Wasserschlösser im Münsterland

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Seitensprünge

Heute möchte ich den Untertitel „Naturfotoblog“ wieder einmal etwas weiter auslegen und euch mitnehmen zu ein paar kulturellen Höhepunkten meiner Wahlheimat. Das Münsterland zählt seit vielen Jahren zu den beliebtesten Regionen für Fahrradtouristen – und das völlig zu Recht. Das unbeschwerte Radeln auf den Münsterländer Pättkes, worunter wir hier kleine Gänge und Wege, aber eben auch die vielen sehr gut ausgebauten, aber dennoch nahezu autofreien landwirtschaftlichen Verkehrswege verstehen, erweist sich als ausgesprochen angenehm. Es gibt viele exzellent ausgeschilderte Routen, zünftige Bauerhofcafés laden unterwegs zur Rast ein, und in gut machbaren Tagesetappen erreicht man immer ein hübsches Städtchen, wo man einkehren und auch übernachten kann.

Das alles und die Gewissheit, höchstens ab und zu einmal auf ein paar sehr moderate Steigungen zu treffen, wären Gründe genug für einen Radelurlaub in der sogenannten Münsterländer Parklandschaft. Aber es kommt noch besser: Alle paar Kilometer trifft man beinahe unvermeidlich auf prächtige Wasserschlösser. Es gibt von ihnen hier im Münsterland so viele, dass man mit dem Zählen kaum noch nachkommt. Manche sind überaus beeindruckend, andere wirken so gemütlich, dass man am liebsten gleich einziehen würde, und viele geben sich mit der deutlich bescheideneren Bezeichnung „Gräftenhof“ zufrieden, sind aber fast immer weit mehr als nur eine große Hofstatt und natürlich stets von idyllisch anmutenden Wassergräben, eben den Gräften, umgeben.

Solche Alleen laden im Sommer schon sehr zum Radeln ein.

Ich neige gewiss nicht zum Lokalpatriotismus und werde auch nicht von irgendwelchen Stellen zur Förderung des Fremdenverkehrs gesponsert. Aber ganz ehrlich: So eine gemütlich Radtour von Wasserschloss zu Wasserschloss über weitgehend autofreie Straßen durch eine freundliche Landschaft hat schon was. Und da dachte ich mir, es wäre vielleicht einmal ganz lohnend, als Appetitanreger hier ein paar Fotos zu zeigen, die bei meinen jüngsten Radeltouren entstanden sind.

Burg Hülshoff und Rüschhaus

Da hätte ich zuerst einmal eine hübsche kleine Runde für Literaturfreunde im Angebot – oder aber auch für alle jene, die in der Schule die mehr oder weniger willkommene Bekanntschaft mit Annette von Droste-Hülshoff gemacht haben. Wie immer eure ganz persönlichen Erfahrungen mit dieser Dichterin auch sein mögen – ich habe sie als Schüler wohl eher gefürchtet als bewundert – die Frau ist offenbar auch heute noch ziemlich populär. Jedenfalls zeigt die automatische Suchbegriffs-Vervollständigung bei Google die Droste, wie sie oft genannt wird, nach Eingabe des Vornamens „Annette“ auf Platz eins – noch vor der beliebten Schauspielerin Annette Frier. Offenbar hat es sich ja doch gelohnt, die deutsche Literatur mit Werken wie Der Knabe im Moor oder Die Judenbuche bereichert zu haben.

In der Nähe von Havixbeck finden wir die Wasserburg Hülshoff, wo die Droste geboren wurde und den größten Teil ihrer Kindheit und Jugend verbracht hat. Nach dem Tod ihres Vaters lebte sie dann viele Jahre mit ihrer Mutter und ihrer älteren Schwester im Rüschhaus, das sich schon auf dem Gebiet der Stadt Münster befindet, aber doch noch ein wenig abseits im Grünen liegt.

Eine Radtour zwischen diesen beiden Wohnsitzen, idealerweise erweitert um einen Abstecher ins hübsche Havixbeck, ist aber auch all jenen zu empfehlen, die nicht so sehr an der Literatur als vielmehr an schöner Landschaft und geschichtsträchtigen Wasserschlössern Gefallen finden.

Haus Havixbeck

Wer in Havixbeck startet, sollte unbedingt auch einen kleinen Blick auf Haus Havixbeck werfen. Es handelt sich dabei um ein recht imposantes Wasserschloss, das allerdings bewohnt wird und deshalb nur zu besonderen Gelegenheiten besichtigt werden kann. Aber selbst bei geschlossenen Toren lässt sich von der Straße aus schon ein erster ganz guter Eindruck von Schloss und Garten gewinnen.

Wir fahren dann weiter in Richtung der Burg Hülshoff mit ihrem Droste-Museum und – vielleicht noch wichtiger für eifrige Radler – einem Café zum Auffüllen der unterwegs verbrauchten Energiereserven. Es lohnt sich auf jeden Fall, auch einen ausgedehnten Bummel durch den schönen Park mit seinen alten, prächtigen Bäumen zu machen. Man kann dabei die ganze Burg und die sie umgebenden Wassergräben umrunden und auf diese Weise die gesamte Anlage in Augenschein nehmen.

Burg Hülshoff
Burg Hülshoff
Burg Hülshoff

Unser nächstes Ziel ist, kurz bevor wir die westfälische Metropole Münster erreichen, das oben schon erwähnte Rüschhaus. Dabei handelt es sich ausnahmsweise einmal nicht um ein Wasserschloss. Auch hier gibt es ein Droste-Museum. Allerdings kann man es nur im Rahmen einer Führung besichtigen. Nicht nur die Gebäude, sondern auch der barock gestaltete Garten sind um etliche Nummern kleiner als bei Burg Hülshoff. Alles wirkt eher freundlich als imposant und man kann ganz gut verstehen, warum sich Anette von Droste-Hülshoff hier recht wohl gefühlt hat.

Rüschhaus – Vorderansicht
Rüschhaus – Seitenansicht
Rüschhaus – Gartenansicht

Burg Vischering und Schloss Nordkirchen

Kommen wir nun zu unserer zweiten und vielleicht sogar noch lohnenderen Radeltour: Burg Vischering in Lüdinghausen ist mein absoluter Liebling. Mehr Wasserburg geht einfach nicht. Trutzig steht sie da im Wasser, mit Haupt- und Vorburg, ihren hölzernen Brücken und den prächtigen Ausluchten. Zwar gibt es im Innenhof ein Café, und eine Dauerausstellung ermöglicht auch den Besuch des Burginneren, aber am schönsten ist es doch, die ganze Burg einmal in aller Ruhe zu umrunden. Alle paar Schritte ergeben sich dabei andere Blicke über den Wassergraben hinweg zu dieser wehrhaften, aber dennoch auch sehr idyllisch wirkenden Anlage.

Burg Vischering
Burg Vischering – Zugang zur Vorburg
Burg Vischering
Burg Vischering – Zugang zur Hauptburg

Übrigens ist Vischering nur eine von gleich zwei Wasserburgen in Lüdinghausen. Kaum mehr als einen Steinwurf entfernt liegt ihre Nachbarin, die ebenfalls sehenswerte Burg Lüdinghausen. Obwohl auch sie ganz zweifellos einen ausgedehnten Zwischenstopp verdient hätte, will ich mich hier und heute nicht damit aufhalten. Nichts soll nämlich ablenken von den beiden Hauptdarstellern dieses Blogbeitrags: Wenn Burg Vischering unter den ehemaligen Herrschaftssitzen im Münsterland das geradezu idealtypische Beispiel einer wehrhaften Wasserburg darstellt, dann finden wir nur wenige Kilometer entfernt so etwas wie das komplette Gegenbeispiel.

Die Rede ist von Schloss Nordkirchen, das gerne und sicher nicht ganz zu Unrecht auch als das westfälische Versailles bezeichnet wird. Dieses barocke Wasserschloss und seine weitläufige, natürlich ebenfalls im Barockstil angelegte Parkanlage dürften wohl zu den prunkvollsten und repräsentativsten Adelssitzen im gesamten, an solchen Anlagen nun wahrlich nicht armen Münsterland gehören.

Schloss Nordkirchen – Hauptzufahrt
Schloss Nordkirchen – Brücke über die innere der zwei Gräften

Einer der früheren Besitzer, Friedrich Christian von Plettenberg, steckte so viel Geld in das Schloss und vor allem die Gestaltung des Gartens, dass er trotz aller weltlichen und kirchlichen Reichtümer, über die er als Fürstbischof von Münster verfügte, am Ende hochverschuldet verstarb. Tja, im Vergleich zu ihm könnte wohl sogar unser den Luxus so sehr liebender Bischof Tebartz van Elst glatt noch als Sparfuchs durchgehen.

Schloss Nordkirchen – Blick auf die äußere Gräfte
Schloss Nordkirchen – Skulptur im Park

Ein großer Fan der Barockarchitektur bin ich nicht unbedingt, und die mit dem Lineal gezogenen und der absoluten Symmetrie unterworfenen Gärten jener Epoche sind mir ein Gräuel. Aber ich muss natürlich zugeben, dass man mit so etwas auf seine Gäste schon Eindruck machen kann. Selbst heute noch befällt wohl so manchen Besucher hier im Schloss Nordkirchen das mulmige Gefühl, der Obrigkeit in all ihrer Machtfülle hilflos ausgeliefert zu sein. Das mag aber vielleicht auch an der heutigen Nutzung als Ausbildungsstätte für die zukünftigen leitenden Finanzbeamten des Landes Nordrhein-Westfalen liegen.

Schloss Nordkirchen – Blick über den Teich im Park
Schloss Nordkirchen und Teil des Barockgartens

Vielleicht hat euch der heutige Blogbeitrag ja ein wenig Lust gemacht, selbst einmal eine Tour zu den Wasserschlössern und -burgen im fahrradfreundlichen Münsterland zu unternehmen. Wie wäre es zum Beispiel mit der beliebten 100-Schlösser-Route? Im Vergleich dazu ist dieser Blogbeitrag wirklich nur ein winziger Appetitanreger. Es gibt, das kann ich guten Gewissens versprechen, noch so viel mehr zu entdecken. Und wer weiß: Vielleicht treffen wir uns ja dann hier in meinem Heimatrevier. Ihr erkennt mich unschwer an dem stets nach lohnenden Fotomotiven Ausschau haltenden Blick.

Ein Wort zu den Beiträgen im Glaslinsenspiel

Wenn ihr das Glaslinsenspiel schon etwas länger regelmäßig besucht, dann kennt ihr das schon: Bei den Blogbeiträgen in der Rubrik Reisen vergesse ich gerne einmal, dass es sich hier um einen Naturfotoblog handelt. Da mogle ich hin und wieder auch Bilder oder sogar ganze Artikel hinein, die ein wenig abseits des eigentlichen Themas liegen. Heute waren es die Wasserschlösser und bereits beim nächsten Mal – das sei hier ausnahmensweise schon verraten – geht’s in ein Freilichtmuseum. Es gibt auf meiner Kamera eben keinen Aufkleber Achtung – ausschließlich zur Naturfotografie verwenden.

Tja, und in seltenen Fällen kann ich es dann einfach nicht lassen, Fotos von meinen Ausflügen über die Grenzen der reinen Naturfotografie hinaus hier ins Glaslinsenspiel zu schmuggeln. In einer Zeit, in der man in jedem Kaffeegeschäft von Unterwäsche bis zu Fahrrädern nahezu alles bekommen kann, mag man mir diese gelegentlichen und im Vergleich dazu doch sehr bescheidenen Grenzüberschreitungen vielleicht verzeihen.

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