Warum Bildbearbeitung sich lohnt

Kommentare 0
Schmökern

Heute bin ich ausgesprochen geizig. Ganze zwei Aufnahmen gibt’s in diesem Blogbeitrag zu sehen. Und dennoch könnt ihr euch schon mal auf insgesamt sechzehn Bilder einstellen. Das mag jetzt im ersten Moment so klingen, als hätte ich in der Schule bei den Grundrechenarten nicht so recht aufgepasst, lässt sich aber leicht erklären: Ich habe mir nämlich die Mühe – und den Spaß – gemacht, beide Ausgangsfotos in mehreren unterschiedlichen Varianten zu bearbeiten. So ist dann am Ende aus jeder Aufnahme eine kleine Auswahl von acht Bildern entstanden.

Vielleicht sollte ich besser noch erwähnen, dass ich einige der Fotos deutlich stärker bearbeitet habe (Tonwerte, Farben, Kontraste), als mir das im Fotoalltag angemessen erschiene. Normalerweise geht es mir darum, die „gefühlte Realität“ wiederzugeben, also das, was ich vor Ort gesehen und – wichtiger noch – empfunden habe. Hier aber bin ich ganz bewusst ein Stückchen darüber hinaus gegangen. Ihr sollt ja schließlich auch Unterschiede beim Betrachten der verschiedenen Varianten erkennen können. Ich denke, so lässt sich am besten zeigen, wie sehr es die eigenen fotografischen Ausdrucksmöglichkeiten erweitert, wenn man seine Bilder mit einem Programm wie zum Beispiel Lightroom selbst „entwickelt“, statt sich mit dem fertigen JPEG aus der Kamera zufriedenzugeben.

Obwohl ich also bei der Nachbearbeitung dieses Mal ein bisschen mehr Gas als sonst geben wollte, habe ich mich andererseits auch bemüht, nicht zu übertreiben. So kam Photoshop überhaupt nicht zum Einsatz, Lightroom nur mit angezogener Handbremse. Dennoch unterscheiden sich die Endergebnisse recht deutlich voneinander. Am besten könnt ihr das vermutlich erkennen, wenn ihr eines der Bilder anklickt und dann mit dem Pfeil oben rechts den automatischen Vorlauf startet.

Die zwei Ausgangsfotos habe ich übrigens nicht zufällig ausgewählt. Ich brauchte ja ein bisschen Spielraum in der Nachbearbeitung, wenn ich unterschiedliche Varianten herausarbeiten wollte. Der wäre aber zum Beispiel beim Foto einer Blaumeise, deren „echte“ Gefiederfarbe nun einmal jeder kennt, kaum gegeben. Also habe ich bewusst nach Aufnahmen von solchen Motiven gesucht, an deren Aussehen man nicht schon von vornherein ganz bestimmte Erwartungen hat.

Ausnahmsweise und nur um deutlich zu machen, welche Möglichkeiten man schon im Rahmen einer noch immer sehr zurückhaltenden Bildbearbeitung hat, schien es mir in Ordnung zu gehen, heute einmal das Pferd von hinten aufzuzäumen. Es ist ja klar, dass sich normalerweise meine Bildbearbeitung stets nach der Aufnahme richtet – und nicht umgekehrt.

Acht Bearbeitungsvarianten einer einzigen Aufnahme werden es sonst zwar nicht, aber tatsächlich erarbeite ich sehr häufig mehr als nur eine Version. Allerdings zeige ich hier im Glaslinsenspiel dann in der Regel nur jene, die mir am besten gefällt. Während der Bearbeitung kann ich das meistens nicht gleich sagen, aber wenn ich mir die Bilder mit etwas zeitlichem Abstand noch einmal anschaue, dann habe ich fast immer spontan bei einer der Varianten das Gefühl, meinen Eindruck vor Ort am besten wiederzugeben.

Wahrscheinlich liege ich mit meiner Einschätzung dabei objektiv gesehen nicht immer richtig. Aber warum sollte mich das stören? Meine Bilder dürfen gerne eine ordentliche Portion Subjektivität enthalten. Sie sollen es sogar. Es geht bei mir ja so gut wie nie um dokumentarischen Naturfotos. Mir sind emotionale Bilder allemal wichtiger, solche, die meine Gefühle vor Ort zum Ausdruck bringen und im Idealfall beim Betrachter ähnliche Empfindungen hervorrufen. Mit meinen Fotos möchte ich die Natur eben nicht einfach nur dokumentieren. Ich will für sie werben. Und gute Werbung braucht Emotionen.

Dafür greife ich auch gerne auf eine zurückhaltende Bearbeitung meiner Fotos zurück. Ich sehe darin alles andere als nur eine lästige Notwendigkeit. Zwar verstehe ich das Argument vieler Hobbyfotografen, die Bildbearbeitung koste sie zu viel Zeit und hielte sie nur davon ab, mehr mit ihrer Kamera draußen in der Natur zu sein, aber ich teile diese Ansicht nicht.

Ganz im Gegenteil: Ich sehe den größten Vorteil der digitalen Fotografie gerade darin, wie einfach sie mir die Nachbearbeitung macht. Früher zu analogen Zeiten war ich mit den Ergebnissen aus dem Labor oft nicht sehr glücklich. Jetzt habe ich mein eigenes digitales „Labor“. Endlich kann ich jede Aufnahme genau nach meinen Vorstellungen „entwickeln“. Welch ein Vorteil! Und welch ein Vergnügen!

Bleibt noch die ethische Frage: Verändere ich die Aufnahmen in der Nachbearbeitung zu stark, verfälsche sie vielleicht sogar? Nun, ich kann sicher nicht ausschließen, hin und wieder auch mal übers Ziel hinauszuschießen. Das ändert aber nichts am Ziel: Ich möchte – so gut ich es eben vermag – die Schönheit der Natur in meinen Bildern zum Ausdruck bringen, aber eben ihre wirkliche Schönheit und keine zu Hause am Rechner aufgehübschte oder erfundene. Verantwortungsvoll und zurückhaltend eingesetzt, ist die Bildbearbeitung dabei mein bester Verbündeter. Übertreiben sollten wir beide es allerdings nicht. Die Bilder heute werden deshalb eine Ausnahme bleiben.

Übrigens gibt’s hier im Glaslinsenspiel einen Blogbeitrag, in dem ich mal einige Fotos direkt aus der Kamera eins zu eins mit ihren von mir nachbearbeiteten Gegenstücken verglichen habe. Mit einem Klick auf den Button gelangt ihr direkt dorthin.

Schreibe einen Kommentar