Tierfotografie – immer auch ein Glücksspiel

Kommentare 0
Schmökern

Es klappt nicht immer alles so, wie man es sich wünscht. Diese Binsenweisheit gilt im Leben und erst recht in der Naturfotografie. Ich habe das gerade erst wieder erfahren müssen. Dabei hatte ich mir die Sache so einfach vorgestellt. Tatsächlich war ich kein bisschen in Sorge, am Ende nicht genug brauchbare Fotos für diesen Blogartikel zustande zu bringen. Nun, letztlich kam es dann doch ein bisschen anders. Aber jetzt mal schön der Reihe nach:

In Kopenhagen gibt es den Jaegersborg Dyrehave und in London den Richmond Park. Beide sind auf den ersten flüchtigen Blick nichts weiter als ganz normale, wenn auch sehr weitläufige Parkanlagen, allerdings mit einer ansonsten seltenen Besonderheit: Die dort in recht großer Zahl lebenden Rothirsche teilen sich ihr Revier in schönster Harmonie mit den vielen menschlichen Parkbesuchern. Keinerlei Zäune trennen die einen von den anderen. Wenig erstaunlich also, dass beide Parks bei Naturfotografen ausgesprochen beliebt sind. Schließlich kann man sich dort frei zwischen den Hirschen bewegen und ihnen dabei sehr nahe kommen, ohne sie in die Flucht zu treiben. Mit anderen Worten: Es bieten sich dort exzellente Chancen auf gute Fotos und das, ohne die Tiere, welche sich längst an die Menschen gewöhnt haben, auch nur im Geringsten zu beunruhigen. Eine echte Win-Win-Situation also.

Wildpark Dülmen – ein Wildpark der etwas anderen Art

Und nun der Clou: Nicht nur in Kopenhagen und London kann man so etwas erleben. Im Münsterland, meiner Wahlheimat, gibt es mit dem Dülmener Wildpark etwas absolut Vergleichbares. Auch hier leben viele Rot-, aber noch mehr Damhirsche in friedlicher, von Seiten der Tiere nahezu gleichgültiger Koexistenz mit den Besuchern. Leider führt das Wort „Wildpark“ in dem Fall ein wenig in die Irre. Mit seinen Namensvettern, die ja in der Praxis nichts anderes sind als auf heimische Wildtiere spezialisierte Zoos mit ihren typischen Gehegen, hat das Areal in Dülmen nämlich kaum etwas gemein.

Der erste Unterschied liegt schon einmal in der puren Größe. Mit seinen 250 Hektar ist dieser Park um einiges weitläufiger als das gesamte Fürstentum Monaco. Allerdings leben seine Bewohner, die sich hier praktisch überall frei bewegen können, erheblich bescheidener. Sie beeindrucken nicht mit protzigen Yachten sondern bestenfalls mit ihrem prächtigen Geweih. Seine beachtliche Größe ist übrigens nicht das einzige Alleinstellungsmerkmale dieses Parks:

Der Dülmener Wildpark kennt keine Öffnungszeiten. Man kann ihn rund um die Uhr und an jedem Tag des Jahres besuchen; der Eintritt ist frei. Eine wie auch immer geartete touristische Infrastruktur gibt es hier zum Glück nicht. Kein Eis, keine Bratwurst, kein Kinderkarussell. Warum auch? Das alles scheinen weder die großen noch die kleinen Besucher zu vermissen. Hierher kommt man wegen des Naturerlebnisses.

Zwar lohnt der Park mit seinen Wäldern, Wiesen und Seen alleine schon einen Besuch. Die größte Attraktion stellen aber natürlich die Tiere dar. Unter denen sind die Dam- und Rothirsche sicher die auffälligsten. Sie haben sich an die Besucher gewöhnt und wissen, dass von ihnen keine Gefahr ausgeht. Das Areal wurde aber längst auch von vielen weiteren Arten als geeignetes Habitat entdeckt. Offensichtlich lässt es sich im Dülmener Wildpark gut leben.

Weißstörche haben die Wiesen des Dülmener Wildparks für sich entdeckt.

Fotopleite trotz idealer Location

Da ich im Moment nicht ganz so viel Zeit zum Fotografieren abzweigen kann, schien mir ein kleiner Ausflug in diesen Park eine ziemlich gute Idee zu sein. Herrliche Dam- und Rothirsche, an Menschen gewöhnt und deshalb vermutlich nur wenig scheu, da müsste es doch schon mit dem Teufel zugehen, wenn es unter dermaßen idealen Bedingungen nichts werden sollte mit vorzeigbaren Bildern in relativ kurzer Zeit.

Tja, und genau so kam es dann auch … also … es ging tatsächlich mit dem Teufel zu. Alles fing bereits damit an, dass es viel sonniger war als vorhergesagt. Damit konnte ich meine Hoffnung, in den Wäldern des Parks zu brauchbaren Fotos zu kommen, schon einmal getrost vergessen. Warum? Nun, bedeckter Himmel, Regen, Nebel, Schnee – alles ist mir im Wald lieber als Sonnenschein. Nichts lenkt mehr ab vom Hauptmotiv, zum Beispiel einem beeindruckenden Hirsch, als grelle Sonnenflecken zwischen den tiefdunklen Schatten der Bäume. Dieser sehr kleinteilige Hell-Dunkel-Kontrast, der uns vor Ort gar nicht sonderlich stört, wirkt auf Fotos total unruhig, und er verwirrt das Auge des Betrachters.

Der unerwartete Sonnenschein sollte sich allerdings nur als eines meiner Probleme erweisen. So leicht es mir auch viel, an verschiedenen Stellen das hübsch gepunktete Damwild vor die Linse zu bekommen, so wenig kooperationsbereit erwiesen sich die Kollegen von der roten Fraktion. Sämtliches Rotwild schien sich ausgerechnet am Tag meines Besuchs von der Bühne zurückgezogen zu haben. Gerade einmal eine einzige Rothirschkuh ließ sich für ein paar Sekunden blicken – und selbst da zeigte sie sich mir nicht in ihrer ganzen Schönheit.

Mehr als diesen kurzen Blick auf eine Hirschkuh gewährte mir das Rotwild heute nicht.

Das Problem hätte ich in einem herkömmlichen Wildpark mit Sicherheit nicht gehabt. Hier aber, auf diesem riesigen Areal, können sich die Tiere natürlich ganz wunderbar irgendwo ins Unterholz oder tief in den Wald zurückziehen. Sie entscheiden. Wir sind nur zu Besuch bei ihnen und müssen ihre Entscheidung akzeptieren. Das ist gut so, und ich will mich darüber auch nicht beklagen. Was wirklich zählt: Ich durfte einige herrliche Stunden inmitten dieser faszinierenden Natur verbringen. Dass am Ende nur eine recht spärliche – um nicht zu sagen klägliche – Fotoausbeute dabei herauskam, ist natürlich schade. Aber so geht es eben zu im Leben. In dem eines Naturfotografen allemal.

Dieser Kormoran ging in einem der Seen auf Fischjagd.

Mir bleibt somit heute gar nichts anderes übrig, als euch hier ganz ehrlich von meiner Pleite zu berichten. Ich hatte ja noch Glück, und es wurde kein vollständiger Reinfall. Immerhin zeigte das Damwild ein Einsehen und posierte hier und da unter akzeptablen Lichtbedingungen vor meiner Kamera. Vielleicht haben ja sogar die Störche und der Kormoran extra vorbeigeschaut, um mir einen kleinen Gefallen zu tun. So sind dann letztlich doch noch einige wenige halbwegs vorzeigbare Aufnahmen gelungen. Für heute müssen die eben reichen. Aber ich werde am Ball – oder besser am Hirsch – bleiben. Vielleicht habe ich ja schon bei meinem nächsten Besuch mehr Glück mit jenen Bildern, auf die ich dieses Mal vergeblich gehofft hatte.

Schreibe einen Kommentar