Anhand seiner Kamera mitsamt der „langen Tüte“ von Objektiv war unschwer zu erkennen, dass ich einem Hobbykollegen gegenüberstand. Auf den ersten Blick wirkte er auf mich allerdings alles andere als zufrieden. Dieser Eindruck bestätigte sich, als er mir nach einem kurzen Gruß mit erkennbar verdrießlicher Miene zurief: „Nichts los, hier!“ Offenbar war er recht enttäuscht, weil es seiner Ansicht nach an brauchbaren Motiven mangelte.
Einspruch, euer Ehren!



Zugegeben, auf den ersten Blick mochte es vielleicht so aussehen als bekäme man hier an den Meißendorfer Teichen – dort fand die Begegnung statt – nicht allzu viel Lohnendes vor die Kamera. Meine eigenen Erfahrungen sind da allerdings gänzlich andere. Bei diesem wie auch bei einem früheren Besuch bin ich vielmehr beide Male innerhalb weniger Tage auf eine recht stattliche Fotoausbeute gekommen, mit der ich mehr als zufrieden war. Alles, was es dazu brauchte, waren eine ordentliche Portion Geduld und einige Beharrlichkeit.

Die Natur ist eben – zum Glück – kein Zoo. Zilpzalp, Rohrammer und Co. haben nun einmal keine festen Besuchszeiten. Aber gerade jetzt im Frühling lassen sie sich doch ziemlich häufig hören, seltener sehen, aber dennoch mit ein bisschen Geduld sogar fotografieren. So auch hier an den Meißendorfer Teichen. Man darf nur nicht zu früh aufgeben.

Nebenbei bemerkt: Es gibt sicher niemanden, der sich Vogelstimmen noch schlechter einprägen kann als ich. Das habe ich immer als großen Nachteil empfunden, denn an ihrem Gesang lassen sich viele Vögel nun einmal am besten ausfindig machen und bestimmen – wenn auch leider nicht von mir. Seit einiger Zeit bekomme ich dabei jetzt aber exzellente Unterstützung von „BirdNet“. Diese kostenfreie App der Technischen Universität Chemnitz, die ich auf meinem Handy installiert habe, erkennt zuverlässig all jene Vogelstimmen, die ich mir auch beim besten Willen nicht merken kann. Wie genial ist das denn?


Aber zurück zum Thema: Ende April war ich wieder einmal mit meinem Wohnanhänger unterwegs. Zum Ausgangspunkt meiner Fototouren im Naturschutzgebiet rund um die Meißendorfer Teiche hatte ich ausnahmsweise den direkt angrenzenden Campingplatz gewählt. Üblicherweise nutze ich ja lieber private Stellplätze, zumeist auf Bauernhöfen, weil mich dort deutlich mehr Freiraum und Ruhe als auf einem typischen Campingplatz erwartet. Hier aber ließ mich die ideale Lage des Platzes eine Ausnahme machen. Nur ein paar Schritte vom Bett bis zu meinen Motiven, diesen Vorteil durfte ich mir einfach nicht entgehen lassen.



In weiser Voraussicht hatte ich für meinen Aufenthalt die paar wenigen Tage zwischen den Osterferien und dem Brückentags-Wochenende zum 1. Mai gewählt. So konnte ich auf diesem völlig zu Recht stark nachgefragten Campingplatz einige erstaunlich ruhige Tage verbringen. Weil dann auch noch das berüchtigte Aprilwetter wunderbar mitspielte, kam ich gar nicht umhin, mir selbst auf die Schulter zu klopfen: Ich hatte wohl tatsächlich einmal alles richtig gemacht.






Da ich gleich mehrere Tage hier verbringen wollte, konnte ich es mir leisten, stets ohne Fotorucksack loszuziehen und nur meine Kamera mit einem einzigen – natürlich nicht immer demselben – Objektiv umzuhängen. Das ist ohnehin meine bevorzugte Art der Fotografie, von der ich im Grunde nur abweiche, wenn es denn unbedingt sein muss, also zum Beispiel immer dann, wenn ich – etwa aus Zeitmangel – eine Tour nicht oder zumindest nicht so bald wiederholen kann. In solchen Situationen gehe ich meist doch lieber auf Nummer sicher und schleppe meinen Fotorucksack mit mir herum.



Aber hier war das zum Glück nicht nötig, denn ich hatte ja, wie gesagt, mehrere Tage zur Verfügung, an denen ich jeweils zwei ausgedehnte Fototouren machen wollte. Um ehrlich zu sein: Eigentlich wären sogar drei pro Tag locker drin gewesen, aber da gab es ja unweit des Campingplatzes auch noch jenes hübsche Café, wo man es sich im Schatten einer wunderschönen alten Linde bei leckerem hausgebackenen Kuchen gutgehen lassen konnte. Also redete ich mir ein, gutes Fotolicht sei ohnehin erst am Abend wieder zu erwarten. Dank dieser klug gewählten Ausrede konnte ich mich an den Nachmittagen ganz ohne nagende Gewissensbisse in besagtem Café verwöhnen lassen.



Wenn das Wetter mitspielt, was es dieses Mal aufs Vortrefflichste tat, dann gibt es für mich keinen schöneren Monat als den April, um durch die Natur zu streifen. Überall beginnt es zu blühen, die ersten Nektarsammler summen und brummen, die Luft ist klar und erfüllt von dem Gesang meiner gefiederten Freunde. Stolz führen die ersten Gänse ihre Küken aus, flauschige Federbällchen, die voller Neugier und Lebensfreude, aber dennoch brav in Reih‘ und Glied hinter ihren Eltern herpaddeln. Das alles und noch so viel mehr lässt sich gerade im April besonders gut beobachten, zumal das erste zarte Grün an Bäumen und Büschen unseren Blick auf all diese kleinen Wunder noch nicht versperrt.




Ihr werdet es schon bemerkt haben, die Tage an den Meißendorfer Teichen waren so recht nach meinem Geschmack. Es passte einfach alles: Wetter vom Feinsten, eine wunderschöne Landschaft, jede Menge Begegnungen mit den unterschiedlichsten Tieren, ein angenehmer Stellplatz und nicht zuletzt am Ende auch eine Fotoausbeute, mit der ich hochzufrieden war. Für mich müssen es nicht unbedingt Aufnahmen von ganz besonderen Tieren oder Pflanzen sein. Mir geht es ganz einfach nur darum, die Zeit in der Natur zu genießen und ihre Schönheit und Vielfalt – wenn irgend möglich – in ansprechenden Bildern festzuhalten. In Abwandlung eines alten Spruchs bin ich geneigt zu sagen. „Wer (als Fotograf) den Spatz nicht ehrt, ist des Adlers nicht wert.“


Zum Glück bietet ein solches Naturschutzgebiet mit seinen Sperrzonen den Tieren jede Menge Möglichkeiten, uns Menschen aus dem Weg zu gehen. Und um ganz ehrlich zu sein, muss ich wohl zugeben, dass sie oft auch allen Grund dazu haben. Wenn einige von ihnen aber dennoch freiwillig unsere Nähe aufsuchen und somit Einblicke in ihre Lebensweise gewähren, dann sollten wir das als ein Privileg empfinden und alles daran setzen, diesen immensen Vertrauensvorschuss durch unser Verhalten zu rechtfertigen. Dann – und nur dann – klappt’s auch mit der Naturfotografie.


Es klang oben im Text ja schon an: Dies war bereits mein zweiter Besuch im Fotorevier der Meißendorfer Teiche. Falls ihr Lust habt, auch den Blogbeitrag über meinen ersten Aufenthalt dort zu lesen, dann klickt einfach auf den Button unten. Er bringt euch direkt dorthin.