den Button gelangt ihr direkt dorthin.
Friedrichstadt
Wir sind inzwischen von Böel in der Nähe von Schleswig weitergereist nach Sankt Annen. Von hier aus wollen wir in den nächsten paar Tagen die nähere Umgebung erkunden. Nur wenige Kilometer sind es bis Friedrichstadt. Bei einem Bummel durch die Straßen erschließt sich uns auf den ersten Blick, warum man hier gerne von der „Holländerstadt“ spricht. Sowohl die Häuser mit ihren Treppengiebeln als auch die Grachten erinnern sofort an so manche niederländische Stadt. Kein Wunder, wurde Friedrichstadt doch 1621 von holländischen Einwanderern gegründet und aufgebaut.



Eider-Sperrwerk
Die fürchterliche Sturmflut von 1962, bei der in und um Hamburg über 300 Menschen ertranken, gab damals den Anstoß für umfangreiche Maßnahmen zum Küstenschutz. So sorgen seitdem an den tideabhängigen Flüssen Sperrwerke dafür, dass so etwas hoffentlich nie wieder passiert. Eines der eindrucksvollsten Bauwerke dieser Art ist das Eider-Sperrwerk. Immerhin drängen hier bei jeder Tide etwa 50 Millionen Kubikmeter Wasser in den Fluss. Wir sind mächtig beeindruckt von den gewaltigen Hubtoren.

Kaum zu glauben, aber ausgerechnet die Flächen direkt an diesem Sperrwerk haben sich je eine große Kolonie Lachmöwen und Küstenseeschwalben zu ihren Brutrevieren erkoren. Während die Möwen recht gelassen bleiben und eine gewisse Annäherung von Menschen tolerieren, haben die Seeschwalben mehr als alle Flügel voll zu tun, sich der unerwünschten Besucher zu erwehren. Sobald ein allzu sorgloser oder neugieriger Passant in Richtung ihrer Brutplätze marschiert, starten sie zielsichere Scheinangriffe. Mit beträchtlicher Geschwindigkeit fliegen sie in Richtung der Köpfe ihrer Opfer und drehen erst im allerletzten Moment ab. Nahezu alle Eindringlinge geben lieber auf und kehren auf der Stelle um. Das ist wohl auch besser so, denn ich konnte einen Fall beobachten, bei dem ein unvernünftiger Familienvater – nicht gerade als Vorbild für seine beiden Kinder agierend – den stur weiterverfolgten Versuch, ein Handyfoto dieser Kolonie zu schießen, am Ende mit einer blutenden Kopfwunde abbrechen musste.




Katinger Watt
Nur ein Stückchen entfernt liegt das Katinger Watt. Es entstand praktisch im Zuge der Errichtung des Eider-Sperrwerks. Dieser „neue Deich“ führte zur Bildung von Teichen, Feuchtwiesen sowie auch trockeneren Grünflächen. Das ganze Areal wurde schon bald von den unterschiedlichsten Tieren, insbesondere Vögeln, angenommen und deshalb wenig später unter Naturschutz gestellt. Wir machen uns bei wechselhaftem Wetter auf den Weg zu den drei Beobachtungshütten.




Nun darf man sich so eine Hütte nicht als einen Ort vorstellen, an dem die bepelzten und gefiederten Motive nur darauf warten, vor einer Kamera zu posieren. Wir sind deshalb auch gerne bereit, ein paar Stunden unseres Urlaubs zu investieren. Und siehe da: Mit ein wenig Geduld läuft, schwimmt und flattert uns doch so einiges Getier vor Kamera und Fernglas. Es ist ein wunderbares Erlebnis, hier zu sitzen und dabei den sich völlig ungestört gebenden Tieren zuzuschauen. Natürlich bewegen sie sich nicht immer in der richtigen Entfernung für ordentliche Fotos. Manchmal sind sie selbst für meine längste Brennweite unerreichbar, dann wieder kommen sie so nah, dass ich aus den zum Glück nur mäßig erhöhten Hütten keine günstige Fotoperspektive mehr habe. Fotos „von oben herab“ sind ja in den meisten Fällen wenig reizvoll.




Dennoch bin ich am Ende mit meiner Ausbeute sehr zufrieden. Gerade in letzter Zeit hatte ich oft wenig Glück, wenn ich mich an hochgelobten Beobachtungsplätzen mit meiner Kamera auf die Lauer gelegt hatte. Umso mehr freue ich mich, hier endlich mal wieder auf kooperationswilliges Federvieh getroffen zu sein.




Es ist schon erstaunlich, was so alles im Lauf der Zeit vor unseren Ansitzen auftaucht. Offenbar ist das Katinger Watt tatsächlich ein beliebtes Vogelrevier. Ich werde sicher irgendwann einmal wiederkommen und mir dann noch viel mehr Zeit nehmen.


Beinahe wären mir sogar noch Aufnahmen von sich in der Luft kabbelnden Seeadlern gelungen. Es war ein faszinierendes Erlebnis, so etwas einmal zu erleben und mit dem Fernglas ganz genau beobachten zu können. Für ordentliche Aufnahmen hätten die drei Adler aber noch ein gutes Stückchen näher herankommen müssen. Den Gefallen haben sie mir jedoch leider nicht getan. Was soll’s? Auch ohne Foto bleibt mir ja die Erinnerung an einen besonderen Moment. Dann fotografiere ich eben eine vorwitzige Kröte und ein paar Blümchen. Ach ja, beinahe hätte ich den Bisam vergessen, der mit Grünzeug im Maul an uns vorbei paddelt.




Auch wenn der erste Teil es nicht vermuten ließ: Schleswig-Holstein ist ein nahezu ideales Revier für die Natur- und ganz besonders die Vogelfotografie. Dabei waren wir noch nicht einmal an den Küsten, die natürlich ebenfalls ausgezeichnete Bedingungen für Naturfotografen bieten dürften. Oder wie wäre es mit dem Wasservogelreservat Wallnau auf der Insel Fehmarn? Ihr seht schon: Hier im Norden bleibt noch eine ganze Menge zu tun.
Dennoch werden wir auch im dritten und letzten Teil erneut vor allem das Landesinnere zwischen Nord- und Ostsee erkunden. Und wieder wird es eine Mischung geben aus urbanen und ländlichen Bildern, aus Natur und Technik. Lasst euch überraschen!