Puh, ist das heiß! Weit über 30°C, die 40er-Marke nicht mehr weit entfernt. Ganz sicher nicht meine Lieblingsbedingungen zum Fotografieren. Aber mir bleibt keine Wahl. Bald sind wieder zwei Wochen um, und noch stehe ich ohne Bilder für den nächsten Blogbeitrag da. Aber jetzt durch die Hitze hatschen? Auf keinen Fall! Also entschließe ich mich wieder einmal, unseren Garten zur Fotobühne zu machen. So kann ich mich wenigstens zwischendurch im Haus immer mal wieder für ein paar Minuten abkühlen.
Allerdings kommen bei diesen Temperaturen im Grunde nur die sonnenhungrigen Insekten als willige Models infrage. Sie scheinen tatsächlich die einzigen zu sein, bei denen die Hitze nicht alle Lebensgeister lähmt. Im Gegenteil: Eifrig fliegen sie von Blüte zu Blüte und gehen unermüdlich summend und brummend ihrem Tagesgeschäft nach. Nun denn, es hilft ja nichts. Also stelle, setze oder lege ich mich vor jenen Blumen und Kräutern auf die Lauer, die bei unseren eifrigen Kerbtieren besonders hoch im Kurs stehen.
Insekten sind ziemlich klein, sie halten zumindest tagsüber selten still und viele von ihnen nehmen flugs Reißaus, wenn man sich ihnen nähert. Nicht gerade die idealen Voraussetzungen für gelungene Fotos. Man muss sich also etwas einfallen lassen. Ich bediene mich deshalb je nach Situation verschiedener Vorgehensweisen, die alle ihre Vor- und Nachteile haben.
Übrigens:
Die Fotos zu diesem Beitrag habe ich alle auf dieselbe Weise gemacht. Ihr könnt ja mal versuchen herauszubekommen, welcher der unten beschriebenen Methoden ich mich bedient habe. Am Ende des Artikels findet ihr dann die Auflösung.
Insektenfotos mit dem Makroobjektiv
Wegen ihrer geringen Größe liegt es natürlich nah, Insekten mit einem Makroobjektiv abzulichten. Eine etwas längere Brennweite hilft in diesem Fall sehr. Man muss dann nicht gar so nah heran an die kleinen Freunde und hat deshalb bessere Chancen, dass sie nicht im letzten Moment doch noch davonfliegen. Mein Lieblings-Makroobjektiv (nun ja, es ist auch mein einziges) hat eine kleinbildäquivalente Brennweite von 120 mm. Damit kann ich in der Regel genügend Abstand wahren und auf diese Weise vermeiden, meine Models nervös zu machen. Außerdem ist der Bildwinkel meistens eng genug, um störende Elemente aus dem Bild einfach auszublenden.
Nicht immer muss alles scharf abgebildet werden
So schön es einerseits sein mag, auch sehr kleine Insekten mit dem Makroobjektiv formatfüllend einzufangen, so lästig ist andererseits die damit verbundene äußerst geringe Schärfentiefe. Da bleibt es beinahe schon egal, wie groß oder besser wie klein das Insekt ist, ich werde meistens doch nur einen Teil von ihm scharf abbilden können. In der Regel sind das dann die Augen – und nicht viel mehr. Jetzt habe ich genau zwei Möglichkeiten: Ich kann diese geringe Schärfentiefe akzeptieren oder einen relativ großen Aufwand in Kauf nehmen, um dem entgegenzuwirken.
Meistens gebe ich mich mit der hauchdünnen Schärfeebene zufrieden. Oft gefallen mir solche Bilder sogar ziemlich gut. Das erinnert dann ein wenig an die aktuelle Mode in der Porträtfotografie, wo es viele Fotografen anstreben, mittels sehr weit geöffneter Blende einen ganz ähnlichen Effekt zu erzielen. Da sind oftmals auch nur die Augen scharf abgebildet, während Nasenspitze und Ohren schon deutlich in der Unschärfe liegen.
Wenn es aber doch von vorne bis hinten scharf sein soll
Wenn ich mehr Schärfentiefe will, könnte ich es dann nicht einfach mit einer kleineren Blende versuchen? Nun, das läge zwar nahe, es brächte in der Praxis aber leider nicht allzu viel. Und je mehr ich die Blende schließe, desto stärker wirkt die zunehmende Beugung meinen Bemühungen sogar entgegen. Besser ist es da, eine ganze Reihe von Aufnahmen eines Insekts zu machen und dabei jedes Mal den Fokus ein winzig kleines Stückchen zu verschieben. Das geht grundsätzlich auch manuell, aber meine Kamera stellt dafür unter dem Namen Focus Bracketing eine recht brauchbare Automatik zur Verfügung.
Am Ende habe ich dann eine mehr oder weniger große Zahl von Einzelaufnahmen. In jeder sind andere Teile des Insekts scharf abgebildet. Bei der Nachbearbeitung kann ich diese Aufnahmen dann zu einem einzigen Foto zusammenführen, und zwar so, dass sich am Ende eine durchgehend scharfe Abbildung ergibt. Das funktioniert zum Beispiel in Photoshop. Allerdings ist es recht mühsam, wenn ich das manuell mache. Es gibt zwar auch eine Automatik dafür, aber bei sehr vielen Einzelfotos kommt die schnell an ihre Grenzen und liefert dann, wenn überhaupt, meistens nur mittelmäßige Ergebnisse. Möchte man solche zusammengesetzten Makroaufnahmen (Focus Stacks) häufiger machen, dann ist es wohl am sinnvollsten, sich dafür eine spezialisierte Software (z.B. Helicon Focus) zuzulegen.
So elegant man das Problem der geringen Schärfentiefe mittels Focus Stacking auch aus dem Weg räumen kann, so empfindlich reagiert diese Methode auf Bewegungen des Motivs. Gerade Insekten krabbeln ja gerne einmal ein Stückchen weiter – und schon passen die Einzelaufnahmen nicht mehr richtig aufeinander. Wind ist oft auch alles andere als hilfreich. Insofern klappt es mit dem Focus Stacking am besten am frühen Morgen, wenn die Insekten noch unbeweglich sind und meistens auch noch Windstille herrscht.
Wer mich kennt, weiß, dass der frühe Morgen nicht so meine Zeit ist. Deshalb greife ich häufig auf eine andere Methode zurück:
Insektenfotos mit dem Teleobjektiv
Wenn es mir nicht auf den größtmöglichen Abbildungsmaßstab ankommt, also zum Beispiel bei nicht gar so winzigen Insekten, dann mache ich mir das Leben gerne etwas leichter und verwende kein Makro-, sondern ein Teleobjektiv, vorzugsweise mein 300er, was auf Kleinbild umgerechnet einer Brennweite von 600 mm entspricht. Das hat gleich mehrere Vorteile:
- Ich kann einen sehr viel größeren Abstand zu meinen kleinen Models einhalten, laufe also noch einmal deutlich weniger Gefahr, sie zu beunruhigen oder gar aufzuscheuchen.
- Auch Insekten, die sich auf einer etwas weiter entfernten Blüte niedergelassen haben, kann ich auf diese Weise ganz problemlos fotografieren, ohne dabei ins Blumenbeet zu trampeln.
- Gegenüber der eigentlichen Makrofotografie erziele ich eine deutlich größere Schärfentiefe, kann also mehr vom Insekt hinreichend scharf abbilden, und das in einer einzigen Aufnahme.
- Die Kombination aus Kamera und Teleobjektiv ist schwerer und liegt somit spürbar ruhiger in der Hand. Zudem bringt das genannte Tele seine eigene Bildstabilisierung mit, die in Kombination mit jener der Kamera besonders effektiv arbeitet. Beim Makro steht mir hingegen nur die Stabilisierung in der Kamera zur Verfügung.
Nachteile gibt es natürlich auch:
- Näher als 1,40 Meter kann ich – jedenfalls ohne weiteres Zubehör – nicht an mein Motiv heranrücken. Ich würde sonst die Naheinstellgrenze des Objektivs unterschreiten; ein Scharfstellen wäre nicht mehr möglich.
- Der maximale Abbildungsmaßstab ist geringer und reicht für ganz besonders kleine Motive nicht immer aus.
- Das höhere Gewicht (1270 g) hilft zwar, die Kamera ruhig zu halten, kann aber auf Dauer auch ein wenig auf die Arme gehen.
Wie immer gibt es auch beim Fotografieren von Insekten und allen vergleichbar kleinen Motiven durchaus mehrere Wege, die zum Ziel führen können. Ich wollte hier einfach nur einmal zeigen, dass bei mir neben dem Makro- auch das Teleobjektiv dafür zum Einsatz kommt. Bei anderen Gelegenheiten verwende ich auch gerne Zwischenringe oder Vorsatzlinsen. Die sind zum Glück sehr leicht, so dass ich sie ohne Sorge um das Gewicht meines Fotorucksacks ohne lange abzuwägen auf eine Fototour mitnehmen kann. Auch darüber wird es hier im Glaslinsenspiel sicher einmal einen Beitrag geben.
Jetzt fehlt eigentlich nur noch die Auflösung zu unserem kleinen Ratespiel vom Anfang dieses Beitrags. Hier ist sie: Alle Fotos habe ich mit dem Teleobjektiv gemacht. Kein Makro, kein Focus Stacking, kein Was-auch-immer. Na, wer hat’s erkannt?
Falls ihr diese Bilder gerne einmal mit anderen vergleichen wollt, die ich mit meinem Makroobjektiv gemacht habe, dann schaut doch mal in den folgenden Artikel:
Der lähmenden Hitze tapfer trotzend habe ich’s geschafft: Die Fotos sind im Kasten, und ich wurde entgegen allen Befürchtungen weder durch einen Hitzeschlag noch von einem gepflegten Sonnenstich außer Gefecht gesetzt. Inzwischen herrschen draußen fast 40°C im Schatten. Wie gut, dass sich die meisten Insekten ohnehin lieber in der prallen Sonne aufhalten. So musste ich für meine Fotos nicht allzu oft im Schatten stehen;-)
Während meine kleinen Freunde weiterhin fröhlich flatternd oder summend von Blüte zu Blüte eilen, bin ich fix und fertig. Jetzt lege ich mir erst einmal einen Eisbeutel auf den Kopf und ruhe mich ein Weilchen aus. Danach werde ich vielleicht – aber auch nur vielleicht – wieder halbwegs zu gebrauchen sein.