Manchmal kommt es anders als man denkt. Diese Binsenweisheit habe ich in den letzten Tagen wieder einmal zu spüren bekommen. Die Tage nach Neujahr waren zwar ausgesprochen nass und windig, ich hatte mir aber fest vorgenommen, mich durch dieses Wetter keinesfalls vom Fotografieren abhalten zu lassen. Schließlich bin ich ja nicht aus Zucker, und brauchbare Bilder können auch oder vielleicht sogar gerade dann entstehen, wenn man keinen Hund vor die Tür jagen möchte. Soweit zu meinen Plänen.
Am Ende war es dann auch nicht das Wetter, das mir einen dicken Strich durch die Rechnung gemacht hat. Dafür sorgte leider meine eigene Konstitution: Fieber, Husten, Halsweh und Schüttelfrost wären ja für sich genommen schon Grund genug gewesen, im Trockenen zu bleiben, aber darüber hinaus war ich ein paar Tage lang so schlapp, dass mir schon das Erklimmen der Treppe ins Obergeschoss unseres Hauses wie die Besteigung eines Achttausenders ohne Sauerstoff erschien. Na ja, das Übliche eben, wenn Männer mal eine Erkältung haben.
Auf jeden Fall konnte ich meine Fotopläne erst einmal vergessen. Jetzt war guter Rat teuer. Letztlich habe ich mich dazu entschlossen, in der warmen Stube zu bleiben, dort am geschlossenen Fenster (wegen des unbekömmlichen Wetters und weil ich nicht mit meinen Hustenanfällen alle Tiere verscheuchen wollte) mein Stativ aufzubauen und zu hoffen, dass mir so ein paar Bilder im Umfeld unserer Vogelfütterung gelingen würden. Das ist nun nicht gerade die Art von Fotografie, wie ich sie besonders gerne betreibe, aber doch allemal besser als gar nichts.
Pleiten, Pech und Pannen, aber immerhin etwas gelernt
So richtig gut klappte allerdings auch das nicht wirklich. Der allzu heftig pustende Wind wirbelte unsere Futterspender ebenso herum wie die kleinen gefiederten Gäste. Noch schlimmer war es, wenn die sich auf irgendwelchen Zweigen niederließen. Dort hätte ich sie eigentlich lieber fotografiert als direkt an der Futtersäule. Auf jeden Fall mussten für scharfe Aufnahmen sehr kurze Belichtungszeiten her. Die waren jedoch auch bei vollständig geöffneter Blende nur mit ISO-Werten jenseits der Schmerzgrenze meiner Kamera zu erzielen.
Als ob sich damit nicht schon genug Schwierigkeiten vor mir aufgetürmt hätten, stellte sich zu meinem Leidwesen alsbald auch noch heraus, dass ich leicht schräg durch die Dreifachverglasung der Fensterscheiben würde fotografieren müssen. Das lag daran, dass die Vögel bei diesem Wetter vermehrt andere als ihre sonst üblichen Futterstellen anflogen. Damit aber ging nun ein neues Problem einher: Die schräge Ausrichtung der Kamera zur Fensterscheibe führte zu eigenartig verschwommenen Aufnahmen, und die waren auch beim besten Willen nicht mehr akzeptabel. Also musste ich mir wohl etwas einfallen lassen.
Lektion 1 – Besser die ISO hochdrehen als gar kein Foto machen
Das Problem der heftig im Wind schwankenden Vögel ließ sich nur über wirklich kurze Belichtungszeiten von allerlängstens 1/1250 Sekunde (besser aber noch kürzer) lösen. Bei dem trüben Wetter ging damit unter ISO 6.400 so gut wie gar nichts. Tja, für die neuesten Vollformatkameras wäre das nicht wirklich ein Problem, aber mein nun doch schon etwas älterer und nur halb so großer MFT-Sensor „belohnt“ mich für solche Einstellungen mit jeder Menge Bildrauschen. Ich bin sicher kein Fanatiker in Bezug auf die technische Qualität meiner Bilder, aber was zu viel ist, ist nun einmal zu viel.
Noch vor wenigen Monaten hätte ich mein Vorhaben jetzt wohl für gescheitert erklären müssen. Inzwischen aber sieht das zum Glück doch etwas anders aus. Seit ich eines der modernen, auf künstlicher Intelligenz (KI) basierenden Entrauschungsprogramme nutze, schrecken mich solch hohe ISO-Einstellungen nicht mehr. Mit nur einem Klick erhalte ich heutzutage im Handumdrehen ein nahezu rauschfreies Bild. Einfach genial.
Lektion 2 – Mittels KI lässt sich manches unscharfe Foto retten
Trotz der kurzen Belichtungszeiten war es immer noch schwierig genug, überhaupt ein paar scharfe Fotos zustande zu bringen. Durch den heftigen Wind kam es sowohl zu Bewegungsunschärfen als auch zu solchen, bei denen der Fokus nicht richtig saß. Mit anderen Worten: Manchmal schwankten die Vögel in der Schärfeebene hin und her, also parallel zum Kamerasensor, was nicht immer mit einer kurzen Belichtungszeit in den Griff zu bekommen war. Aber natürlich kam es auch sehr oft vor, dass der Wind sie mitsamt den Zweigen, auf denen sie saßen, aus der Schärfeebene blies, also näher in Richtung Sensor oder weiter von ihm fort. Da war mein kontinuierlicher Autofokus manchmal überfordert, und bei einer ganzen Reihe von Bildern lag die Schärfe ein klein wenig daneben. Ich habe zwar versucht, per Dauerfeuer mit 15 Bildern pro Sekunde doch einige scharfe Aufnahmen zu bekommen, aber bei dem starken Wind klappte das längst nicht immer.
Auch diese Bilder wären vor nicht allzu langer Zeit allesamt unbrauchbar gewesen. Und einmal mehr war es die künstliche Intelligenz, die mich gerettet hat. Seit kurzem gehört auch ein KI-basiertes Programm zur Behebung solch leichter Unschärfen zu meinem Werkzeugkasten in der Nachbearbeitung. Und was soll ich sagen? Es macht seine Sache gut – verblüffend gut.
Wie ihr sicher wisst, gibt es hier im Glaslinsenspiel keine in irgendeiner Weise bezahlte Werbung, keine Affiliate Links oder was auch immer. Aber das soll natürlich nicht dazu führen, dass ich um den heißen Brei herumrede. Warum sollte ich auch damit hinterm Berg halten, wenn ich selbst von etwas begeistert bin? Und auf die oben erwähnten Programme trifft das nun einmal zu. Zum Entrauschen verwende ich DxO PureRAW 2, zur Behebung leichter Unschärfen Topaz Sharpen AI. Ich bin mit beiden Programmen ausgesprochen zufrieden und bereue keinen Moment, sie mir gekauft zu haben. Das erste gleicht eine kleine Schwäche meiner Kamera im Bereich des Bildrauschens aus, das zweite mein eigenes Unvermögen, wenn ich den Fokus mal ein wenig versemmelt habe.
Lektion 3 – Manchmal kommt es eben doch auf die Technik an
Bleibt nur noch das Problem der flauen Fotos wegen der Fensterscheibe. Nein, dafür habe ich kein weiteres KI-Programm. Lightroom brachte mich in dem Punkt auch nicht weiter. Wäre ich ein echter Photoshop-Hexer, dann ließe sich vermutlich auch dafür eine Lösung finden. Da dem aber nicht so ist, blieb mir gar nichts anderes übrig, als einen Weg zu finden, dieses Problem irgendwie zu umgehen.
Also mal gut nachgedacht: Normalerweise stünde ich draußen, verhielte mich still, die Vögel fassten allmählich Vertrauen, und ich müsste sie nicht durch die Fensterscheibe fotografieren. Problematisch wird’s erst dadurch, dass ich mit meiner Kamera drinnen hocke. Leider werde ich nicht darum herumkommen, im Haus zu bleiben, schon damit ich mit meinem Husten nicht die Vögel vertreibe. Aber was spricht denn dagegen, die Kamera draußen aufs Stativ zu stellen? Nur müsste ich sie dann von drinnen bedienen können, und meine Funkfernbedienung ist dummerweise vor Kurzem in die ewigen Jagdgründe eingegangen. Aber halt, da war doch was. Lässt sich die Olympus nicht per WiFi mit meinem Handy verbinden und dann mittels App bedienen?
Da ich die App lange nicht mehr (eigentlich noch nie) genutzt hatte, musste ich sie erst einmal aktualisieren. Das war schnell erledigt, und anschließend konnte ich meine Idee tatsächlich ziemlich einfach umsetzen. Die Kamera hatte ich draußen auf einen stets ziemlich beliebten Futterplatz ausgerichtet und vorfokussiert. Von nun an musste ich nur mein Handy gut im Auge behalten, was sich aber höchst gemütlich von drinnen aus meinem Lieblingssessel heraus erledigen ließ. Sobald auf dem Handybildschirm ein gefiederter Freund auftauchte, drückte ich den virtuellen Auslöser bei meiner App und die Kamera im Garten feuerte los. Fotografenherz, was willst du mehr?