Vier Wochen hatten wir uns Zeit genommen. Vier Wochen im September nur für Schottland. Beim Pläneschmieden merkte ich schnell, dass auch ganze vier Wochen keinesfalls reichen würden, auch nur annähernd alle landschaftlichen Höhepunkte dieses Landes zu besichtigen. Da wir immer wieder erlebt hatten, wie leicht man sich verzettelt, wenn man zu viele Orte anschauen und an zu vielen Stellen fotografieren will, beschränkten wir uns weitgehend auf den äußersten Norden des schottischen Festlands und die Isle of Skye. Besser sich dafür viel Zeit nehmen und später wiederkommen, um dann weitere schottische Highlights zu besuchen.
Mein Plan war übrigens ein anderer. Der erste Beitrag in der Rubrik „Reise“ hier im Blog sollte von ganz frischen Erlebnissen auf Helgoland und aktuellen Fotos seiner Seevogelkolonie handeln. Aber ich schreibe dies in Zeiten der Corona-Pandemie, und meine Woche auf Helgoland fiel ins Wasser.
Also dann eben Schottland statt Helgoland – wofür habe ich denn im Keller (sprich: auf meiner Festplatte) die Schachtel (den Lightroom-Katalog) mit den ganzen Fotos? So tief musste ich auch gar nicht buddeln, nur bis September 2016. Dieser Monat war in Schottland, was das Wetter betrifft, einfach traumhaft. Für typische Schottland-Fotos viel zu schön, fast immer Sonnenschein und blauer Himmel. Der Urlauber hat es geliebt, der Fotograf hätte sich manches Mal etwas mehr Drama gewünscht. Aber Naturfotografen sind da ja wie unsere verdienten Landwirte: mit dem Wetter kaum einmal wirklich zufrieden.
Warnhinweis:
Fotos der Rubrik „Reise“ können Spuren von menschlicher Zivilisation enthalten, die in einem ernsthaften Naturfotoblog selbstverständlich nichts zu suchen haben. Wir bitten dies zu entschuldigen.
Edinburgh
Die sehr empfehlenswerte Fähre von Amsterdam entließ uns nach einer erholsamen Nacht an Bord in Newcastle ausgeruht und bester Laune aus ihrem Bauch. Immer hübsch auf der falschen Straßenseite, wie es die Briten nun einmal für wünschenswert halten, fuhren wir dann mit dem Auto weiter nach Edinburgh. Dort hatten wir auf unserem Weg in den Norden eine Übernachtung eingeplant, um wenigstens einen Nachmittag und Abend Zeit zu haben, die altehrwürdige schottische Hauptstadt zu erkunden. Ohne Zweifel wäre Edinburgh einen deutlich längeren Aufenthalt wert, aber alles passt nun einmal nicht in einen einzigen Urlaub.
Ein kleiner Spaziergang von unserem Hotel – und schon waren wir auf der berühmten Royal Mile. Wer hier fotografiert, der wird um die typischen Schottland-Klischees kaum herumkommen. Also was soll’s, hier sind sie:
Von Edinburgh bis Thurso
Heute wollen wir endlich den Norden Schottlands erreichen. Einen Zwischenstopp legen wir in Pitlochry ein. So hübsch das Städtchen auch ist, wir landen schon wieder beim Whisky. Etwas außerhalb des Ortes liegt die kleinste Whisky-Destillerie Schottlands. Ob es auch die malerischste ist, wissen wir nicht. Aber wetten würden wir schon darauf. Natürlich konnte ich diesen Ort nicht verlassen, ohne wenigstens eine kleine Flasche des recht leckeren Edradour Whiskys zu erstehen.
Inverness, die Hauptstadt des schottischen Nordens ebenso wie das benachbarte Loch Ness heben wir uns für eine spätere Schottlandreise auf. Heute hat das keinen Sinn, denn jedermann weiß doch, dass Nessie sich bevorzugt bei schlechtem Wetter zeigt. Wir aber haben weiterhin strahlenden Sonnenschein.
Also fahren wir weiter nach Strathpeffer, wo wir in einem Bed-and-Breakfast übernachten, wie wir es uns typischer kaum vorstellen könnten. Ein distinguierter schottischer Herr begrüßt uns mit Tee, Gebäck und ein wenig Smalltalk. Anschließend bleibt noch Zeit für einen kleinen Bummel durch den recht hübschen Ort, bevor wir dann den Tag beschließen.
Nachdem das Bed sehr komfortabel war, sind wir am nächsten Morgen schon neugierig auf das Breakfast. Es besteht dann, ebenso wie sein typisches englisches Pendant, aus mehr oder weniger drei Gängen: Cereals mit Milch vorweg; dann ein großer Teller mit Rührei, gebratenen Pilzen und Haggis; zum Abschluss Toast mit einer Auswahl an Konfitüren. Wir werden im weiteren Verlauf unseres Urlaubs noch erleben, dass der Toast vorzugsweise rußschwarz und kalt serviert wird. Hier aber kommt er frisch und gerade richtig geröstet auf den Tisch.
Ein Wort zum Haggis muss einfach sein: Nach allem, was wir über dieses schottische Nationalgericht gehört hatten, schien es uns umso verwegener, diesen mit allerlei Innereien gefüllten Schafsmagen bereits am frühen Morgen zu servieren. Entsprechend vorsichtig probierte ich auch erst einmal nur ein winziges Häppchen. Was soll ich sagen – mir hat’s geschmeckt, sogar richtig gut. In meinen Augen ist er den gewöhnungsbedürftigen englischen Würstchen, deren Platz er hier einnimmt, deutlich vorzuziehen.
Nach dem Frühstück machten wir uns wieder auf den Weg. Unser erster Halt an diesem Tag war dann Tain, mit etwa 1.200 Einwohnern Hauptstadt der Grafschaft Sutherland und malerisch am Dornoch Firth gelegen. Wir erkundeten den kleinen, aber lohnenden Ort und machten danach einen längeren Spaziergang am Ufer des Fjords.
Ach übrigens: Wie es der Zufall (wer sonst?) so wollte, hatte er uns nicht nur nach Tain geführt, sondern damit auch in jenen Ort, wo einer meiner absoluten Lieblings-Whiskys gebrannt wird.
Auch wenn ich die schottische Whisky-Kultur in hohem Maße schätze, galt unser nächster Zwischenstopp einer gänzlich anderen Form von Kultur. Wir besuchten Dunrobin Castle. Es liegt zwischen Golspie und Brora direkt an der Nordseeküste. Sowohl das Schlossinnere wie auch der Park waren ein mehr als lohnendes Erlebnis.
Nach so viel alkoholischer wie alkoholfreier Kultur steuerten wir dann unser letztes Ziel für diesen Tag an. In Thurso an der Nordküste hatten wir die nächsten zwei Übernachtungen eingeplant. Nach einiger Sucherei fanden wir unser Quartier. Den angebotenen „little dram“, also ein Schlückchen Whisky, schlugen wir aus, da wir den Ort ein wenig erkunden und auch noch ein kleines Abendessen einkaufen wollten, um dann den Tag mit einem Picknick direkt am Meer ausklingen zu lassen.
Es war ein warmer und windstiller Abend. Einfach herrlich hier direkt am Wasser. Jetzt noch etwas Leckeres zum Essen, was könnte es Schöneres geben. Exakt so sahen das offenbar auch Abertausende von Midges, winzige, aber wirklich extrem nervige Stechmücken. Da wir unser Blut diesen Plagegeistern nicht freiwillig spenden wollten, blieb uns nur der schnelle Rückzug. Übrigens war dies unsere erste und letzte Begegnung mit den Midges. Ihre Zeit währt zum Glück nur bis Anfang September.
Am nächsten Tag, wieder bei meist strahlendem Sonnenschein, umrundeten wir die Nordostspitze des so genannten schottischen Mainlands. Von Thurso ging es zuerst in den Hafenort Wick, dann immer an der Küste entlang über Duncansby Head, vorbei an Gardens und Castle of Mey, dem früheren Landsitz der Queen Mum, zum Dunnet Head, dem nördlichsten Punkt des schottischen Festlands. Von dort zurück bis Thurso war es dann nicht mehr weit.
Von Thurso bis Loch Alsh
Nachdem wir nun den äußersten Norden erkundet hatten, wollten wir uns in den nächsten Tagen ganz allmählich und immer an der Küste entlang bis zum Loch Alsh vorarbeiten. Von dort ist es dann nur noch ein Katzensprung bis zum Hauptziel unserer Reise, der Isle of Skye.
Vor allem die Westküste bis hinunter nach Skye ist ein Traum. Wir konnten gar nicht genug davon bekommen und waren sehr froh, in Kylesku und in Ullapool jeweils zwei Übernachtungen eingeplant zu haben. So hatten wir ein wenig mehr Zeit, diese fantastische Küstenlandschaft zu erkunden. In wenigen Tagen erlebten wir mediterran anmutende Strände in herrlichstem Sonnenschein ebenso wie eine neblig raue Felsenküste von herber Schönheit. Über zum Teil aberwitzig schmale Straßen gelangten wir immer wieder an herrliche Fleckchen Erde. Abwechslungsreicher kann eine Fahrt wohl kaum sein.
Isle of Skye – ein Traum für Naturfotografen
Nach den an landschaftlichen Höhepunkten wahrlich nicht armen Tagen, die wir an den nordschottischen Küsten verbracht hatten, wollten wir nun die Isle of Skye erkunden. Dort hatten wir uns für zwei Wochen ein gemütliches Cottage gemietet. Ich hatte während der Urlaubsplanung so viele faszinierende Fotos von Skye gesehen, dass ich dort einfach genügend Zeit zum Fotografieren haben wollte. Um es gleich vorweg zu nehmen: Es war die absolut richtige Entscheidung, auf Skye zwei ganze Urlaubswochen zu verbringen. Diese Insel ist es wahrlich wert, sich viel Zeit zu nehmen für ihre Erkundung. Scotland at it’s best, for sure.
Da die letzten Tage ja sehr ereignisreich waren und wir auch recht viele Kilometer – äh, ich meine natürlich Meilen – auf meist idyllischen Single Track Roads unter die Räder genommen hatten, ließen wir es erst einmal etwas ruhiger angehen. Eine kleine Wanderung direkt vor unserer Haustür, dann ein leckerer Afternoon Tea mit Scones, Clotted Cream und Erdbeermarmelade, ein Buch und dazu ein Gläschen von unserem unterwegs erstandenen Whisky – das schien uns ein guter Einstand in unsere Zeit auf Skye zu sein. Am nächsten Tag begannen wir dann mit unseren Erkundungen.
Portree
Auf die britischen Inseln zu fahren und keine Fish & Chips zu essen – für uns schlicht undenkbar. In Portree kann man gleich drei Fliegen mit einer Klappe erschlagen: Zuerst die Besichtigung der recht lebhaften, kleinen Inselhauptstadt, anschließend ein kurzer Bummel zum wirklich wunderschönen Hafen mit seinen bunten Häusern, und zum krönenden Abschluss dort dann eine leckere Portion des britischen Nationalgerichts. Mit bestem Blick auf die im Hafen dümpelnden Boote lässt man sich’s an der Kaimauer sitzend schmecken. Einfach herrlich!
Wild sehen sie schon aus, die schottischen Hochlandrinder mit ihren beeindruckenden Hörnern und den zotteligen Frisuren. Aber sie sind friedliche Gesellen, die so leicht nichts aus der Ruhe bringt, nicht einmal vorwitzige Fotografen.
An der Küste kann man immer wieder erleben, wie sich innerhalb von Minuten das Wetter ändert. „If you don’t like the scottish weather, just wait a minute.“ Oftmals sind diese plötzlichen Wetterwechsel eine hervorragende Gelegenheit zum Fotografieren. Die Lichtstimmungen können fantastisch sein.
Neist Point
Ganz im Westen von Skye liegt die Halbinsel Neist Point mit ihrem unzählige Male fotografierten Leuchtturm. Wir hatten uns genug Zeit mitgebracht, so dass wir am Nachmittag erst einmal über die kleine Halbinsel zum Leuchtturm spazierten. Mit der tiefstehenden Sonne schräg hinter mir konnte ich ein Foto quasi von der Wasserseite aus machen.
Anschließend hatten wir es dann etwas eilig, wieder zurück zu kommen, denn ich wollte keinesfalls versäumen, die Halbinsel mitsamt ihrem Leuchtturm während des herrlich kitschigen Sonnenuntergangs zu fotografieren. Ich weiß, genau dieses Foto gibt’s schon hunderttausendfach. Aber eben nicht von mir. Na also. Ich konnte gar nicht anders – und das Bild erinnert uns auch heute noch an einen ganz besonderen Moment unserer Schottlandreise.
Dunvegan Castle
Dunvegan Castle wirkt keinesfalls einladend. Trutzig liegt die Burg am Meer und scheint zu signalisieren, dass man ihr besser fernbleiben sollte. Aus der abgebildeten Perspektive mag man es kaum glauben, aber zur finsteren Burg gehört auch ein wunderschöner Park, den man hier in britischer Untertreibung „The Gardens“ nennt. Besucher sind willkommen.
Elgol
Die Küste bei Elgol mit herrlichem Blick auf die Quillin Hills ist einfach großartig. Man kann dort als Landschaftsfotograf viele Stunden verbringen, ohne sich auch nur eine Sekunde zu langweilen. Und an einem anderen Tag bei anderen Wetterverhältnissen könnte das Spiel – unser wunderbares Glaslinsenspiel – von vorne beginnen.
Die Landschaft und die Küsten von Skye sind spektakulär. Sie sind es so sehr, dass man manchmal Gefahr läuft, nur noch von einem fotografischen Highlight zum nächsten zu eilen. Aber das wäre ein Fehler. Es lohnt sich, immer wieder einmal innezuhalten. Man kann so viel stille Schönheit zwischen all dem Spektakulären entdecken. Wenn wir die Ruhe finden, sie wahrzunehmen und uns auf diesen Moment einzulassen, dann kann auch die eher verhaltene Schönheit der Natur zu einem ganz eigenen, einem beglückenden Erlebnis werden.
Fairy Glen
Im Nordwesten der Trotternish-Halbinsel in der Nähe des Städtchens Uig liegt das Fairy Glen. Wie der Name schon sagt, ist dies neben den berühmteren Fairy Pools der beste Ort auf Skye, um Feen zu besuchen. Falls aber zufällig gerade keine Feen anzutreffen sein sollten, kann man zumindest ihr kleines Reich besichtigen. Unterhalb von Castle Ewen, so heißt der aufragende Felsen im Hintergrund, haben sie eine ganze Reihe von geriffelten Hügeln angelegt. Und wie man auf dem Foto sieht, gelangen sie über diese und die ebenfalls geriffelten Wolken wie über eine Treppe direkt in den Himmel.
Quiraing
Ebenfalls auf der Halbinsel Trotternish findet sich der Höhenzug des Quiraing. Die zum Teil bizarr geformten Felsen, die spektakuläre Lage am Meer, dieses im Sonnenlicht intensiv strahlende Grün – das alles ergibt für uns so etwas wie die landschaftliche Essenz der Isle of Skye, wenn nicht Schottlands.
Vielleicht habt ihr euch gefragt, wo denn der berühmte Old Man of Storr, der Wasserfall am Kilt Rock oder die beinahe ebenso bekannten Fairy Pools geblieben sind. Nun, wir mussten feststellen, dass diese wirklich in jedem Reiseführer erwähnten Highlights völlig überlaufen waren. Wir hatten einfach keine Lust, uns auf dieser herrlichen, ansonsten ruhigen Insel in wahre Menschenaufläufe zu begeben.
Rückfahrt über Glen Coe und Rannoch Moor
Mit diesen Bildern verabschieden wir uns von der unglaublichen Isle of Skye. Mit etwas Wehmut gehen wir die letzten Tage unserer Schottlandreise an. Aber auch auf unserem Weg zurück nach Newcastle, von wo uns die Fähre wieder aufs europäische Festland bringen wird, erwarten uns mit Glen Coe, Rannoch Moor und Loch Lomond noch einige landschaftliche Höhepunkte.
Schottland hat sich als wunderbares Reiseland erwiesen. Fantastische Landschaften, hübsche kleine Städte, das altehrwürdige Edinburgh – unsere Erwartungen waren hoch, doch Schottland hat sie bei weitem übertroffen. Nicht zuletzt auch wegen seiner Menschen. Wir haben die Schotten als ausgesprochen freundlich und sehr entspannt erlebt. Ein guter Grund mehr, wieder einmal in dieses Land zu reisen, das unsere Herzen im Sturm erobert hat.
Warst du auch schon einmal in Schottland? Welche Orte oder Regionen kannst du denn dort für die Naturfotografie empfehlen? Mich würden auch Tipps zur Tierfotografie in Schottland interessieren. Schreib’s doch bitte in die Kommentare.