In Schwarzweiß verliert der Herbstwald seine Besonderheit, die goldene und die blaue Stunde mutieren zu einer Zeit wie jede andere, und selbst der schillernde Eisvogel wirkt beinahe unscheinbar. Dennoch hat die Schwarzweißfotografie bis heute nichts von ihrem Reiz verloren. Mich fasziniert sie alleine schon deshalb, weil sie heutzutage eher eine Ausnahme darstellt. Dabei ist es mit den gängigen Programmen zur Bildbearbeitung, in meinem Fall Lightroom, inzwischen spielend leicht geworden, Farbaufnahmen in Schwarzweiß zu konvertieren. Mir macht das jedenfalls eine Menge Spaß – und die Ergebnisse stehen ihren farbigen Gegenstücken in meinen Augen oft in nichts nach. In vielen Fällen ziehe ich sie sogar vor.
Wie ich meine Bilder in Schwarzweiß umwandle, habe ich hier schon einmal Schritt für Schritt beschrieben:
In meiner Bildbearbeitung lasse ich es selten bei nur einer einzigen Variante bewenden. Meistens probiere ich mehrere aus. Mit ein wenig zeitlichem Abstand entscheide ich dann, welche mir letztlich am besten gefällt. So eindeutig, wie das klingt, ist es in der Praxis jedoch selten. Es gibt eben in der Naturfotografie – wie auch sonst im Leben – nicht immer nur die eine Wahrheit.
Nur weil die Kamera meine Bilder in Form roter, grüner und blauer Pixel und somit in Farbe aufzeichnet, muss das Endergebnis meiner Bildbearbeitung noch lange kein Farbfoto sein. Wenn es sich anbietet, dann versuche ich es auch gerne mal mit einer schwarzweißen Variante. Stellt sich nur die Frage, wann es sich anbietet und woran ich das erkenne.
Nun, selbstverständlich fallen da schon einmal jene Fotos heraus, die ihren Charme zuallererst aus den eingefangenen Farben beziehen. Eine Schwarzweißaufnahme vom leuchtend roten und goldenen Abendhimmel ergibt also wenig Sinn. Logisch. Aber gilt auch der Umkehrschluss? Mit anderen Worten: Sind Aufnahmen, bei denen die Farbe eine untergeordnete Rolle spielt, generell ideales Ausgangsmaterial zur Umwandlung in Schwarzweiß?
Nein, so einfach ist es meiner Meinung nach nun auch wieder nicht. Damit ein Foto, genauer ein Naturfoto, auch ganz ohne Farbe auf den Betrachter nicht langweilig wirkt, benötigt es zum Ausgleich andere starke Elemente. Ich denke da jetzt nicht in erster Linie an ein interessantes Motiv. Das ist selbstverständlich immer von Vorteil – aber eben genauso in der Farbfotografie. Hier soll es vielmehr um solche Merkmale gehen, die vor allem in Schwarzweiß ihre volle Wirkung entfalten.
Aus meiner Sicht sind das in erster Linie interessante Strukturen und faszinierende Formen. Sie haben häufig auch ohne Farbe das Zeug zu einem wirklich sehenswerten Bild. Ich möchte sogar noch einen Schritt weiter gehen: In Schwarzweiß wirken sie nicht selten sogar stärker, da in dem Fall eben keine Farbe von ihnen ablenken kann.
Das Tüpfelchen auf dem i ist es aber in meinen Augen, wenn sich diese spannenden Formen auch noch wiederholen. Auf passende Weise ins Bild gesetzt, was mir leider nicht immer gelingt, erzeugen sie dann eine Art Rhythmus, der mich beim Betrachten geradezu ins Schwärmen versetzen kann. Wirklich erklären kann ich das allerdings nicht. Womöglich bin ich ja so etwas wie ein Schwarzweiß-Romantiker. Dieses Wort habe ich zwar gerade selbst erfunden, aber es gefällt mir. Vielleicht lasse ich es mir patentieren.
Weniger romantisch ist hingegen wohl meine ausgeprägte Vorliebe für kontrastreiche Schwarzweißaufnahmen. Nichts gegen Grautöne, aber bei mir muss fast immer eine gehörige Portion beinahe reines Weiß und noch mehr tiefstes Schwarz dabei sein. Derzeit scheinen vor allem flaue Schwarzweißfotos (Bewunderer sprechen eher von „fein nuanciert“) im Trend zu liegen. Mir gefallen sie nur selten. Mein Hang zu harten Kontrasten wird wohl etwas mit meiner verkorksten Jugend zu tun haben. Aber egal: Meine Bilder, meine Regeln!
Übrigens sind alle Fotos dieses heutigen Blogbeitrags Aufnahmen, die ich im letzten Spätsommer auf Sardinien gemacht habe. In ihrer farbigen Version gibt es sie schon etwas länger hier im Glaslinsenspiel zu sehen:
Ich hatte aber das Gefühl, dass sich die für viele Küsten Sardiniens so typischen bizarr geformten Felsen nahezu ideal für monochrome Bilder anbieten. Auch ein Teil meiner Aufnahmen von uralten Olivenbäumen, einem kleinen lichten Pinienwald und einigen Leuchttürmen machen sich, wie ich finde, in Schwarzweiß ziemlich gut. Wenn ihr Lust habt, dann könnt ihr ja mal die Fotos in den beiden Beiträgen vergleichen. Wäre doch vielleicht ganz interessant herauszufinden, wie sie euch besser gefallen, in Farbe oder Schwarzweiß? Ich konnte mich nicht immer entscheiden. Zum Glück muss ich das ja dank Lightroom auch nicht. Schöne neue Fotowelt!