Ich mag es selbst kaum glauben: Kein Jahr ist es her, dass ich einen geschäftlichen Termin in Wilhelmshaven zum Anlass nahm, zwei private Urlaubstage am Jadebusen anzuhängen. Ich wollte einfach mal die Gegend ein wenig erkunden, um in Erfahrung zu bringen, ob sie sich zur Vogelfotografie anbieten könnte. Meine Kamera hatte ich zwar dabei, aber das Fotografieren stand in diesen Tagen gar nicht an erster Stelle. Ich hatte ja vor, gegebenenfalls noch mehrmals im selben Jahr wiederzukehren, um dann ganz gezielt zu fotografieren.
Nun, es kam anders. Wie sehr sich die Welt doch seitdem verändert hat. Covid-19 war damals noch kein Thema – zumindest keines, das uns in Deutschland zu betreffen schien. Kurze Zeit später war aber dann absehbar, dass es nichts werden sollte mit weiteren Fototouren an die Jade. Die Pandemie hatte uns alle bald mehr oder weniger fest im Griff.
Damals hatte ich hingegen noch ganz klassisch ein Hotelzimmer in Varel bezogen. Von dort nutzte ich den ersten Tag, um den östlichen Jadebusen bis hinauf nach Eckwardersiel zu erkunden. Am nächsten Tag stand dann der westliche Jadebusen bis Schilling auf dem Programm. Auf diese Weise wollte ich mir zumindest einen ersten Überblick über das gesamte Küstengebiet verschaffen und besonders geeignete Stellen für die Vogelfotografie ausfindig machen.
Eine Frage der Perspektive
Das ist gar nicht immer so einfach. Es gibt zwar gute Bücher für Vogelfreunde, die auch ich gerne zurate ziehe, aber Beobachten und Fotografieren sind eben doch zwei Paar recht unterschiedliche Stiefel. Zum einen sind die Spektive der Bird Watcher mit ihrer beeindruckenden Telereichweite den meisten Kameraobjektiven weit überlegen. Zum anderen kommt ein erhöhter Standpunkt den Vogelbeobachtern zwar höchst gelegen, ist aber für Fotografen eher ungeeignet. Wir müssen mit unseren Kameras einfach näher herankommen und uns zudem idealerweise auf Augenhöhe der Tiere befinden. Locker vom Deich geht da meist gar nichts.
Zum Glück sind aber an diesen ersten und dann leider ungeplant auch bisher einzigen Tagen am Jadebusen doch schon einige ganz nette Fotos entstanden. Nun ist es im Moment ja alles andere als sicher, ob bzw. wann auswärtige Übernachtungen in diesem Jahr wieder möglich sein werden. Deshalb habe ich mich entschlossen, hier schon einmal ein paar Bilder meiner ersten zwei Tage am Jadebusen zu zeigen. Falls die Corona-Lage sich entspannen sollte, werde ich auf jeden Fall ein paar weitere dort verbringen und dann hoffentlich noch mehr Fotos nachliefern können.
vielfältige Vogelwelt mit Schwächen beim Ambiente
Tatsächlich erwies sich die Küste rund um den Jadebusen als recht lohnendes Revier. Ich konnte jedenfalls schon bei meinem kurzen Aufenthalt sowohl vom Auto aus als auch bei kleineren Ausflügen zu Fuß eine beeindruckende Artenvielfalt ausmachen. Häufigere Besuche zu verschiedenen Jahreszeiten dürften da sicher noch so manche Überraschung bereithalten.
Nicht immer suchen die Tiere sich allerdings ein Ambiente aus, das wir als pure Natur bezeichnen würden. Sie sind da durchaus flexibel und nehmen gerne auch mal weniger ansprechende Zeichen der Zivilisation in Beschlag. Oft bleibt da die Ästhetik ein wenig auf der Strecke. Manchmal können aber auch gerade diese Symbole einer vom Menschen geprägten Landschaft den – fälschlichen – Eindruck einer Idylle vermitteln.
Ringelgänse
Bei meinen Fototouren zum Niederrhein habe ich schon einige der in Deutschland heimischen oder bei uns überwinternden Gänse auf den Sensor bannen können. Ringelgänse fehlten mir aber noch in meiner Sammlung. Ich hatte gelesen, dass man sie angeblich im Winter auf dem Gelände des Campingplatzes Schillig aus nächster Nähe zu Gesicht bekommen kann. So skeptisch ich auch erst war, die Information erwies sich als goldrichtig. Diese Gelegenheit, mein Gänse-Portfolio zu erweitern, konnte ich mir selbstverständlich keinesfalls entgehen lassen.
Kate Winslet und der Kormoran
Kormorane erfreuen sich bei Fischern keiner sehr großen Beliebtheit. Schließlich fressen sie ihnen die Fische weg. Ich bin mir da übrigens gar nicht so sicher. Sind nicht vielleicht doch eher wir Menschen auf dem besten Wege, sämtliche Fischbestände zu dezimieren bis weder für uns noch für die Kormorane genug zum Leben übrig bleibt?
Auf jeden Fall sind Kormorane, die ja auf den ersten Blick reinschwarz erscheinen, bei genauerer Betrachtung recht hübsche, im Prachtkleid sogar bunte Vögel. Wenn sie dann noch mit weit ausgestreckten Flügeln dastehen, um ihr Gefieder zu trocknen, wie ganz oben im Titelbild dieses Blogbeitrags, dann kann ich meine Kamera kaum im Zaum halten. Nur schade, dass der Vogel am Bug des Kahns diese Haltung nicht einnehmen wollte. Ich hatte darauf lange mit der Kamera im Anschlag gewartet. Ein Kormoran in der berühmten Kate-Winslet-Pose aus „Titanic“ hätte mir außerordentlich gut gefallen. Ich hätte das Bild wohl „Hollywood für Arme“ genannt.
Banter See in Wilhelmshaven
Der Banter See ist kurz nach dem 2. Weltkrieg entstanden, als er durch einen Deich vom Hafen abgetrennt wurde. An manchen Stellen findet man auch heute noch Industriegebäude vor. Zudem wird er im Sommer intensiv als Freizeitgewässer genutzt. Dennoch bietet er eine überraschend vielfältige Vogelwelt. Ein paar ganz brauchbare Fotos konnte ich bei meinem Spaziergang um den See machen. Es würde sich aber auf jeden Fall lohnen, gerade hier mit einer Isomatte oder Ähnlichem bewaffnet noch einmal aus der Perspektive dicht über der Wasserfläche Fotos zu machen – auf Augenhöhe eben.
Ein Wort zur Kameratechnik
Im Grunde gibt es hier nichts Spannendes zu berichten. Wie sehr oft, wenn ich durch die Natur streife, hatte ich meist nur das mit der Kamera verschraubte Objektiv dabei. Hier kam vor allem das 300er Tele (600 mm KB-äquivalent) zum Einsatz, mal mit, mal ohne 1.4-fach Konverter. Sonst alles wie immer: kontinuierlicher Autofokus, manuelle Belichtung bei konstanten oder Zeitautomatik bei wechselnden Lichtverhältnissen, in beiden Fällen bei eingeschalteter ISO-Automatik. In Verbindung mit der Zeitautomatik hatte ich zusätzlich noch die längstmögliche Belichtungszeit je nach Motiv festgelegt, um Bewegungsunschärfe zu vermeiden. Das war’s dann auch schon. Sehr viel ausführlicher habe ich das alles schon einmal in dem Blogbeitrag über meine bevorzugten Kameraeinstellungen beschrieben.