Im letzten Blogbeitrag über unsere kleine Rundreise durch Portugal habe ich die Algarve ganz im Süden des Landes noch ausgespart, weil ihre umwerfende Felsenküste, aber auch das stillere Hinterland und nicht zuletzt die dortige Tierwelt einen eigenen Artikel im Glaslinsenspiel verdienen. Es gab darüber hinaus aber noch einen weiteren Grund, unsere Zeit in Portugal in zwei Beiträge aufzuteilen:
Gastfotograf Pascal Wolff
An der Algarve ist nämlich unser Sohn zu uns gestoßen, und von da an haben er und ich gemeinsam fotografiert. Pascal hat sich dabei seiner Canon bedient, während ich wie immer mit meiner Olympus unterwegs war. Interessant für uns beide war es zu sehen, dass wir auch bei ein und demselben Motiv oft zu sehr unterschiedlichen Bildern gelangt sind. Und das hatte nichts mit den Kameras, wenig mit den uns jeweils zur Verfügung stehenden Objektiven, aber sehr viel damit zu tun, dass zwei Fotografen eben auch zwei unterschiedliche Sichtweisen haben.
Pascal hat mir die Auswahl der Fotos für diesen Artikel überlassen, und ich habe zumindest versucht, mich dabei nicht davon beeinflussen zu lassen, wer von uns beiden jeweils der Fotograf war. Die Bilder in diesem Beitrag sind absichtlich nicht mit Namen gekennzeichnet, denn wir sehen alle Aufnahmen als unsere gemeinsamen und diesen Blogbeitrag als ein Gemeinschaftswerk an. In vielen Fällen wissen wir ohne einen Blick in die Exif-Daten nicht einmal mehr, von wem denn nun welches Bild stammt. Bei anderen Fotos erkennen wir es jedoch auf einen Blick an der Art der Bildgestaltung. Ihr könnt ja mal raten, wenn ihr Lust habt.
Langer Rede kurzer Sinn: Mit diesem Blogbeitrag ist zu meiner großen Freude etwas entstanden, das es so hier im Glaslinsenspiel noch nicht gab, das sich aber auf jeden Fall richtig gut anfühlt: unser erstes Vater-und-Sohn-Fotoprojekt. Es wird hoffentlich nicht unser letztes bleiben.
Das Hinterland – ruhig und romantisch
Beginnen wir mit dem vielleicht weniger bekannten, aber dafür ruhigeren, meist hügeligen Hinterland. Im Gegensatz zu den direkt an der Küste gelegenen Orten sind die Städtchen und Dörfer hier noch ursprünglicher, ein wenig verträumt vielleicht, auf jeden Fall voller Charme und gastfreundlicher Menschen. Auch wenn es nur wenige Kilometer Luftlinie bis dorthin sind, fühlen wir uns hier unendlich weit entfernt von den Urlaubersilos an manchen Abschnitten der Küste.
Extensive Landwirtschaft, manchmal schier undurchdringliche, aber jetzt im Frühling herrlich blühende Macchia und romantisch anmutende Wälder wechseln sich auf unseren Fahrten immer wieder ab. Das Hinterland hat so gar nichts Mondänes. Da kann es mit seiner Schwesterregion direkt am Meer nicht mithalten. Nein, hier ist alles ganz unspektakulär. Doch gerade diese zurückhaltende Schönheit übt auf uns einen unerwarteten Zauber aus. Ein wenig erinnert uns die Landschaft an das Alentejo vom Beginn unserer Portugal-Rundreise.
Leider sind inzwischen einige jener Gebiete, die wir noch als herrliche Naturräume erlebt haben, Opfer von verheerenden Waldbränden geworden. Das passiert in den heißen portugiesischen Sommern immer wieder einmal mit schrecklichen Folgen für die Menschen, aber auch für die gesamte Natur. Allerdings dürften sich solche Katastrophen wegen der Klimaerwärmung zukünftig wohl noch häufiger einstellen.
Spektakuläre Felsenküste
Algarve ist im Portugiesischen die – übrigens männliche – Bezeichnung einer der sieben Regionen Portugals, nämlich der südlichsten. Bei uns wird aber „die Algarve“ meist nur mit der eigentlichen Küste in Verbindung gebracht. Das ist zwar nicht korrekt, aber für jeden, der diese Gegend einmal mit eigenen Augen erlebt hat, absolut nachvollziehbar. Gerade der westliche Teil, der Barlavento, hat ohne Frage eine der spektakulärsten Felsenküsten Europas aufzubieten. Da kann man schon einmal vor lauter Begeisterung vergessen, das die Algarve auch noch das hübsche Hinterland und mit dem Sotavento im Osten zudem reichlich Sandstrände und Lagunenlandschaften umfasst. Auf Letztere werde ich im Kapitel über die Tierwelt noch einmal zu sprechen kommen.
Auch auf uns übt die einzigartige Küstenlandschaft der Felsenalgarve eine ganz besondere Faszination aus. So etwas findet man nun einmal an der deutschen Nord- und Ostseeküste nicht, vielleicht mit Ausnahme der berühmten Kreidefelsen auf Rügen. Und die sollen ja demnächst mit einer künstlichen Plattform verunstaltet werden. Mich schüttelt es jetzt schon.
Obwohl wir natürlich die ganze Vielfalt der Algarve erleben wollen, nutzen wir immer wieder die Gelegenheit, diese unglaubliche Felsenküste zu bewundern und versuchen selbstverständlich auch, ihre Schönheit zumindest hier und da in Bildern einzufangen. Da die gemeinsame Zeit mit unserem Sohn aber knapp bemessen ist, und wir ihn sonst nicht so oft in unserer Nähe haben können, ist uns allen ein gemeinsames Abendessen im Zweifel jedoch wichtiger, als die besonders fotogenen goldenen oder blauen Stunden bestmöglich für die Fotografie zu nutzen.
Wir besuchen das Cabo de São Vicente im äußersten Südwesten des europäischen Festlands. Der dortige Leuchtturm hat nicht nur mit einer Reichweite von 90 Kilometern das stärkste Leuchtfeuer an der Atlantikküste, mit seiner roten Kappe ist er noch dazu ein besonders attraktives Exemplar. Da er auf einer 70 Meter hohen Klippe steht, reicht ihm eine Bauhöhe von 24 Metern, um seine Aufgabe tadellos zu füllen. Er ist also ein sehr hübsches, aber auch ein etwas gedrungenes Kerlchen.
Auch der immer stärker werdende Regen kann uns nicht vom Fotografieren abhalten. Allerdings sollen sich meine Bilder vom Cabo São Vicente später allesamt als ziemliche Nieten erweisen. Sicher liegt es daran, dass ich mir kurz zuvor einen wirklich üblen Hexenschuss zugezogen hatte. Tja, das Wichtigste ist, man hat eine gute Ausrede. Ich hätte da auch noch das Wetter anzubieten. Blöd nur, dass Pascal auch im Regen tadellose Aufnahmen gelungen sind. Also wird wohl doch der fiese Hexenschuss die Ursache gewesen sein. Jede andere Erklärung muss ich selbstverständlich ganz entschieden zurückweisen.
Ein besonders faszinierender Abschnitt der Felsenküste erstreckt sich von Carvoeiro nach Alga Seco. Ein wunderschön oberhalb der Klippen angelegter Weg sorgt zudem für einen recht bequemen Zugang. Pascal und ich können selbstverständlich nicht widerstehen. Voller Begeisterung kraxeln wir lange in den bizarren Felsformationen herum. Fotografenherz, was willst du mehr?
Artenreiche Tierwelt
Wenn irgendwann – hoffentlich recht bald – die Pandemie kaum mehr als ein blasses Gespenst aus der Vergangenheit sein wird, dann möchte ich sehr gerne noch einmal eine Fotoreise nach Portugal unternehmen. Den Schwerpunkt würde ich in dem Fall wohl auf die Tierfotografie legen, denn der Artenreichtum auf kleinstem Raum ist in diesem Land für einen an die deutschen Agrarwüsten gewöhnten Naturfotografen schon extrem beeindruckend.
Die vermutlich besten Plätze zur Tierfotografie an der Algarve sind die herrlichen Lagunenlandschaften, allen voran die sich über 60 Kilometer entlang der Küste erstreckende Ria Formosa im Sotavento. Aber auch die weit weniger bekannte Ria de Alvor kann mit einer beeindruckenden Tierwelt aufwarten, und das, obwohl sich sowohl Urlauber wie auch Einheimische nicht allzu viel um Betretungsverbote scheren. Die Tiere haben offenbar längst erkannt, dass ihnen die Menschen zwar manchmal recht dicht auf die Pelle rücken, sie aber ansonsten durchaus in Ruhe lassen.
Ähnliches kann man ja auch in den deutschen Nationalparks erleben, wo viele Tiere eine erstaunlich geringe Fluchtdistanz aufweisen, und einem schon einmal ein Fuchs oder ein Reh in wenigen Metern Abstand seelenruhig über den Weg spaziert.
Wir hatten gerade einmal einen guten halben Tag für die Ria Formosa und auch nur ein paar Stunden für die Ria de Alvor. Dennoch war die Fotoausbeute erstaunlich groß. Schließlich konnten wir wegen der Kürze der zur Verfügung stehenden Zeit ja praktisch nur Bilder von solchen Tieren machen, die uns mehr oder weniger direkt vor die Kamera gelaufen oder geflogen sind. Welche Motive man hier erst auf den Sensor bannen könnte, wenn man nur genügend Zeit mitbrächte!
Der Abendhimmel – beinahe schon unwirklich
Ich weiß nicht, ob wir vielleicht einfach nur Glück hatten, aber gleich an mehreren Abenden, an denen wir nach einem erlebnisreichen Tag ganz entspannt auf der Terrasse unseres Ferienhauses saßen, zeigte sich über uns ein schier unglaublicher Himmel. Ich habe bis dahin gar nicht gewusst, dass es eine solche Farbenpracht zum Sonnenuntergang überhaupt geben kann. In so einem Moment wäre es sicher großartig gewesen, zum Fotografieren an einer vorher mit Bedacht ausgesuchten Stelle an der Felsenküste zu sein. Diese ohnehin schon spektakuläre Landschaft unter einem solchen Himmel – ich darf gar nicht daran denken, was das für Bilder hätten werden können…
Nun, statt uns vor Ärger sonst wohin zu beißen haben Pascal und ich eben in aller Eile versucht, im Garten eine Palme oder ein anderes geeignetes Vordergrundmotiv zu finden und alles Weitere dem beinahe schon unwirklich farbenfrohen Himmel und unseren Kameras zu überlassen. Wirklich alles Weitere? Nicht ganz. Blende und Belichtungszeit haben wir schon lieber selbst eingestellt. In so einer Situation würde jede Art von Automatik gnadenlos überbelichten und damit die fantastischen Farben bis zur Unkenntlichkeit abschwächen. Den automatischen Weißabgleich, der hier ebenfalls nichts Gutes bewirken könnte, habe ich bei meiner Kamera ja ohnehin immer ausgeschaltet. In diesem Blogbeitrag über meine Kameraeinstellungen für bessere Naturfotos habe ich darüber schon einmal etwas geschrieben.
Selbstverständlich haben wir an der Algarve neben all diesen Naturschätzen – und da gibt es wahrlich noch einige mehr – auch so manches Städtchen an der Küste oder im Hinterland besucht. Aber ich hatte ja letztes Mal versprochen, in diesem Blogbeitrag den Schwerpunkt wieder ganz auf die Naturfotografie zu legen.
Ich hoffe sehr, ihr hattet ein wenig Freude an den Bildern und Texten. Mir war es jedenfalls ein großes Vergnügen, die beiden Artikel über unsere Reise durch Portugal zu schreiben und zu bebildern. Ganz besonders viel Spaß haben mir die gemeinsamen Fotoausflüge mit meinem Sohn gemacht. Ohne Pascals Fotos wäre dieser Beitrag um einiges farbloser geblieben, im übertragenen wie auch im buchstäblichen Sinn.
Ich hatte es oben ja schon erwähnt: Irgendwann möchte ich noch einmal im Frühjahr nach Portugal fahren und mich dann am liebsten mehrere Wochen lang ganz auf die Naturfotografie konzentrieren. Falls von euch jemand da den einen oder anderen guten Tipp haben sollte: Bitte schreibt es gerne in die Kommentare. Ich würde mich freuen.