Waldspaziergang zu den Frühblühern

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Schmökern, Tipps & Tricks

Astronomisch beginnt der Frühling bei uns auf der Nordhalbkugel mit der Tag-und-Nacht-Gleiche am 20. März; als meteorologischer Frühlingsbeginn gilt hingegen der 1. März. Das sind die Fakten. Und dennoch: Gefühlt startet für mich der Frühling immer erst dann, wenn bei uns im Teutoburger Wald die Frühblüher ihren Charme entfalten. Sie sind, obwohl ich meine Kamera natürlich auch im Winter ausführe, in meinen Augen stets so etwas wie der Startschuss in die neue Fotosaison.

Buschwindröschen

Mit etwas Glück, leider längst nicht in jedem Jahr, erstrecken sich dann unter den noch unbelaubten Buchen wahre Blütenteppiche. Besonders der Hohle Lerchensporn sowie etwas später der Bärlauch neigen in meiner Wahlheimat zu solchen Ausschweifungen. Auch die Buschwindröschen versuchen, da tapfer mitzuhalten. Andere Frühblüher wie die hübschen Leberblümchen oder die Waldveilchen erweisen sich hingegen zumeist als deutlich zurückhaltender. Sie strecken ihre hübschen Blüten oft nur vereinzelt und beinahe schüchtern hervor.

Buschwindröschen
Buschwindröschen

Die vertrackte Sache mit dem Hintergrund

Ich finde es einfach und doch schwierig zugleich, meinen Lieblingsmotiven unter den Frühblühern fotografisch gerecht zu werden. Einfach ist es, weil sie allesamt so hübsch sind, dass ich mir gar keine fotogeneren Models vorstellen könnte. Schwierig wird es dann aber dennoch, denn die meisten von ihnen überragen mit ihren kurzen Stängeln das typische Durcheinander am Waldboden aus Erdklumpen, Pflanzenresten, Halmen und tausend anderen Dingen kaum oder gar nicht.

Buschwindröschen

Deshalb ist es stets verdammt mühsam, einen auch nur einigermaßen ansprechenden, zumindest aber halbwegs aufgeräumten Hintergrund zu finden, vor dem sich diese so bezaubernden Motive angemessen in Szene setzen lassen. Anders ausgedrückt, wenn ich meine Frühblüher endlich gefunden habe, dann geht die eigentliche Suche erst los: Wo finde ich eine geeignete Perspektive, die mir eine Freistellung vor einem möglichst ruhigen, attraktiven Hintergrund erlaubt? Oft alles andere als einfach!

Buschwindröschen

Aber halt! Ganz so stimmt es ja gar nicht. Ein möglichst ruhiger Hintergrund ist nicht immer mein Ziel. Im Gegensatz zu fast allem, was man in Fotolehrbüchern so zu lesen bekommt, habe ich es meist ganz gerne, wenn der Hintergrund durchaus noch etwas von der umgebenden Natur erkennen, zumindest aber erahnen lässt. Ablenken vom Motiv soll er aber bitte dennoch nicht. Eine Gradwanderung, die mir leider allzu häufig misslingt. Nun, immerhin laufen meine Blümchen nicht davon. Ich kann es also wieder und wieder versuchen.

Buschwindröschen

Meine Objektive für Frühblüher

Zwar ist der Teutoburger Wald alles andere als hochalpin, aber dennoch hat man auch in diesem eher niedrigen Mittelgebirge bereits einige Höhenmeter in den Knochen, bis man die begehrten Frühblüher zu Gesicht bekommt. Deshalb bin ich immer für jedes Teil meiner Fotoausrüstung dankbar, das ich nicht mitschleppen muss. In aller Regel beschränke ich mich auf lediglich zwei Objektive:

Teleobjektiv

Mein absolutes Lieblingsobjektiv ist, wenn es um die Frühblüher geht, das sehr flexibel einsetzbare mittlere Telezoom mit einer KB-äquivalenten Brennweite von 80-300mm. Es bietet mir gleich zwei Vorteile: Zum einen nimmt der Blickwinkel mit zunehmender Brennweite ab. Das bedeutet, ich kann mein Motiv vor einem deutlich kleineren und damit besser planbaren Ausschnitt des Hintergrunds aufnehmen. Darüber hinaus wird dieser Ausschnitt dann auch noch unschärfer und damit angenehm ruhig abgebildet – zumindest, wenn er sich nicht allzu dicht hinter dem Motiv befindet. Zwei Fliegen mit einer Klappe also.

Bärlauch

Noch ein Fliege mehr mit derselben Klappe kann ich schlagen, wenn die Frühblüher im Wald ganze Teppiche ausgelegt haben. Das ist übrigens nur symbolisch zu verstehen. In Wirklichkeit würde ich niemals eine Fliege erschlagen. Was ich eigentlich sagen will: Teleobjektive haben die Eigenschaft, die abgebildeten Dinge optisch zu verdichten. All die vielen einzelnen Blümchen sehen dann auf dem Foto tatsächlich wie ein richtiger Blütenteppich aus.

Bärlauch

Makroobjektiv

Wenn es mir um Detailaufnahmen der Blüten geht, dann kommt mein extrem kleines und leichtes Makroobjektiv (120mm KB-äquivalent) zum Einsatz. In dem Fall profitiere ich davon, mich für eine MFT-Kamera mit kleinerem Sensor und entsprechend leichten Objektiven entschieden zu haben. Da stellt sich die Frage, ob ich das Makroobjektiv zusätzlich mitnehme, erst gar nicht. Ansonsten käme aber natürlich auch der Einsatz von Zwischenringen oder Nahlinsen infrage.

Bärlauch

Was sich sonst noch bewährt hat

Ich habe es oben ja schon angedeutet: Fast noch wichtiger als das Motiv selbst ist bei den Frühblühern ein ansprechender Hintergrund, vor dem ich versuche, sie so gut wie möglich freizustellen. Weit mehr noch als in meiner Faulheit liegt darin der eigentliche Grund, warum ich bei Blumen kein Stativ verwende. Ich bin einfach sehr viel flexibler in der Wahl des Bildausschnitts (und damit des Hintergrunds), wenn ich aus der Hand fotografiere. Es geht dabei ja meist nur um wenige Millimeter weiter links oder rechts. Und kaum etwas ist mir lästiger, als da jedes Mal das Stativ zu verschieben, noch dazu auf dem stets unebenen Waldboden.

Hohler Lerchensporn

Bei Sonnenschein im Wald zu fotografieren ist immer kritisch. Zwar tragen die Bäume zur Blütezeit der Frühblüher noch keine Blätter, aber alleine schon die vielen Äste und Zweige führen auf dem Waldboden zu einem Wirrwarr aus sonnigen und schattigen Flecken. Wenn möglich ist es also besser, auf bedeckte Tage zu warten. Doch gerade das ist bei einigen Frühblühern ein Problem: Manche von ihnen, so z.B. das kapriziöse Leberblümchen, öffnen ihre Blüten nur an sonnigen Tagen.

Eine sehr praktikable Lösung für ansprechendere Fotos einzelner Blüten ist es dann, im Moment der Aufnahme kurz selbst für Schatten oder – besser noch – für ein weicheres Licht zu sorgen. Mir tut da ein kleiner Diffusor gute Dienste. Zusammengefaltet nimmt er fast keinen Platz weg. Darüber hinaus kann ich ihn mit nur wenigen Handgriffen zum Reflektor umrüsten, wenn ich mal etwas mehr Licht auf meinem Motiv benötige.

Hohler Lerchensporn

Da, wie ich oben bereits einmal erwähnt habe, die meisten Frühblüher recht kurzstielig sind, lege ich mich zum Fotografieren oft platt auf den Boden. Es wäre also durchaus sinnvoll, stets eine wasserdichte Unterlage (z.B. einen Müllsack) zur Hand zu haben. Darum befindet sich auch immer eine in meinem Fotorucksack. Nur der Himmel weiß, warum ich dann beim Fotografieren doch immer wieder im Dreck liege und nicht auf der sauberen, trockenen Unterlage.

Hohler Lerchensporn

Die wohl wichtigste Zutat bei meiner Frühblüher-Fotografie dürfte aber eine gehörige Portion Zeit und Geduld sein. Eine lange Anreise habe ich zwar nicht, aber dennoch ist so manches Mal wenigstens eine ganz ordentliche Wanderung vonnöten. An den Objekten meiner fotografischen Begierde endlich angekommen, geht es um die oben beschriebenen Millimeterchen hin oder her, die oftmals für ein Gelingen der Aufnahme entscheidend sein können. Das dauert! Passt dann endlich alles, frischt bestimmt der Wind auf. Also heißt es warten, bis er sich wieder legt und mein filigranes Motiv endlich einigermaßen ruhig dasteht. Aber was soll’s? Ich genieße sie ja, diese Stunden in der Natur.

Hohler Lerchensporn

Immer hilfreich: eine Prise Humor

Natürlich treiben die ersten warmen Tage und die Aussicht auf Frühblüher jede Menge Spaziergänger in den Wald. Da bleibt es dann nicht aus, dass ich, in merkwürdigen Verrenkungen auf dem Bauch vor einem Blümchen liegend, Anlass biete zu allerlei heiteren Bemerkungen und nicht immer so ganz ernst gemeinten Nachfragen. Nach meinen Erfahrungen wappnet man sich dagegen am besten mit einem durch keine Peinlichkeit zu erschütternden Selbstbewusstsein und vor allem mit einer gehörigen Portion Humor.

Leberblümchen

Kleine Probe gefällig? Nun denn: Zwei – und das möchte ich betonen – sehr nette und freundliche Spaziergängerinnen, die mich so daliegen sahen, fragten mich mit einem neckenden Unterton, ob ich denn nicht vielleicht lieber größere Blumen fotografieren möchte, vor denen ich mich nicht auf den Boden legen müsse. Über meine Antwort haben sie herzhaft gelacht: „Doch schon, eigentlich fotografiere ich auch am liebsten Sonnenblumen, aber da muss ich bei meiner Größe (ich bin von eher kleiner Statur) eine Leiter mitschleppen – und das ist ja noch viel lästiger.“

Leberblümchen
Leberblümchen

Ein weniger freundlicher älterer Herr betrachtete mich eine ganze Weile ebenso kritisch wie schweigend. Dann fragte er nahezu angewidert: „Sind sie sicher, dass da vor ihnen nicht schon irgendein Hund seinen Haufen hingemacht hat?“ Die Frage fand ich dann doch ein wenig … nun ja … überflüssig. Deshalb machte es mir auch nicht besonders viel aus, dass er sich bei meiner Antwort aufs Höchste pikiert umdrehte und ohne ein weiteres Wort davonstapfte. Dabei hatte ich nur wahrheitsgemäß gesagt: „Keine Sorge, ich hab‘ gar nicht vor, hier einen Haufen hinzumachen. Insofern kann mir da gar kein Hund zuvorgekommen sein.“

Waldveilchen
Waldveilchen

Nur für den sehr unwahrscheinlichen Fall, dass ihr mich nun um meine Schlagfertigkeit beneiden solltet: Dafür gibt es wirklich nicht den geringsten Grund. Niemand war mehr verblüfft darüber als ich. Normalerweise fallen mir passende Antworten immer erst ein, wenn die Situation längst vorbei ist. Aber wer weiß, vielleicht steigert es ja das geistige Reaktionsvermögen, sich im Wald platt auf dem Bauch liegend vor anderen Menschen zum Affen zu machen. Probiert es doch einfach selbst mal aus.

Waldveilchen

Übrigens: Falls ihr gerne etwas darüber erfahren wollt, wie ich die Blumenfotografie so ganz allgemein angehe, dann klickt doch einfach auf den Button. Er bringt euch direkt zu einem älteren Blogartikel, in dem ich das recht ausführlich beschrieben habe.

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