Naturfotografie im Schnee

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Tipps & Tricks

Endlich einmal wieder ordentlich Schnee im Münsterland! Den gibt’s bei uns längst nicht jedes Jahr, aber in diesem Winter hat es doch mal geklappt. Und damit nicht genug: Der sich hier in der Gegend oft als launisch erweisende Wettergott hat darüber hinaus gleich noch eine ganze Reihe sonniger, aber kalter Tage in dieses überraschende Winterwetter-Sonderangebot gepackt. Da habe ich natürlich nicht lange gezögert und gleich zugeschlagen. Solch seltene Großzügigkeit will schließlich genutzt werden. Also ging es dick eingemummelt, aber bestens gelaunt und mit meiner Kamera als unverzichtbarer Begleiterin gleich mehrmals hinaus in Kälte und Schnee.

Da sowohl das Auto als auch die gesamte Einfahrt zu unserem Haus dick eingeschneit waren und ich mir viel lieber meine Kamera als die Schneeschaufel schnappen wollte, startete ich meine Fototouren in den Schnee eben zu Fuß und direkt vor der Haustür. Wirklich spektakuläre Winterlandschaften erreiche ich auf diese Weise zwar nicht, aber warum die Sache nicht sportlich nehmen und versuchen, das eher Unscheinbare ins Bild zu setzen? Also habe ich mich ganz auf den Schnee selbst, seine vielfältigen Strukturen und Formen sowie auf Details der verschneiten Landschaft konzentriert.

Mit der Kamera in der Kälte – Was gilt es zu beachten?

Generell sind die modernen Kameras selbstverständlich auch im Winter absolut einsatzfähig. Man muss sich da keine allzu großen Sorgen machen. Mir ist es tatsächlich noch nie passiert, dass mich eine Kamera in der Kälte im Stich gelassen hätte. Schlechte Nachrichten also für alle Freunde der angenehmen Heizungswärme: Minustemperaturen taugen einfach nicht als Ausrede, gemütlich drinnen zu bleiben und dabei auf so manches winterliche Motiv zu verzichten.

Habe ich übrigens schon einmal erwähnt, dass ich mich selbst nicht unbedingt zu jenen kernigen Naturburschen zähle, deren winterliches Outdoor-Vergnügen erst so richtig beginnt, wenn sie sich nach einer Nacht im Zelt für die Morgenwäsche ein Loch ins Eis des nahe gelegenen Sees schlagen? Im Gegenteil, ich vermag die Annehmlichkeiten eines behaglich bullernden Ofens sehr wohl zu schätzen. Aber es hilft ja nichts, Naturfotografie findet nun einmal vorzugsweise draußen statt.

Insofern ist es auch nicht in erster Linie meine Kameraausrüstung, um die ich mir bei klirrender Kälte Sorgen mache. Offenbar geht das nicht nur mir so: Drolligerweise findet man nämlich an der Stelle über das Fotografieren im Winter in vielen einschlägigen Lehrbüchern seitenlange Ratschläge, wie man sich anziehen sollte, um der Kälte zu trotzen. Keine Sorge, das erspare ich euch hier und gehe einfach mal davon aus, dass ihr auch ganz ohne meine Einmischung auf die vortreffliche Idee kommen werdet, euch zum Fotografieren im Freien warm anzuziehen, wenn es draußen saukalt ist. Also halte ich mich hier mit Bekleidungstipps einfach mal dezent zurück und komme lieber ohne Umschweife auf die Fotoausrüstung zu sprechen:

Akkus mögen es gemütlich warm

Die Akkus sind – vom Fotografen abgesehen – die eigentlichen Weicheier einer winterlichen Fototour. Ihnen geht bei Kälte recht schnell der Saft aus, weshalb sie gerne etwas gehätschelt werden wollen. Also trage ich die Ersatzakkus möglichst nah am Körper. Auf diese Weise bekommen sie etwas kuschelige Wärme von mir ab und sind zudem durch meine Winterkleidung ebenso wie ich ganz gut gegen Auskühlen geschützt. Diese fürsorgliche Behandlung danken sie mir durch eine spürbar längere Laufzeit. Die fällt dann aber immer noch deutlich geringer als im Sommer aus, weshalb ich lieber einen Akku mehr mitnehme.

Kamera und Objektive: Temperaturschwankungen unerwünscht

Der Rest meiner Fotoausrüstung ist deutlich härter im Nehmen als die Akkus. Das einzige, was Kamera und Objektive nicht so gern haben, sind schnelle Temperaturwechsel. So sehr mir vielleicht nach längerer Zeit in der Kälte der Sinn nach einer Einkehr stünde, ihnen zuliebe verzichte ich meistens darauf. Jeder Brillenträger kennt das: Kommt man von der Kälte ins Warme, dann sieht man erst einmal eine Weile so gut wie gar nichts, weil die Brillengläser beschlagen sind.

Das geht auch meiner Kamera und den Objektiven nicht anders. An ihren kalten Oberflächen schlägt sich die in der warmen Luft vorhandene Feuchtigkeit nieder. Mit viel Pech kann es zu kurzzeitigen Funktionsstörungen oder im schlimmsten Fall sogar zu bleibenden Schäden führen, wenn dieses Kondenswasser ins Innere der Kamera oder auch der Objektive (ja, auch das ist durchaus möglich) gelangt.

Meine komplette Fotoausrüstung ist von Haus aus gut gegen eindringendes Wasser geschützt. Dennoch gönne ich ihr wenigstens eine längere Zeit der Akklimatisierung, wenn ich wechselnde Temperaturen nicht vermeiden kann. Also beginne ich – aus der Kälte kommend – im Warmen erst dann zu fotografieren, wenn Kamera und Objektive nicht mehr beschlagen sind und sich nicht mehr eiskalt anfühlen. Ich versuche auch stets, so lange im Warmen zu bleiben, bis möglichst alle Feuchtigkeit wieder verdunstet ist. So laufe ich weniger Gefahr, dass Wasserrückstände an oder gar in meinem Equipment erneut gefrieren und möglicherweise Probleme verursachen könnten, wenn ich anschließend wieder nach draußen in die Kälte gehe.

Das war es dann aber auch schon mit der besonderen Rücksicht bei Kälte. Ansonsten muss meine Kamera unter winterlichen Bedingungen mit der gleichen, nicht immer sehr schonenden Behandlung klarkommen wie in der wärmeren Jahreszeit. So lasse ich sie selbst bei heftigem Schneefall oft gänzlich ungeschützt außerhalb des Fotorucksacks einfach am Gurt baumeln oder lege sie für ein Foto ohne zu zögern auch mal in den Schnee. Mit jeder Kamera sollte man das sicher nicht machen. Aber ich habe mir meine Olympus ja extra für die Naturfotografie angeschafft – und sie kommt mit dieser Behandlung problemlos zurecht.

Wie ich im Schnee fotografiere

Um es kurz zu machen: Alles was ich in dem Artikel über meine Kameraeinstellungen für die Naturfotografie geschrieben habe, gilt ohne Einschränkungen auch unter winterlichen Bedingungen. Allerdings widme ich beim Fotografieren im Schnee der Belichtungskorrektur und dem Weißabgleich meine besondere Aufmerksamkeit, letzterer aber erst zu Hause an meinem farbkalibrierten Monitor.

Belichtungskorrektur

Obwohl die Belichtungsautomatik moderner Kameras erstaunlich oft, wenn auch längst nicht immer, zu korrekt belichtetet Bildern führt, ist sie im Grunde doch recht simpel gestrickt. Sie schaut sich mein Motiv ja nicht wirklich an, sondern geht einfach gelangweilt davon aus, dass es sich von allen anderen Bildern, die ich so mache, nicht groß unterscheiden wird. Genauer gesagt ist der Kamera das Motiv sogar ziemlich egal. Sie interessiert sich mehr für die Verteilung der hellen, der mittleren und der dunklen Bereiche im gesamten Bildausschnitt. Die rechnet sie zusammen und bildet dann einen Mittelwert, der jetzt für die Kamera so etwas wie die Gesamthelligkeit meines beabsichtigten Fotos darstellt.

Da sie nun der Einfachheit halber annimmt, dass ich ziemlich durchschnittliche Fotos mache (eine Frechheit, nicht wahr?), vermutet sie, dass alle dunklen, mittleren und hellen Stellen meines Bildes zusammen ein mittleres Grau ergeben sollten. Nun vergleicht sie dieses mittlere Grau mit der Gesamthelligkeit, die sie soeben für meinen aktuell gewählten Bildausschnitt berechnet hat. Liegt die über dem mittleren Grau, korrigiert meine Kamera ihre Belichtungseinstellung nach unten, macht das Foto also dunkler. Im gegenteiligen Fall wird sie die Belichtung natürlich entsprechend erhöhen. Meistens funktioniert diese simple Vorgehensweise sogar ganz gut.

Im Schnee aber zeigt sich, dass meine Kamera eigentlich doch gar nicht so clever ist. Sie glaubt nämlich auch in dem Fall, mein Foto müsse insgesamt ein mittleres Grau ergeben. Das ist im Schnee aber natürlich Blödsinn, zumindest dann, wenn der Schnee den größten Teil des Bildes einnimmt. Schließlich ist er weiß und nicht mittelgrau. Jetzt schlägt meine Stunde: Endlich ist der Moment gekommen, in dem ich ihr ein für alle Mal zeigen kann, wer von uns beiden belichtungstechnisch die Hosen anhat. Mit diebischer Freude, ähnlich jener, mit der ich manchmal absichtlich falsch abbiege, nur um mein Navi zu ärgern, bediene ich mich des Korrekturrads und verstelle die von meiner Kamera vorgeschlagene Belichtung ein Stückchen in Richtung eines helleren Bildes.

Stellt sich noch die Frage, wie stark ich nachregeln sollte. Nun, das lässt sich zwar nicht mit einer Zahl, aber dennoch sehr einfach beantworten: Ich erhöhe die Belichtung bis der Schnee wieder so weiß erscheint, wie er in Wirklichkeit ist. Ganz einfach. Bei meiner spiegellosen Kamera sehe ich das ja bereits, bevor ich den Auslöser betätige. Mit einer digitalen Spiegelreflexkamera müsste ich eben ein Probefoto aufnehmen oder, statt durch den Sucher zu schauen, den Kameramonitor verwenden. Um es denn doch einmal in Zahlen auszudrücken: Meistens lande ich bei einer Belichtungskorrektur von +2/3 Blenden. Das ist aber wirklich nur ein gefühlter Mittelwert. Es kann also durchaus auch einmal weniger oder deutlich mehr sein. Wie gesagt, ich orientiere mich hier nicht an den Zahlen sondern verlasse mich lieber auf mein Auge. Zusätzlich achte ich noch auf die Überbelichtungswarnung. Der Schnee sollte zwar richtig schön weiß aussehen (zu Ausnahmen komme ich gleich), aber die Lichter dürfen keinesfalls ausfressen.

Kleiner Nachtrag: Ich muss gestehen, in Wirklichkeit sind die meisten modernen Kameras nicht ganz so dumm, wie ich sie soeben dargestellt habe. Neben den verschiedenen Modi der Belichtungsautomatik besitzen sie häufig auch eine gewisse Fähigkeit zur Motivanalyse. Möglich also, dass ich nicht immer, wenn ich damit rechne, eine Belichtungskorrektur einstellen muss. Woran es genau liegt, dass meine Kamera sich manchmal ganz schön clever und kurz darauf wieder ziemlich dumm anstellt, ich weiß es nicht. Aber vermutlich ist so eine Kamera eben auch nur ein Mensch – und wer wollte schon ernsthaft behaupten, bei uns sei das anders?

Weißabgleich

Ist Schnee tatsächlich immer weiß? Im ersten Moment mag die Frage etwas unsinnig klingen. Natürlich ist Schnee weiß, das wissen wir doch alle. Aber genau hier liegt ein kleines Problem. Gerade weil wir wissen, dass Schnee nun einmal weiß ist, nehmen wir ihn auch verlässlich als weiß wahr. Tatsächlich aber sieht Schnee unter blauem Himmel bläulich, unter grauem Himmel gräulich, bei Sonnenauf- und Untergang rötlich und in den blauen Stunden davor und danach wieder bläulich aus.

Im Alltag fällt uns das allerdings zumeist gar nicht auf. Da wir ja wissen, dass Schnee weiß ist, denken wir uns ganz unbewusst diese Verfärbungen weg. Im Grunde haben wir praktisch in unserem Gehirn einen Filter eingebaut, der diesen Farbstich, den unsere Augen sehr wohl wahrnehmen, einfach ausfiltert. Deshalb sehen wir diese unterschiedlichen Farben, die der Schnee je nach der Lichtsituation annimmt, normalerweise gar nicht mehr. Erst wenn wir draußen ganz bewusst darauf achten, nehmen wir sie tatsächlich wahr.

Beim Betrachten von Fotos ist das aber ein wenig anders. Hier fällt uns so ein Farbstich meist sofort ins Auge. Da kann es dann sehr leicht passieren, dass wir die Farbe des abgebildeten Schnees als „irgendwie falsch“ – weil eben nicht wirklich weiß – empfinden.

Als Fotograf ist man da in einer etwas eigenartigen Situation: Belässt man die Farbe so, wie sie nun einmal wirklich war, behält also den tatsächlich vorhandenen Farbstich bei, dann wird dieses ehrliche Foto von so manchem Betrachter als falsch angesehen werden. Erst wenn man den Weißabgleich so einstellt, dass der Schnee weiß erscheint, dann wird dieses manipulierte Foto als korrekt wahrgenommen. Mit anderen Worten: Wie man es auch immer macht, man macht’s verkehrt.

Meine Lösung: Da ich mich nicht als Dokumentarfotograf betrachte, handhabe ich diese und ähnliche Situationen ganz pragmatisch. Ich erhebe mich für kurze Zeit in den Stand eines Künstlers (Selbstüberschätzung ist ja nicht verboten) und denke mir: Wenn Chagall blaue Pferde malen konnte, dann sollte ich wohl auch mit blauem Schnee leben können. Diese Freiheit nutze ich dann ohne jegliches schlechte Gewissen, um beim Weißabgleich ausschließlich meinem Gefühl zu vertrauen. Richtig ist, was mir gefällt. Punkt. Über wahr oder falsch, echt oder manipuliert mache ich mir dabei nicht wirklich viele Gedanken. Es lebe die Freiheit der Kunst!


Nahezu jedes der Bilder in diesem Beitrag habe ich bei strahlend blauem Himmel gemacht, aber ganz bewusst nicht bei allen den Weißabgleich entsprechend korrigiert. Auf einigen Fotos sieht der Schnee deshalb eher bläulich als weiß aus, eben ganz so, wie er bei bewusster Wahrnehmung auch vor Ort wirkte. Mich interessiert nun eure Meinung dazu: Findet ihr es in Ordnung, diesen in der Realität ja tatsächlich vorhandenen Farbstich in den Fotos zu belassen, oder gefällt es euch besser, wenn Schnee grundsätzlich im vermeintlich korrekten Weiß wiedergegeben wird? Lasst es mich gerne in euren Kommentaren wissen.

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