Naturfotografie auf Sardinien – Teil 2

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Reisen

Wer bisher nur den ersten Teil angeschaut hat, der konnte leicht zu dem Schluss gelangen, Sardinien sei im Grunde nichts als ein beliebiges Stück Land, nur eben mit einer großartigen Küste drumherum. Viele Urlauber kommen wohl auch tatsächlich nur wegen der unzähligen phantastischen Strände hierher. Aber daraus sollte man keinesfalls schließen, dass es sich nicht lohnte, auch den einen oder anderen Ausflug ins Innere der Insel zu unternehmen.

Ausflug ins Inselinnere

Wir jedenfalls wollen diesen Fehler nicht machen, und so haben wir uns für heute eine kleine Rundfahrt vorgenommen, die uns zu einigen Besonderheiten, aber eben auch durch typische Landschaften Sardiniens abseits der Küste führen soll. Unser Plan geht auf: Wir gewinnen einen guten ersten Eindruck von der zwar meist kargen, aber oft von undurchdringlicher Macchia bedeckten Landschaft. Eben ist sie übrigens selten. Fast überall erweist sich das Inselinnere zumindest als hügelig, oft sogar als ausgesprochen bergig.

Den ersten Halt legen wir denn auch in dem kleinen Bergstädtchen Luogosanto ein. Wir parken kurz hinter dem Ortseingang an einem Aussichtspunkt, von wo wir unseren Blick weit über Landschaft schweifen lassen können. Das Örtchen mit seinen steilen Gassen ist nicht wirklich attraktiv zu nennen, wirkt aber dennoch recht einladend dank der nicht selten blumengeschmückten Granithäuser. Wir nehmen die Einladung an und frühstücken auf der Aussichtsterrasse des winzigen, zu einem Franziskaner-Konvent gehörenden Museumscafés.

Gut gestärkt geht’s nun weiter in Richtung Lago di Liscia. Allerdings ist es nicht der Stausee selbst, der uns anzieht. Uns locken vielmehr die drei oberhalb des Sees zu findenden ältesten Olivenbäume Sardiniens. Unseren ersten Versuch, diese Baum-Methusalems (ja, so lautet die Mehrzahl, ich hab’s extra nachgeschlagen) über eine Nebenstrecke zu erreichen, müssen wir leider kurz vor dem Ziel abbrechen. Die mit enormen Schlaglöchern ausgestattete Lehmpiste wäre nur mit einem Geländewagen zu bezwingen. Im zweiten Anlauf geht dann alles glatt und wir stehen schon bald staunend vor den uralten, aber noch immer überraschend vitalen Baumveteranen.

Das Küken unter den Dreien ist nur wenig mehr als jugendliche 500 Jahre alt, während seine beiden älteren Brüder ca. 2000 bzw. beinahe 4000 Jahre auf dem Buckel (besser: auf dem Stamm) haben. Dieser – also der Stamm – hat bei dem ältesten Exemplar in Bodennähe den gewaltigen Umfang von zwölf Metern.

Mehr aber als mit reinen Zahlen beeindrucken diese Bäume durch ihre bizarre Gestalt, ihre in alle Himmelsrichtungen ausgreifenden knorrigen Äste. Der Gedanke, dass der Älteste unter ihnen bereits lange vor der Nuraghenkultur (dazu weiter unten mehr) an dieser Stelle stand, gewiss schon damals wegen seiner Früchte hochwillkommen, erfüllt uns mit einem Gefühl von Ehrfurcht.

Auf der Rückfahrt kommen wir an einem kleinen Eichenwäldchen vorbei, wo wir die Gelegenheit haben, frisch geschälte Korkeichen zu bewundern. Die rote Farbe wird nicht etwa von Menschenhand aufgetragen; es handelt sich vielmehr um so etwas wie einen baumeigenen „Schutzanstrich“, der sich nach dem Schälen bildet.

Anschließend gönnen wir uns bei Aggius noch einen lohnenden Abstecher über die dortige Strada panoramica. Direkt an dieser Straße liegt ein hübscher Park, in dem ich ein sehr beeindruckendes Hornissennest entdecke. Ein solches Fotomotiv möchte ich mir keinesfalls entgehen lassen. Ich achte zwar sorgfältig darauf, einen ausreichenden Abstand zum Nest einzuhalten, aber dummerweise stehe ich wohl aus Versehen genau in der Einflugschneise. Das wiederum gefällt den Großwespen überhaupt nicht, und schon starten sie erboste Attacken. Mir bleibt nur die Flucht. Das Ergebnis sind am Ende drei schmerzhafte Hornissenstiche und leider kein einziges Foto. Welch eine Pleite!

Ein Tag auf La Maddalena

Da unser Ferienhaus nun einmal ganz in der Nähe von Palau liegt, und da von dort die Fähren nach La Maddalena starten, wäre es fast schon sträflich, wenn wir uns diese hübsche kleine Insel entgehen ließen. Der Name „La Maddalena“ bezeichnet übrigens nicht nur die Insel, sondern auch ihren Hauptort. Zu allem Überfluss ist die Insel La Maddalena wiederum eine der sieben Hauptinseln des La-Maddalena-Archipels. Ganz schön verwirrend, nicht wahr?

Am frühen Vormittag reihen auch wir uns mit unserem Auto am Hafen von Palau in die Warteschlange für die nächste Überfahrt nach La Maddalena ein. In weniger als einer halben Stunde bringt uns die Fähre auf die kleine Nachbarinsel. Zum Glück finden wir gleich am dortigen Hafen einen Parkplatz, so dass wir den Hauptort – der, wie gesagt, auch La Maddalena heißt – gemütlich zu Fuß erkunden können.

So ein Bummel lohnt sich für Shopping-Freunde sicherlich schon allein wegen der vielen ganz auf Touristen ausgerichteten Läden in der Fußgängerzone. Wer hier kein Reisemitbringsel findet, dem ist nicht zu helfen. Wir steuern wieder einmal zuerst ein Café an, um uns dort zum Frühstück ein typisch italienisches Cornetto, also ein süß gefülltes Blätterteighörnchen, schmecken zu lassen. Wir sitzen draußen, wie nahezu immer in diesem Urlaub, und es macht einfach Spaß, dem munteren Treiben in dem wuseligen Einkaufssträßchen zuzuschauen.

Anschließend bummeln auch wir durch den Ort. Mehr noch als die Geschäfte haben es uns die vielen engen, verwinkelten, oft nur über Treppen zu erreichenden und liebevoll mit Blumen und Grünpflanzen geschmückten Gassen angetan. Jetzt verstehen wir, warum praktisch alle Sardinien-Reiseführer La Maddalena stets in den höchsten Tönen anpreisen.

Dennoch machen wir uns jetzt auf den Rückweg zu unserem Auto, denn ein Ausflug nach La Maddalena wäre selbstverständlich ohne eine ausführlich Inselrundfahrt nicht komplett. Mit einiger Mühe finden wir den Einstieg in die hiesige Strada panoramica. Sie wird zwar ebenfalls in den Reiseführern angepriesen, aber dem zum Trotz ist ihre Ausschilderung vor Ort eher als dezent zu bezeichnen. Da La Maddalena eine recht kleine Insel ist, dauert die gesamte Rundtour einschließlich des einen oder anderen Stopps an einem der Aussichtspunkte kaum eine Stunde. Anschließend macht es uns aber mindestens ebenso viel Freude, die Insel auf eigene Faust zu erkunden.

Selbstverständlich wollen wir uns auch auf La Maddalena keinesfalls den Badespaß an einem der herrlichen Strände entgehen lassen. Zum Glück hält sich selbst auf dieser kleinen und bei Touristen sehr beliebten Insel der Rummel am Strand gegen Anfang Oktober in erfreulichen Grenzen. Unsere Entscheidung, Sardinien lieber außerhalb der Hauptsaison zu besuchen, war jedenfalls goldrichtig. Das Wetter ist noch immer sehr warm und sonnig, das Meer glasklar und angenehm. Was will man mehr?

Gegen Abend fahren wir ein zweites Mal in den Ort Hauptort. Erneut spazieren wir durch die Fußgängerzone, wobei wir aber dieses Mal unser Augenmerk mehr auf die Restaurants legen. In einer kleinen Seitengasse werden wir fündig. Hier lassen wir diesen erlebnisreichen Tag gemütlich ausklingen, bevor uns die Fähre dann zurück nach Palau bringt.

Im Kopf des Bären

Unweit von Palau erhebt sich das Capo d’Orso, etwas frei ins Deutsche übersetzt also der Bärenfelsen. Mit ein wenig Phantasie soll man in ihm – wer hätte das gedacht? – einen Bären erkennen können. Auf Ansichtskartenfotos gelang uns das auch ohne Weiteres, aber vor Ort müssen wir dann feststellen, dass die freigegebenen Wege den idealen „Bärenblick“ leider nicht ermöglichen.

Dennoch lohnt der kostenpflichtige Aufstieg auf jeden Fall. Schon unterwegs hat man immer wieder herrliche Blicke über Meer, Küste und die Ruinen einer im neunzehnten Jahrhundert angelegte Befestigungsanlage. Ist man dann ganz oben angekommen, kann man sogar bis unter den Kopf des Bären klettern und so den wirklich großartigen Ausblick dieses steinernen Riesen teilen.

Ausflug nach Arzachena

Auf einer Insel mit so vielen markanten Felsen, wie sie auf Sardinien zu finden sind, ist es wohl kaum überraschend, dass es nicht weit vom Capo d’Orso noch eine zweite steinerne Berühmtheit gibt, nämlich den Pilz von Arzachena. Da sich ganz in der Nähe dieser Stadt auch noch der beeindruckende Nuraghe La Prisciona befindet, bietet es sich an, beide Sehenswürdigkeiten im Rahmen eines Ausflugs zu besichtigen.

Verfehlen kann man den Fungo di Arzachena (Pilz von Arzachena) kaum, thront er doch auf einer von mehreren Anhöhen über der Stadt. Übrigens hört er zusätzlich auch noch auf den malerischen Namen Monti in Cappidatu (Berg mit Hut). Als wir ihn zu Gesicht bekommen, können wir beide Bezeichnungen sehr gut nachvollziehen.

Es lohnt sich, nicht nur den berühmten Pilz zu besuchen, sondern auch gleich noch einen Bummel durch das Städtchen anzuhängen. An dem recht hübschen Hauptplatz nehmen wir wieder einmal – wie könnte es anders sein – in einem kleinen Café unser übliches halbitalienisches Frühstück ein. Halbitalienisch deshalb, weil zumindest ich den typischen Caffè als Begleiter zum Cornetto lieber durch einen Thè nero ersetze. Ein Kaffeetrinker war ich nie, und ich werde wohl auch keiner mehr – nicht einmal in Italien.

Nach unserer kleinen Pause bummeln wir weiter und entdecken dabei immer wieder ausgesprochen hübsche Winkel, die mit viel Liebe einladend gestaltet worden sind. Nicht ganz so sicher sind wir uns dann bei jener von Künstlerhand bemalten Treppe, die zu einer der Kirchen hinaufführt. Freundlich und einladend ist sie wohl schon, aber das Ganze wirkt auch ein wenig kitschig.

Nuraghe La Prisciona

Nur wenige Kilometer außerhalb von Arzachena liegt der Nuraghe La Prisciona, einer von ca. 7.000 Nuraghen auf Sardinien. Es handelt sich bei ihnen um meterdicke, aus großen Steinblöcken aufgeschichtete kegelförmige Festungstürme. Zugänglich waren diese Türme nur durch einen schmalen Gang. Vergleichbares findet man weltweit nicht noch einmal.

Die Nuraghenkultur entwickelte sich auf Sardinien um 1600 v.Chr. und bestand fort bis etwas 400 v.Chr. Man weiß nur wenig darüber; vieles liegt weiterhin im Dunkeln. Es gibt keine schriftlichen Zeugnisse; nicht einmal der Zweck dieser Bauten ist mit Sicherheit bekannt. Sie könnten kultischen Zwecken gedient haben, aber eine Wohnnutzung gilt als wahrscheinlicher. Selbst über die Herkunft des Begriffs „Nuraghe“ weiß man nichts Näheres, außer dass ihn schon die Römer verwendeten.

San Pantaleo

Da wir uns auf dem Rückweg die ebenso berühmte wie berüchtigte Costa Smeralda anschauen wollen, bietet es sich an, auf dem Weg dorthin einen Zwischenstopp im Künstlerdorf San Pantaleo einzulegen.

In hübschem Ambiente haben sich hier eine ganze Menge kleiner Läden angesiedelt, die von Kunst und Kunsthandwerk über allerlei Krimskrams bis zu unkonventioneller Kleidung ein buntes Angebot für kauffreudige Touristen bereithalten.

Costa Smeralda

Übrigens hat sich die Costa Smeralda dann als verblüffend unattraktiv erwiesen. Die Küste ist hier zwar keineswegs weniger lohnend als anderswo auf Sardinien, aber die künstlich aus der Retorte erschaffenen Ferienorte, denen es mehr schlecht als recht gelingt, echte Dörfer zu imitieren, strahlen bestenfalls den Charme einer Barbie-und-Ken-Welt aus. Dazu passen dann auch die protzigen Jachten in den steril wirkenden Häfen.

Unser letzter Abend auf Sardinien

Morgen heißt es Abschied nehmen von Sardinien. Grund genug für uns, den letzten Abend mit ein klein wenig Wehmut an unserem Hausstrand zu verbringen. Wir haben Glück. Außer uns ist niemand da, und so können wir unseren letzten wunderschönen Sonnenuntergang auf Sardinien noch einmal ganz ungestört erleben. Wir setzen uns auf einen der vielen Felsblöcke und genießen dieses beinahe schon kitschig schöne Schauspiel der Natur.

Große Überraschung am Tag der Abreise

Am nächsten Vormittag müssen wir uns dann von unserem Ferienhaus verabschieden. Allerdings wird unsere Fähre zurück nach Livorno nicht vor dem späten Abend in See stechen. Es bleibt uns also noch fast ein ganzer Tag auf Sardinien, den wir natürlich so gut wie möglich nutzen wollen. Deshalb fahren wir an Olbia, wo es abends auf die Fähre gehen wird, erst einmal vorbei und schauen, was uns die ein Stückchen weiter südlich gelegene Küstenregion zu bieten hat.

Budoni

Auf einen wahren Bilderbuchstrand, wenn auch zur Abwechslung einmal gänzlich ohne Felsenküste, treffen wir in Budoni: Feinster Sand, dahinter erst ein dichter Piniengürtel, dann zu allem Überfluss auch noch herrliche Lagunenseen. Bei diesem Anblick tut es uns schon ein wenig leid, Sardinien heute Abend Lebewohl sagen zu müssen. Zum Trost spendieren wir uns ein leckeres Eis – ein bei uns vielfach bewährter und höchst wirksamer Stimmungsaufheller.

San Teodoro

Unseren nächsten und dann auch tatsächlich letzten Stopp wollen wir in San Teodoro einlegen. Allerdings gehen wir die Sache mit einer gewissen Skepsis an, denn laut unserem Reiseführer soll es in diesem ehemaligen Fischerörtchen von Touristen nur so wimmeln. Zu unserer Freude ist der Ort zwar durchaus gut besucht, aber keineswegs überfüllt und darüber hinaus auch noch um einiges hübscher als wir erwartet hatten.

Die weitaus größere Überraschung erwartet uns aber am etwas außerhalb des Ortes gelegenen Lagunensee Stagno di San Teodoro. Schon von der Straße aus sehen wir dort im flachen Wasser einen großen Trupp Flamingos bei der Futtersuche. Begeistert suchen wir uns einen Platz zum Anhalten. Ich wechsle noch schnell das Objektiv – zum Glück habe ich wenigstens mein mittleres Tele samt 1.4-fach-Konverter dabei – und schon arbeitet meine Kamera im Dauerfeuer-Modus.

Noch ganz fasziniert von dieser unerwarteten Begegnung machen wir uns jetzt auf den Rückweg nach Olbia. Bereits von Weitem sehen wir unsere Fähre, die dort im Hafen auf uns wartet. Schon bald werden wir in ihrem Bauch verschwinden … und dann gehen sie zu Ende, unsere erlebnisreichen und wunderschönen Tage auf Sardinien.

Ciao, bella Isola!

Unser Urlaub ist damit allerdings noch nicht vorbei. Da wir nun schon einmal den recht weiten Weg bis nach Italien auf uns genommen haben, wollen wir diese Gelegenheit nicht verstreichen lassen, ohne auf dem Festland-Stiefel noch die eine oder andere italienische Stadt anzuschauen. Beim Ablegen der Fähre mischen sich deshalb in uns Wehmut und Vorfreude.

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