Naturfotografie an den Meißendorfer Teichen

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Reisen

Heute möchte ich euch einmal mitnehmen auf einen ausgiebigen Fotoausflug zu den Meißendorfer Teichen. Ich hatte zwar von diesem Naturschutzgebiet gehört, aber so recht wusste ich nicht, was mich dort erwarten würde. In der vergangenen Woche bin ich für ein paar Tage dort gewesen, um mir endlich selbst ein Bild zu machen. Nun ja, wie ihr euch sicher vorstellen könnt, ist es bei nur einem Bild nicht geblieben. Als aufopferungsvoll und unermüdlich im Dienst meiner geneigten Leser arbeitender Naturfotograf habe ich mich, kaum, dass ich wieder zu Hause war, durch meine umfangreiche Fotoausbeute gearbeitet. Schließlich wollte ich euch ja hier im Glaslinsenspiel so bald wie möglich an meiner Begeisterung für die Meißendorfer Teiche teilhaben lassen.

Früher Karpfen, heute Vielfalt

Angelegt wurden die Teiche zwischen 1890 und 1930 zur Karpfen- und Schleienzucht. Fertig ausgebaut waren sie mit ca. 350 Hektar Wasserfläche die größte Zuchtanlage für Karpfen im Nordwesten Deutschlands. Im Jahr 1984 wurden die Meißendorfer Teiche als bedeutendes Rückzugsgebiet für seltene Tiere und Pflanzen unter Naturschutz gestellt. Zu finden sind sie, wie der Name ja bereits vermuten lässt, in Meißendorf, einem Ortsteil des kleinen Städtchens Winsen an der Aller, ca. 15 km nordwestlich von Celle. Kleiner Tipp: Celle beherbergt in seiner Altstadt das größte zusammenhängende Fachwerkensemble Europas, was einen kleinen Abstecher allemal lohnend machen dürfte.

Hinweistafel am Großen Hüttensee

Zurück zu den Meißendorfer Teichen. Man hat hier versucht, einen guten Kompromiss zu finden zwischen Naturschutz und Freizeitnutzung. So ist mit dem Großen Hüttensee das zentrale Gewässer zugänglich für Spaziergänger und Schwimmer. Sogar Segler und Tretbootfahrer kommen hier auf ihre Kosten. Dafür sind die vielen umliegenden Teiche ausschließlich der Natur vorbehalten. Somit war dann auch mein fotografisches Vorgehen von vornherein klar: Ich würde mich (selbstverständlich nicht nur einmal) auf den ca. 6 Kilometer langen Rundweg um den Großen Hüttensee machen und einfach mal schauen, was mir an Motiven vor die Linse käme. Blieb nur die Frage, ob ich ohne Zugang zu den anderen und aus Sicht des Naturfotografen vermutlich interessanteren Teichen wohl genügend Motive finden würde?

Von unzähligen Mücken und seltenen Schellenten

Die erste Herausforderung ist es, vom Parkplatz überhaupt erst einmal zum Großen Hüttensee zu gelangen. Nicht, dass dieser Weg weit wäre, und er ist auch alles andere als langweilig. Im Gegenteil, es geht bereits nach wenigen Metern durch einen sehr hübschen kleinen Bruchwald. Worin soll denn da die Herausforderung bestehen? Noch dazu, wo ich dort doch bereits begeistert zum Frühstück erwartet werde. Blöd nur, dass mir eine ausschließlich passive Teilnahme am Frühstück abertausender Mücken zugedacht ist. Zumindest weiß ich jetzt, warum das Passiv auch als Leidensform bezeichnet wird.

im Bruchwald

Dummerweise ist es genau die mückenreichste Stelle, an der sich die mit Abstand beste Gelegenheit für Fotos von einem Schellenten-Pärchen ergibt. Es kostet mich eine beinahe übermenschliche Anstrengung, mit meiner Kamera im Anschlag völlig regungslos zu verharren, während sich gleichzeitig unzählige Plagegeister daran machen, mich genüsslich auszusaugen. Wie war das nochmal? Wieviele Liter Blut kann ein Mensch gefahrlos verlieren? Und wieviele Milliliter passen in so eine gut gefüllte Mücke?

Es hilft ja nichts, ich muss einfach ein paar Fotos von den hübschen Schellenten machen. Da sie bei uns ziemlich selten sind, bekomme ich so eine Gelegenheit ja nicht allzu oft. Vor allem aber faszinieren mich diese Enten aus einem ganz anderen Grund. Obwohl ich es in einem sehr guten Naturfilm mit eigenen Augen gesehen habe (nun, mit welchen Augen auch sonst?), kann ich es kaum glauben: Diese Vögel brüten in Baumhöhlen, obwohl die Jungen wie alle kleinen Entchen Nestflüchter sind. Seht ihr das Problem? Richtig, diese winzigen Federbällchen springen, kaum dass sie aus dem Ei geschlüpft sind, aus einer bis zu zehn Meter hoch gelegenen Nisthöhle auf den Boden, und das lange bevor sie fliegen können. Welch mutige Power-Küken sie doch sind!

Nur damit kein falscher Eindruck entsteht: Der Kopf einer Schellente sieht immer so „verbogen“ aus wie hier auf dem Foto. Es handelt sich dabei also keinesfalls um die Nachwirkung eines möglicherweise nicht so ganz gelungenen Sprungs vom Baum.

Schellenten-Pärchen

Teichrohrsänger – schüchterne Rapper im Schilf

Welche Erleichterung, endlich aus dem mückenreichen Bruchwald heraus- und am Großen Hüttensee anzukommen. Hier weht zu meinem Glück bereits jetzt, kurz nach Sonnenaufgang, ein leichter Wind, der die lästigen Mücken recht zuverlässig vertreibt. Das ist auch gut so, denn nun heißt es, ganz besonders geduldig zu sein. Hier im Schilf kann ich den Gesang unzähliger Teichrohrsänger vernehmen. Allerdings würde ich sie eher als Rapper denn als Sänger bezeichnen. Ziemlich sprachgewandt aber wenig melodisch hauen sie in schneller Folge jede Menge „Text“ heraus.

Leider performen sie offenbar nicht so gerne auf der Bühne, sondern bleiben lieber im Orchestergraben. Was ich damit meine? Nun, ich kann zwar so ungefähr alle drei Meter einen Teichrohrsänger hören, aber sehen lässt sich kaum einer. Dazu müsste er sich nämlich aus dem dichten, uneinsehbaren Schilf einmal etwas höher wagen. Das geschieht aber nur höchst selten. Bis ich dann meine Kamera ausgerichtet und passend fokussiert habe, ist das quirlige Kerlchen meist schon wieder nach unten verschwunden. Ich bin also auf die seltenen Momente angewiesen, in denen so ein kleiner Teichrohrsänger einmal etwas länger in den oberen Regionen des Schilfs verharrt. Nur dann habe ich die Chance, ihn in den Sucher zu nehmen. Außerdem muss ich verdammt schnell dabei sein, manuell scharf zu stellen, denn der Autofokus ist hier keine sinnvolle Option. Er lässt sich allzu leicht von den im Wind schwankenden Schilfhalmen verwirren.

Teichrohrsänger

Die Teichlandschaft

Nach langem Warten, meist vergeblich, aber eben hin und wieder auch mit der Chance auf ein schnelles Foto vom Teichrohrsänger belohnt, beginne ich meine Runde um den Großen Hüttensee. Da ich im Uhrzeigersinn unterwegs bin, liegt er auf der rechten Seite meines Weges, wobei sich zur Linken zahlreiche weitere Teiche befinden. Deren Wasserstände variieren sehr stark. Vermutlich ist das beabsichtigt, denn es führt dazu, dass hier geeignete Habitate für ziemlich viele Tiere und auch Pflanzen zur Verfügung stehen. Die nächsten Fotos zeigen das ganz gut.

Blick über den Großen Hüttensee
kleinerer Teich in sumpfigem Zustand
ein weiterer Nebenteich mit niedrigem Wasserstand

Zumindest jetzt am Morgen habe ich diese beeindruckende Teichlandschaft fast für mich alleine. Spontan beschließe ich, auch in den nächsten Tagen wieder sehr früh aufzustehen und einige weitere Runden durch dieses ebenso bezaubernde wie abwechslungsreiche Naturschutzgebiet zu drehen. Ich bin mir sicher, wenn ich mir heute viel Zeit für intensive Beobachtungen nehme, dann werde ich bei meinen weiteren Besuchen schon ziemlich genau wissen, wo die besten Motive auf mich warten. Viele Tiere sind in der Hinsicht ja recht gut einzuschätzen, da sie ihre Verhaltensweisen nicht ohne triftigen Grund ändern – eine Tatsache, die in dem Wort „Gewohnheitstier“ ihren passenden Ausdruck findet.

Rundweg um den Großen Hüttensee
noch ein Revier des Teichrohrsängers
Blick vom Beobachtungsturm

Offenbar halten inzwischen sogar Kraniche die Meißendorfer Teiche für ein geeignetes Brutgebiet. Da diese eleganten Vögel sehr hohe Ansprüche an ihre Nistplätze haben, dürfen wir ihre Bruterfolge wohl als echten Beweis dafür betrachten, wie erfolgreich der Naturschutz hier betrieben wird.

Wer genau hinschaut, kann Kraniche entdecken.

Unscheinbares am Wegesrand

Ich komme nur äußerst langsam voran, denn alle paar Meter zieht ein mögliches Motiv meine Aufmerksamkeit auf sich. Gar nicht selten sind es die auf den ersten Blick recht unscheinbaren Dinge, die mich zu einem Foto verlocken. Bei weitem nicht alle dieser Bilder gelingen mir. Aber was macht das schon? Wichtig ist, dass ich fotografierend die Natur viel intensiver erlebe, als ich das bei einem reinen Spaziergang könnte. Das ist es, was wirklich zählt. Wenn dann dabei auch noch hin und wieder eine ordentliche Aufnahme entsteht, umso besser.

Manchmal kommt es mir so vor, als seien gerade die völlig unspektakulären Motive meine wichtigsten. Vielleicht liegt es daran, dass ich sie einfach so nehme, wie sie mir begegnen und lediglich versuche, die ihnen trotz aller Unscheinbarkeit innewohnende Schönheit zum Vorschein zu bringen. Bei großartigen Landschaften oder seltenen Tieren hingegen beginne ich oft zu hadern. Das Licht ist gerade nicht ideal, das Tier schaut in die falsche Richtung, das Wetter passt nicht…

Kleine Schönheiten ohne Fell und Federn

Natürlich fallen in einem Teichgebiet besonders die vielen im und am Wasser lebenden Vögel ins Auge. Zu denen komme ich dann im nächsten Kapitel. Zuerst einmal möchte ich euch aber gerne an ein paar Begegnungen teilhaben lassen, die ich mit allerlei Mitgliedern der Fraktion Kreuch & Fleuch hatte. Leider bin ich hier alles andere als sattelfest, was die Namen der meisten Motive betrifft. Es wird mir also nicht anderes übrig bleiben, als sie euch ausschließlich anhand meiner Fotos vorzustellen. Falls jemand von euch wissen sollte, was ich da alles fotografiert habe, dann wäre ich für einen entsprechenden Hinweis in den Kommentaren wirklich dankbar.

Zusätzlich zu den oben gezeigten Insekten und der Spinne (Nein, Spinnen sind keine Insekten!) möchte ich dieses Kapitel auch noch um ein Reptil und zwei Amphibien ergänzen. Der Ehrlichkeit halber muss ich allerdings gestehen, dass ich die Frösche nicht direkt bei den Meißendorfer Teichen fotografiert habe. Ich habe sie zwar auf meinen Fotorunden auch dort immer wieder gesehen und vor allem ihr Quaken gehört. Aber zu meinem Leidwesen hätte ich sie nur steil von oben vor die Linse bekommen, was ja bekanntlich keine idealen Fotos ergibt. So sehr kann denn auch der schönste Rücken nicht entzücken. Also habe ich hier etwas gemogelt und die Fotos in einem nahe gelegenen Privatteich gemacht, wo die Bedingungen einfach besser waren.

Diese Blindschleiche lag – nicht als einzige – zum Aufwärmen mitten auf dem Weg.
Ist dieses hübsche Kerlchen nicht schon ungeküsst beinahe ein Prinz?
Froschparty am Abend

Motive im Federkleid

Meine Schwierigkeiten, zu vernünftigen Bildern von den Teichrohrsängern zu kommen, habe ich zu Anfang ja bereits geschildert. Das heißt aber nicht, es sei nun wesentlich einfacher gewesen, die anderen gefiederten Kandidaten zu fotografieren. Hier war das Problem meistens die große Entfernung, aus der ich meine Bilder aufnehmen musste. Trotz der höchst wirksamen Bildstabilisierung meiner Kamera-Objektiv-Kombination (MFT von Olympus, Näheres dazu in diesem Blogartikel) war es nicht ganz einfach, aus der Hand unverwackelte Aufnahmen zu machen. Wie so oft hat mich auch hier die Serienbildfunktion meistens gerettet. Es reicht ja, wenn ein einziges Foto aus so einer Serie scharf ist. Trotz meiner kleinbildäquivalenten Brennweite von immerhin 840 mm ist mir das zwar längst nicht immer, aber doch häufig genug gelungen.

Ja, ich weiß, ein Stativ könnte helfen. Aber es kostet eben auch eine ganze Menge Flexibilität. Deshalb – und weil ich wieder einmal keine Lust hatte, mehr Gewicht als unbedingt nötig durch die Gegend zu schleppen – habe ich mich dafür entschieden, auf mein stabiles Dreibein zu verzichten.

Rohrammer mit erbeuteter Libelle im Schnabel
Bachstelze

Der charakteristische Ruf des Kuckucks ist um diese Jahreszeit im gesamten Gebiet der Meißendorfer Teiche wirklich allgegenwärtig. Die hohe Bestandsdichte hat ihre Ursache vermutlich darin, dass die hier ebenfalls ausgesprochen häufig anzutreffenden Teichrohrsänger zu den bevorzugten Zieheltern dieses Brutparasiten gehören. Viele Kuckucke zu hören heißt aber noch lange nicht, auch nur einen von ihnen zu sehen. Es dauert eine ganze Weile, bis ich den ersten ausfindig machen kann. Dafür hat der sich aber gleich so ideal auf einem toten Baumstamm platziert, das mein Fotografenherz sofort beginnt, schneller zu schlagen. Glück muss man haben!

Kuckuck, sein Revier überblickend
Reiherente und Höckerschwan
Familienausflug der Kanadagänse im Gegenlicht

Hat es sich gelohnt?

Die Meißendorfer Teiche mögen recht unbekannt sein. Sie sind auch kein Fotorevier, in dem man nach Herzenslust überall herumstreifen darf und zu schnellen Fotoerfolgen kommt. Im Gegenteil, der weitaus größte Teil bleibt uns im wahren Sinn des Wortes verschlossen. Von einigen mit dem Auto nicht erreichbaren Randgebieten abgesehen, lässt sich die Naturfotografie hier ausschließlich vom oben beschriebenen Rundweg aus betreiben. Gestört hat mich das nicht. Gerade dieser konsequente Naturschutz führt nämlich letztlich dazu, trotz all dieser Einschränkungen eine Artenvielfalt erleben zu dürfen, die ihresgleichen sucht. Ein wenig Zeit sollte man allerdings auf jeden Fall mitbringen. Wer naturfotografisches Fastfood sucht, der ist hier eindeutig fehl am Platz.

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